Sport
Motorsport

Dominique Aegerter – ein Töff-Star steht da wie ein Ölgötz

ARCHIVBILD ZUR ABERKENNUNG DES SIEGES VON DOMINIQUE AEGERTER IN MISANO, AM SONNTAG, 15. OKTOBER 2017 - epa06196235 Swiss rider Dominique Aegerter of Kiefer Racing celebrates on the podium after winnin ...
Schöne Erinnerungen, aber bloss noch Muster ohne Wert: Aegerters Sieg in Misano wurde ihm aberkannt.Bild: EPA ANSA

Dominique Aegerter – ein Töff-Star steht da wie ein Ölgötz

Töffstar Dominique Aegerter ist in der«technischen Dopingkontrolle» hängen geblieben. Sein schöner Sieg in San Marino ist futsch. Alles halb so schlimm.
15.10.2017, 19:3216.10.2017, 06:33
Mehr «Sport»

Natürlich ist es ärgerlich, dass Dominique Aegerter seinen wunderbaren Sieg von Misano nun nachträglich wegen einer Lappalie verliert. Ach, der erste, der historische, der grandiose Schweizer Doppelsieg ist dahin!

Aegerter – er gewann das Rennen vor Tom Lüthi – wurde wegen der Verwendung von nicht korrektem Öl disqualifiziert. Und das in der Einheitsklasse Moto2, in der alle die gleichen Motoren, die gleichen Reifen, das gleiche Benzin und das gleiche Öl geliefert bekommen.

Nach dem Rennen werden Maschinen der Podest-Platzfahrer erst einmal im «Parc fermé» zur «technischen Dopingkontrolle» abgestellt. Mit einem Routinetest wird überprüft, ob die Töffs dem Reglement entsprechen. Unter anderem geht es um Gewicht und um die chemische Zusammensetzung des Benzins und des Öls.

Das Team weist jegliche Schuld von sich

Da steht Dominique Aegerter wahrlich da wie ein Ölgötz. Wie ist das möglich? Hier die offizielle Stellungnahme seines Teams: «Bei der Analyse der Ölprobe wurden Unregelmässigkeiten festgestellt, die sich bei einer B-Probe bestätigten. Laut technischem Reglement bedeutet das die Disqualifikation im Rennen von Misano, mit der Folge, dass der Sieg von Dominique Aegerter und Kiefer Racing bei diesem Grand Prix nachträglich annulliert wird.»

Das Team müsse diese Entscheidung notgedrungen hinnehmen, da bei beiden analysierten Proben die gleiche Unregelmässigkeit aufgetreten sei. «Allerdings ist es für uns nicht nachvollziehbar, wie es zu dieser Unregelmässigkeit im Öl gekommen sein soll, da wir nachweislich das vorgeschriebene Öl verwendet haben. Wir versichern ausdrücklich, keinerlei Additive beigemischt zu haben. Die Entscheidung der FIM ist niederschmetternd für uns alle. Wir müssen sie akzeptieren, weisen aber jegliche Schuld von uns.»

ARCHIVBILD ZUR ABERKENNUNG DES SIEGES VON DOMINIQUE AEGERTER IN MISANO, AM SONNTAG, 15. OKTOBER 2017 - epa06196241 Swiss rider Dominique Aegerter of Kiefer Racing celebrates with teammates after winni ...
Gemeinsam jubeln sie, gemeinsam haben sie den Sieg nun wieder verloren.Bild: EPA ANSA

Das dürfte die Wahrheit sein. Wissentlich hat da niemand anderes Öl verwendet oder Zusätze ins Öl geschüttet. Es würde ja auch keinen Sinn machen. Ein spürbarer Leistungsgewinn des Motors ist mit illegalem Öl nicht zu erreichen. Und beim Regenrennen in Misano spielte die Motorenleistung sowieso keine zentrale Rolle. Da ging es nur um den Heldenmut des Fahrers.

Wenn dieses Team beim nordkoreanischen Raketenprogramm arbeiten würde, müsste die Welt keine Angst mehr haben.

Was könnte es dann sein? Mit ziemlicher Sicherheit schludrige Arbeitsweise. Es kann nämlich sein, dass Öl nicht sachgemäss in einem properen Gefäss verwahrt worden ist – da genügen kleinste Unsauberkeiten. Diese Saison hat es bereits den Italiener Mattia Pasini erwischt – er musste seinen zweiten Platz beim GP von Katalonien abgeben und Tom Lüthi rutschte nach.

Dominique Aegerter fährt halt nun einmal in einem deutschen «Bastler-Team». Hier fühlt er sich wohl, hier wird er optimal betreut, hier kann er seine fahrerische Klasse ausspielen. Aber das Geld ist chronisch knapp und das limitiert das Personal-, Test- und Entwicklungsbudget.

