Wirtschaft
Analyse

Flintenweib Dana Loesch: Das Gesicht der Waffenlobby

Analyse

Das Flintenweib der NRA: Dana Loesch ist das Gesicht der US-Waffenlobby

Die National Rifle Association (NRA) ist eine der mächtigsten Organisationen der Vereinigten Staaten. Ihr Aushängeschild ist eine Frau, die eiskalt und knallhart die Interessen der Waffenlobby vertritt.
23.02.2018, 13:5324.02.2018, 08:32
Mehr «Wirtschaft»
Dana Loesch, spokesperson for the National Rifle Association, speaks at the Conservative Political Action Conference (CPAC), at National Harbor, Md., Thursday, Feb. 22, 2018. (AP Photo/Jacquelyn Marti ...
Dana LoeschBild: AP/AP

Sogenannte «town hall meetings» sind in der Regel sturzlangweilige Veranstaltungen der amerikanischen Politik. Am vergangenen Mittwoch war dies anders: CNN organisierte ein im TV übertragenes «town hall meeting» zum Massaker an einer Schule in Florida. Teilnehmer waren nicht nur überlebende Schüler, sondern auch prominente Politiker wie Senator Marco Rubio.

Dana Loesch (rechts) und die Schülerin Emma Gonzales (links) im Streitgespräch. Video: YouTube/CNN

Als eigentliche Überraschung der Veranstaltung entpuppte sich jedoch Dana Loesch. Sie ist die Sprecherin der NRA – und seit dem vergangenen Mittwoch ein neuer amerikanischer Politstar. Ihr Auftritt in Florida hat ein Echo im ganzen Land ausgelöst.

Der Grossvater lehrte sie schiessen

Dana Loesch ist in einer Kleinstadt in Missouri aufgewachsen, einem der konservativsten Bundesstaaten der USA. Ihr Grossvater brachte ihr den Umgang mit Gewehren bei als sie noch ein Kind war. Nach Abschluss der Highschool studierte sie Journalismus, beendete ihr Studium jedoch nicht.

Als Teenager sympathisierte Dana Loesch mit den Demokraten. Der Skandal um Monica Lewinsky liess sie umdenken. Nach der Wahl von Barack Obama schloss sie sich der Tea Party an. In dieser Zeit erhielt sie am Lokalradio ihren eigenen Auftritt, «The Dana Show», die heute noch ausgestrahlt wird.

Kurzporträt von Dana Loesch.Video: YouTube/Washington Post

Dana Loesch verkörpert den feuchten Traum eines jeden konservativen Waffennarren. Die 39-jährige Mutter ist attraktiv und nimmt kein Blatt vor den Mund. Sie hat ein Buch geschrieben mit dem Titel «Hands off my Gun», ein Loblied auf das zweite Amendment, das jedem US-Bürger das Recht einräumt, eine Waffe zu tragen.

Gegner vergleicht Loesch mit Hitler und Stalin

Dana Loesch auf dem Cover ihres Buches.
Dana Loesch auf dem Cover ihres Buches.

«Ich nehme das Recht, eine Waffe zu tragen, sehr persönlich», schreibt Loesch in ihrem Buch. «Jedesmal, wenn mir jemand dieses Recht streitig machen will, betrachte ich dies als einen Angriff auf meine Person und meine Familie.» Wer das zweite Amendment in Frage stellt, der wird von Loesch mit Hitler oder Stalin verglichen. Linksliberale Waffengegner bezeichnet sie als «Gewehr-Pack», die Massenmorde als Mittel benutzen, um «aufrichtigen Bürgern ihre Waffen zu entreissen.»

Loesch hat ihr Handwerk bei den profiliertesten Demagogen der rechten Szene gelernt. Der inzwischen verstorbene rechtsradikale Andrew Breitbart heuerte sie einst als Kommentatorin an. Später arbeite sie für «Blaze», der Medienorganisation von Glenn Beck, dem ehemaligen Rechtsaussen bei Fox News.

Selbst die NRA war skeptisch

Selbst bei der NRA war man deshalb zunächst skeptisch, ob man Dana Loesch an die CNN-Show schicken sollte. Man hatte Angst, sie könnte über das Ziel hinausschiessen. Zu Unrecht. Loesch bewältige ihre Aufgabe eiskalt und gab sich keine Blösse (siehe Clip). Sie sei «kühl wie eine Gurke gewesen« wurde sie nach ihrem Auftritt auf Twitter gelobt; und sie habe «Wissen und Vernunft in eine unmögliche Situation gebracht».

epa06554317 National Rifle Association (NRA) executive vice president and CEO Wayne LaPierre speaks at the 45th annual Conservative Political Action Conference (CPAC) at the Gaylord National Resort &a ...
Der mächtige Chef der NRA: Wayne LaPierre.Bild: EPA/EPA

Auch Wayne LaPierre, der Chef der NRA, hat sich inzwischen zum Massaker geäussert. Nach wie vor beharrt die Waffenlobby auf ihrem bekannten Standpunkt: «Die einzige Art, einen bösen Kerl mit einem Gewehr zu stoppen, ist ein guter Kerl mit einem Gewehr.» Die NRA verlangt daher mehr Sicherheitsvorrichtungen in den Schulen und eine bessere Kontrolle der psychischen Gesundheit beim Waffenkauf.

