Wer zu viel ausgibt, wird bestraft: Was der Fussball von der NBA lernen muss
Spätestens seit die zweijährige Europacup-Sperre der UEFA für Manchester City im Sommer 2020 vom internationalen Sportgerichtshof CAS kassiert wurde, gilt das Financial Fair Play in den Augen vieler Fans als Papiertiger. Dabei könnten strenge Regularien bezüglich der Finanzen der Klubs dem Wettbewerb extrem guttun. Dies ist seit Jahren in der NBA zu beobachten.
Schon lange gilt dort wie in anderen US-Sport-Ligen eine Gehaltsobergrenze, jedoch kann diese anders als beispielsweise in der NHL oder NFL unter gewissen Umständen überschritten werden. Zum Beispiel, wenn ein bereits unter Vertrag stehender Spieler in seinem neuen Arbeitspapier eine Gehaltserhöhung erhält. Seit 2023 der neue Gesamtarbeitsvertrag (CBA) gilt, wird dieses Übertreten aber deutlich härter bestraft als noch zuvor.
So gibt es nicht nur weiterhin Strafzahlungen in Millionenhöhe für Teams, welche die Gehaltsobergrenze, die von den Einnahmen der gesamten Liga abhängt, überschreiten, sondern dies kann auch zu Restriktionen bei der Kaderzusammenstellung oder bei Trades führen. Irgendwann können gar Draftpicks weggenommen werden. Je länger ein Team zu hohe Gehälter bezahlt, desto drastischer werden die Strafen.
Dies führt dazu, dass Superteams wie jenes der Golden State Warriors, die zwischen 2016 und 2019 Steph Curry, Kevin Durant, Draymond Green und Klay Thompson unter Vertrag hatten, kaum noch möglich sind. Es sei denn, mehrere Stars verzichten massiv auf Kohle.
Auch Teams, die hervorragend draften wie die Oklahoma City Thunder, werden irgendwann vor die Wahl gestellt, wem sie einen neuen Vertrag anbieten und wen sie sich nicht leisten können. Die drei Stars des amtierenden Champions Shai Gilgeous-Alexander, Jalen Williams und Chet Holmgren kosten 2029/30 in ihren letzten Vertragsjahren gemeinsam über 173 Millionen Dollar und würden die erwartete Gehaltsobergrenze von gut 192 Millionen Dollar damit fast alleine schon überschreiten. Dennoch können Teams, die grosse Chancen auf den Titel sehen, mal höhere Gehälter bezahlen als erlaubt und ihre Stars so zumindest ein Weilchen halten, solange sie die sogenannte Luxussteuer in Kauf nehmen.
Die Gehaltsobergrenze zeigt in jedem Fall Wirkung: Die Spannung in der NBA ist riesig. In den letzten sieben Jahren gab es sieben unterschiedliche Meister. Auch in der heute Nacht beginnenden Saison sind die Favoriten neben Titelverteidiger Oklahoma City schwer zu benennen. Da wären die Denver Nuggets um den dreimaligen MVP Nikola Jokic und die Cleveland Cavaliers, die bisher in den Playoffs aber immer patzten. Gemäss Buchmachern etwas geringer werden die Chancen der New York Knicks angesehen. Dahinter sehen sich aber noch einige weitere Teams als Anwärter auf den Titel. So zum Beispiel die Houston Rockets, die sich mit Kevin Durant verstärkt haben, oder die Los Angeles Lakers um LeBron James und den sich körperlich angeblich in Topform befindenden Luka Doncic.
Um 4 Uhr kommt es in Los Angeles dann zum Duell der Altstars: Die Lakers um LeBron James und Luka Doncic treffen auf die Golden State Warriors von Stephen Curry und Jimmy Butler.
Natürlich sorgt auch der Draft, in welchem die schlechtesten Teams die grössten Chancen auf einen frühen Pick haben, für Ausgeglichenheit, doch schafften es von den letzten 20 Nummer-1-Picks nur Kyrie Irving (Cleveland) und Deandre Ayton (Phoenix) mit ihrem ersten Team auch in den Playoff-Final und nur Irving zum Titel. Andrew Bogut, Anthony Davis und Andrew Wiggins wurden zwar ebenfalls Champion, wechselten aber vorher den Verein. Die Wirkung der Gehaltsobergrenze ist also höher einzuschätzen.
Diese Einschränkung bedeutet auch: Wer gut arbeitet, wird belohnt. Natürlich haben attraktive Märkte wie Los Angeles, Miami oder New York einen Vorteil, aber wenn sie unkontrolliert mit Geld um sich werfen, kann es auch dort eine miserable Franchise geben, wie die Knicks oder auch die Brooklyn Nets feststellen mussten. Und genauso gut können Oklahoma City, Milwaukee, Toronto oder San Antonio Champion werden.
Diese Spannung und Unvorhersehbarkeit machen die NBA aus: Dass ein Team, das noch 2021/22 auf dem viertletzten Platz der Liga stand, dank hervorragender Arbeit von den Verantwortlichen um General Manager Sam Presti drei Jahre später die Larry O'Brien Trophy in die Höhe recken kann, wie es den Oklahoma City Thunder gelungen ist.
Es würde wohl auch dem Fussball guttun, wenn nicht schon vor der Saison so gut wie klar ist, welcher Klub die Meisterschaft gewinnt, und es nicht immer dieselben vier, fünf Vereine wären, welche die Champions League unter sich ausmachen. Eine Gehaltsobergrenze oder auch ein Financial Fair Play, das restriktiv durchgesetzt wird, würde das Verfestigen der Strukturen verhindern und dafür sorgen, dass die Schere zwischen den grossen und den kleineren Klubs nicht immer weiter auseinandergeht.