Mal kühlt der Motor nicht richtig und der Fahrer wird fast geröstet (wie in Barcelona), mal gibt’s einen Kurzschluss in den nicht sorgfältig verlegten Kabel (wie auf dem Sachsenring) und mal wird beim Öl gepfuscht (wie in Misano). Wenn dieses Team beim nordkoreanischen Raketenprogramm arbeiten würde, müsste die Welt keine Angst mehr haben.

Hauptsache, es wird über einen geredet

Die «Ölpanne» ist nun ein Stresstest für das Team. Es müsste möglich sein, den Lapsus zu verarbeiten, ohne dass der innere Friede zerstört wird. Es wäre fatal, wenn nun der Zusammenhalt leiden würde. Es genügt, die Arbeitsabläufe noch einmal durchzugehen um herauszufinden, wie das passieren konnte. Sündenböcke braucht es keine. Es ist keine der technischen Unachtsamkeiten, die im richtigen Leben dazu führen, dass Flugzeuge abstürzen und Züge entgleisen.

Aber so schlimm ist diese «Ölpanne» ja gar nicht. Niemand ist zu Schaden gekommen. Den Doppelsieg von Misano haben wir so oder so ausgiebig gefeiert. Wir haben uns gefreut und Dominique Aegerter und seine Werbepartner hatten wunderbare Medienpräsenz.

epa05275876 Swiss Moto2 rider Thomas Luethi (L), of Derendinger Interwetten, followed by countryman, Dominique Aegerter, of Technomag Interwetten, in action during the Spanish Motorcycling Grand Prix  ...
WM-Anwärter Lüthi vor Landsmann Aegerter.Bild: EPA/EFE

Ob Aegerter diesen Sieg noch in der Statistik hat oder nicht, ist egal. Weltmeister wird er so oder so nicht. Zudem erbt nun Lüthi den Sieg und fünf Punkte, sein Rückstand im Titelkampf auf Franco Morbidelli verringert sich deshalb von 24 auf 19 Punkte.

Und da ist noch etwas: Obwohl Dominique Aegerter keinerlei Chancen mehr auf den WM-Titel hat, wird er in den nächsten Tagen mit seinem «Ölskandal» wieder mehr Medienpräsenz haben als Tom Lüthi, der doch nach wie vor zumindest theoretisch Weltmeister werden könnte. Was das Öl im Motor, ist die Medienpräsenz in diesem Geschäft: Es hält es wie geschmiert am Laufen und die Sponsoren sind happy – in diesem Falle natürlich mit Ausnahme von Dominique Aegerters Öl-Sponsor.

Erinnerungen an den weissen Kenianer von der schwäbischen Alb

Mit bloss ein wenig Geschick kann der «Rohrbach-Rossi» die «Ölpanne» durch ein paar dunkle Andeutungen als eine Verschwörung des Lüthi-Clans darstellen. Könnte es nicht sein, dass Anhänger von Tom Lüthi nachts in die Box geschlichen sind und ein wenig illegales Öl zugemischt haben?

Wie war das doch mit der famosen Ausrede des deutschen Leichtathletik-Olympiasiegers Dieter Baumann? Als er des Dopings überführt wurde, behauptete er, jemand habe die illegale Substanz heimlich in seine Zahnpasta gemischt.

Da können wir ja sagen: Gottseidank hatte Dominique Aegerter in der Zahnpasta nicht auch noch illegales Öl.

Legendär: Dieter Baumann kämpft sich durch und wird in Barcelona sensationeller Olympiasieger über 5000 m.Video: YouTube/Hackstock86

Wenn wir gerade dabei sind: Wer braucht schon einen Zahnarzt?

Diese Sportler machen es vor: Abwechslung ist das halbe Leben

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
4 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
the_dooris
15.10.2017 22:15registriert August 2017
Alles halb so schlimm? Echt jetzt Herr Zaugg? Diesen Artikel hätten sie sich sparen können.
00
Melden
Zum Kommentar
4
«Einfach verrückt»: Schwimm-Star Ponti holt über 100 m Delfin mit Weltrekord 3. WM-Gold
Wieder Gold, wieder ein Weltrekord: Noè Ponti beendet die Kurzbahn-WM in Budapest mit einem Paukenschlag. Der Tessiner gewinnt die 100 m Delfin in 47,71 Sekunden.

Damit unterbot Ponti, der mehr als eine Sekunde schneller war als im Halbfinal, den bisherigen Rekord aus dem Jahr 2020 des Amerikaners Caeleb Dressel um sieben Hundertstel. Es war eine weitere Machtdemonstration des 23-Jährigen, welcher der Konkurrenz keine Chance liess. Der Zweite Maxime Grousset aus Frankreich hatte 86 Hundertstel Rückstand, der Dritte Matthew Temple aus Australien lag bereits eine Sekunde zurück.

Zur Story