Lehrer wollen keine Waffen

Einen Schritt weiter geht der Präsident. Trump will die Lehrer bewaffnen, gegen deren Willen. «Lehrer wollen nicht bewaffnet sein, sie wollen unterrichten», sagt Randi Weingarten, Präsident der American Federation of Teachers. «Wir haben nicht die Expertise eines Scharfschützen, und kein Training könnte einen Lehrer dazu befähigen, gegen einen mit einer AR-15 ausgerüsteten Amokläufer vorzugehen.»

Der gelungene Auftritt von Dana Loesch kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die mächtige NRA erstmals im Gegenwind befindet. So sah der von der NRA unterstützte republikanische Senator Marco Rubio an der CNN-Veranstaltung sehr alt aus. Seine Sprüche zu Verteidigung der NRA klangen abgedroschen und hohl.

CNN's Jake Tapper listens to Republican Sen. Marco Rubio during a CNN town hall meeting, Wednesday, Feb. 21, 2018, in Sunrise, Fla. Rubio is being challenged by angry students, teachers and paren ...
Marco Rubio (rechts) am Townhall Meeting: Er wurde gnadenlos ausgebuht.Bild: AP/South Florida Sun-Sentinel

Rubio wurde denn auch gnadenlos ausgebuht. Es habe sich angefühlt «wie ein Ausdruck der kollektiven Wut über die Falschheit von Vielem, das derzeit in Washington geschieht», kommentiert der «New Yorker».

Auch die Waffengegner haben sich organisiert

Nicht nur der Protest der Schüler zeigt Wirkung. Auch die Waffengegner sind nun organisiert und koordinieren ihren Widerstand. Nach dem Massaker von Sandy Hook vor fünf Jahren hatten die Eltern der Opfer der NRA ausser Betroffenheit nichts entgegenzusetzen. «Das ist nun anders», schreibt die «New York Times». «Die Waffengegner haben eine gut finanzierte Infrastruktur aufgebaut.»

Nur Tage nach der Schiesserei in Parkland wurden die Politiker in Florida mit 2500 Telefonanrufen und 1700 Mails eingedeckt. Auch in der nationalen Politik kommt das Massaker äusserst ungelegen. In Washington sind die Vorbereitungen auf die Zwischenwahlen im Herbst im vollem Gang.

An der nationalen Demo werden 500'000 Teilnehmer erwartet

Die Republikaner wollten eigentlich mit ihrer Steuerreform punkten. Stattdessen müssen sich sich mit einer möglichen Verschärfung der Waffengesetze herumplagen, etwas, das sie bisher strikte abgelehnt haben. Diesmal werden sie kaum darum herumkommen.

Die Stimmung im Land hat gedreht. Am 24. März werden rund 500’000 Demonstranten an einer nationalen Protestveranstaltung in Washington erwartet. Auf Flintenweib Dana Loesch wartet also noch viel Arbeit.

Teenager konfrontiert Senator Rubio bezüglich NRA-Geld

Video: srf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
42 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
tipsi
23.02.2018 16:09registriert Dezember 2015
Zu denken gibt mir auch, wie die Diskussion abwürgt wird, indem man sagt, psychisch kranke Leute sollen keine Waffen bekommen. Ja, das ist ein erster Schritt. Aber schaut doch mal wie die Amis mit psychisch kranken Menschen umgehen. Man wird nicht als "monster" oder "nuts" geboren und bleibt ein Leben lang "crazy". In den USA ist es für jemanden mit psychischen Problemen schwerer an eine Behandlung zu gelangen als an eine halbautomatische Waffe.
2006
Melden
Zum Kommentar
avatar
Electric Elefant
23.02.2018 16:02registriert September 2017
Gruusig die Frau - wie das gesamte unbelehrbare und menschenverachtende Pack der NRA!
11128
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gummibär
23.02.2018 19:20registriert Dezember 2016
Der 2. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika (1791) verbietet der Bundesregierung, das Recht auf Besitz und Tragen von Waffen einzuschränken damit Bundesstaaten eine schlagkräftige Miliz unterhalten konnten. Die modernste Feuerwaffe zu der Zeit war die Steinschlossflinte mit der ein geübter Schütze bestenfalls pro Minute 3-4 Schüsse abzugeben. Die Gesetzgeber konnten nicht erahnen, dass ihre schiesswütigen Nachfahren alleine in der 2.Hälfte des 20 Jh. etwa 1,4 Millionen Mitbürger umbringen würden. Die heutigen Politiker scheinen damit gut leben zu können.
846
Melden
Zum Kommentar
42
Twint integriert Cumulus und Co. ins Bezahlen an der Ladenkasse – so funktioniert es
Twint versucht, Kundenkarten wie Migros Cumulus direkt in den Zahlungsvorgang an der Ladenkasse zu integrieren. Davon sollen Konsumenten und Händler profitieren.

2023 wurde an den Schweizer Ladenkassen fast doppelt so häufig mit Twint bezahlt als noch im Vorjahr. Mit ein Grund dafür dürfte sein, dass Nutzerinnen und Nutzer seit einiger Zeit unter anderem die Coop Supercard in der Bezahl-App hinterlegen können und beim Bezahlen mit Twint Treuepunkte sammeln, ohne zusätzlich das Kärtchen zücken zu müssen. Bislang konnten aber nur wenige Kundenkarten in der App hinterlegt werden. Das soll sich nun ändern.

Zur Story