«Bin froh, dass alles gut ging» – Hintermann schlägt den Krebs und ist zurück im Weltcup
Die Bühne hätte kaum grösser sein können. Mit Startnummer 1 durfte Niels Hintermann die Abfahrtssaison eröffnen.
«Ich war schon sehr nervös», sagte Hintermann im SRF, die Startnummer 1 sei nicht seine Lieblingsnummer und im oberen Teil sei sie wohl ein Nachteil gewesen. «Es bremste etwas. Der Rest meiner Fahrt war anständig.» Der Blick auf die Abschnittszeiten bestätigt, dass Hintermann in der zweiten Hälfte der Strecke jeweils nur wenige Hundertstel auf die Schnellsten verlor.
Der 30-jährige Zürcher war wohl darüber glücklich, dass er über skifahrerische Details Auskunft geben durfte. Denn schliesslich bedeutet dies: Er ist zurück.
Zahlreiche Cracks geschlagen
Vor 14 Monaten hatte Hintermann die Diagnose Lymphdrüsenkrebs erhalten. Symptome hatte er zwar keine verspürt, doch ein Physiotherapeut riet ihm zu einer Untersuchung, weil er einen vergrösserten Lymphknoten verspürte.
Das Skifahren und der WM-Winter rückten in den Hintergrund, Niels Hintermann bestritt fortan einen viel wichtigeren Wettkampf. Er unterzog sich einer Chemotherapie und Bestrahlung – und die als gut bezeichneten Heilungschancen erwiesen sich glücklicherweise wirklich als solche. Im Februar 2025 durfte der Zürcher verkünden, krebsfrei zu sein. Voller Tatendrang nahm er die Vorbereitung auf den Olympia-Winter in Angriff.
Bei der Rückkehr in Beaver Creek verlor Hintermann auf den Sieger Marco Odermatt 1,79 Sekunden. Er liess damit etwa Vorjahressieger Justin Murisier, den Österreicher Daniel Hemetsberger oder den Kanadier James Crawford hinter sich.
«Bei gewissen Passagen habe ich lässige Schwünge dringehabt», meinte «Cinghi» im SRF-Interview. Das Vertrauen und die Überzeugung seien noch nicht hundertprozentig da, «aber fürs erste Mal nach ‹sechshundert-ungerade› Tagen war es sicher keine schlechte Leistung.»
Sie reichte letztlich sogar für Weltcup-Punkte, Hintermann belegte auf der Birds of Prey Rang 20. «Resultat hin oder her: Ich bin froh, dass alles gut gegangen ist.»
Reicht es für Olympia?
Sollten die Schweizer Abfahrer an ihre Form des letzten Winters anknüpfen, wird die Nominierung für die Olympia-Equipe schwierig. Nur vier Athleten pro Nation dürfen in Bormio um die Medaillen fahren. Zum Saisonstart war Hintermann fünftbester Schweizer.
Der Sieger von drei Weltcup-Rennen ist zwar weiterhin ehrgeizig. Er sagte vor seinem Comeback aber auch: «Gewisse Dinge erscheinen weniger dramatisch. Anderes, wie Sonnenaufgänge, geniesse ich dafür plötzlich wieder mehr.»
Dem sympathischen Niels Hintermann drücken wohl alle Skifans die Daumen, dass für ihn weiterhin die Sonne scheint – auf und neben der Piste.
