>>> Hier gibt es die ausführlichen Matchberichte des CL-Abends.
Alle wissen, was kommt. Es läuft die 51. Minute bei Napoli gegen Real Madrid und die Gäste erhalten einen Eckball. Toni Kroos wird ihn treten und er wird Sergio Ramos' Kopf suchen. Sekunden später trifft dies ein: Ramos erzielt das 1:1.
50 Minuten lang war Real Madrid davor gegen Napoli ungefährlich. Ein Pfostenschuss Cristiano Ronaldos, aber sonst nichts. Das Traum-Trio BBC geht sowieso praktisch 90 Minuten unter. Der 3:1-Vorsprung aus dem Hinspiel ist zwar noch nicht verspielt, aber in der Hölle des San Paolo, dieses Hexenkessels, ist Napoli dem zweiten Treffer deutlich näher als Real dem Ausgleich.
Aber eben: Sergio Ramos. Nur fünf Minuten nach dem 1:1 wird er das 2:1 erzielen. Wieder nach einem Eckball per Kopf. Einfach von der anderen Seite. Okay, der Ball wird abgelenkt, aber: Sergio Ramos ist da, wenn es zählt.
Ein Boxer sagte einmal: «Wenn das Licht angeht, musst du bereit sein. Egal ob du dich gut fühlst oder nicht.» Wäre Sergio Ramos Stan Wawrinka, er würde sich den Spruch auf den Unterarm tätowieren.
Wie dem auch sei. Die beiden Tore bedeuten den Genickbruch für Napoli. Real zieht in die CL-Viertelfinals ein. Und wieder war Sergio Ramos genau in dem Moment da, in welchem nur die ganz wenigsten Sportler ihre maximale Leistung abrufen können. Oder vielleicht sogar noch bisschen mehr. Es sind genau die Momente, die aus einem sehr guten Fussballer einen hervorragenden machen. Das kannst du nicht lernen. Entweder du hast es oder du hast es eben nicht. Sergio Ramos hat es.
Das 4:0 in der 89. Minute in einem Liga-Heimspiel gegen Levante, das traue ich selbst meinem linken Fuss noch zu. Aber die wirklich wichtigen Tore, wie das legendäre 1:1 in der Nachspielzeit für Real gegen Atlético im CL-Final 2014 oder den Ausgleich im Clásico im letzten Dezember – da wäre ich eher damit beschäftigt gewesen, zu verhindern, dass jemand merkt, dass ich die Hosen voll habe.
Min. 90+3 🆚 Atlético
— LaLiga (@LaLiga) 7. März 2017
Min. 90+3 🆚 Sevilla
Min. 90 🆚 Barcelona
Min. 90+2 🆚 Deportivo
Min. 52 🆚 Nápoles
¡La cabeza de Ramos! 💪😇4️⃣ #UCL pic.twitter.com/w39qVGzboT
Aber Ramos ist immer genau dann da. Kein Wunder jubeln die Medien heute Helden-Spitznamen wie «Retter Reals» (l'Equipe), «SR7» (Olé), «Schutzengel», «grosser Captain» (Mirror) oder «ewiger Feuerwehrmann» (As), schreiben von der «Ramos-Show» und bezeichnen den 30-Jährigen als «Engel aus der Hölle» (Marca).
Er schiesst zwar nicht Tore am Laufmeter wie Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi und in der Defensive unterliefen ihm in dieser Saison ab und zu Fehler. Aber dann, wenn es wirklich zählt, dann ist er da. Ein Captain, wie er im Buche steht. Einer, der alleine durch seine Präsenz mehr Schaden zufügen kann als GCs legendäre Chancentode Demba Touré und Anatole Ngamukol, wenn sie gemeinsam alleine auf den gegnerischen Torhüter losstürmen können.
Seine letzten sieben Treffer in der Champions League erzielte der Verteidiger allesamt in der K.o.-Runde. Mitspieler Alvaro Morata erklärte gestern nach dem Sieg: «Ich weiss nicht, wie er das macht. Aber, verdammt nochmal!, er hat es schon wieder getan.» Eigentlich müsste Sergio Ramos nach Fabio Cannavaro (2006) als zweiter Verteidiger den Ballon d'Or erhalten.
Ramos ist der Typ Spieler, den du entweder liebst oder abgrundtief hasst. Seit er 2005 von Sevilla zu Real Madrid kam, identifiziert er sich zu 100 Prozent mit dem Klub. Er sammelt durch seine impulsive Art Karten fast noch mehr als Tore, dürfte einer der unangenehmsten Gegenspieler sein und geht für sein Team durch dick und dünn.
Zu seinen Treffern sagt er nach der Partie das, was er in der Medienschulung gelernt hatte: «Es war mein 100. Spiel in der Königsklasse. Ich wollte meinem Team mit Toren in einer schwierigen Phase helfen. Wir litten heute alle gemeinsam.» Aber dann, als er auf die Partie Barcelona gegen den PSG angesprochen wird, vergisst er kurz, was der PR-Mann ihm lehrte: «Das Spiel interessiert mich nicht. Aber natürlich wäre ich glücklicher, wenn Barcelona ausscheiden würde.» Oder vielleicht sagte er dies auch absichtlich, um an seinem Image als «Engel aus der Hölle» zu arbeiten.