Die Raiffeisen Gruppe hat mit Heinz Huber einen neuen Chef gefunden. Der derzeitige Chef der Thurgauer Kantonalbank (TKB) übernimmt den Vorsitz der Genossenschaftsbank per 7. Januar 2019. Der 54-Jährige tritt damit die Nachfolge von Patrik Gisel an, der bei Raiffeisen am 9. November vorzeitig zurückgetreten war.
Huber ist seit 2007 in der Geschäftsleitung der TKB, seit 2014 ist er Vorsitzender der Geschäftsleitung des Ostschweizer Staatsinstituts. Sein «unternehmerisches Denken und seine Umsetzungsstärke» hätten den Verwaltungsrat überzeugt, teilte Raiffeisen am Dienstag mit.
Mit der Ernennung eines neuen Chefs setzt die Raiffeisen-Gruppe die Erneuerung der Führungsspitze und damit auch die Loslösung von der Ära des umstrittenen CEO Pierin Vincenz fort.
Die Raiffeisen-Delegiertenversammlung hatte am 10. November mit Guy Lachappelle, dem vormaligen Chef der Basler Kantonalbank, einen neuen Verwaltungsratspräsidenten gewählt und weitere Verwaltungsräte aus der «Vincenz-Ära» ersetzt.
CEO Patrik Gisel war unmittelbar vor der Delegiertenversammlung wegen des Vorwurfs eines Interessenkonflikts kurzfristig zurückgetreten. Der Grund war eine Liebesbeziehung des Raiffeisen-Chefs zu einer ehemaligen Raiffeisen-Verwaltungsrätin. Er selbst hatte allerdings betont, dass die Beziehung erst nach deren Ausscheiden aus dem Gremium im Sommer entstanden sei und es somit keinen Interessenkonflikt gegeben habe. Auch die Raiffeisen-Verantwortlichen hatten dies vor den Medien bestätigt.
Gisel hatte bereits im Sommer seinen Rücktritt per Ende 2018 angekündigt gehabt. In der Auseinandersetzung um das Geschäftsgebaren des früheren Raiffeisen-Chefs Pierin Vincenz war er als dessen damaliger Stellvertreter wiederholt kritisiert worden.
Der neue Verwaltungsratspräsident Lachappelle hatte im Anschluss an seine Wahl eine rasche Neubesetzung des CEO-Postens angekündigt.
Gegen den 2015 als Raiffeisen-CEO zurückgetretenen Pierin Vincenz läuft eine Strafuntersuchung der Zürcher Staatsanwaltschaft wegen möglicher ungetreuer Geschäftsbesorgung.
In seiner Zeit als CEO, als Raiffeisen durch eine starke Expansion und zahlreiche Übernahmen aufgefallen war, soll er laut den Vorwürfen bei Akquisitionen auch persönlich abkassiert haben.
Vincenz war wegen der Vorwürfe wochenlang in Untersuchungshaft gesetzt worden. Eine interne Untersuchung von Raiffeisen war zum Befund gekommen, dass in der Zeit von Vincenz teilweise «strategisch fragwürdige» Investitionen getätigt und Firmenkäufe zu teuer bezahlt wurden. Zudem habe unter Vincenz eine «Kultur des vorauseilenden Gehorsams» geherrscht, hiess es in der Untersuchung, deren Resultate teilweise an der Delegiertenversammlung veröffentlicht worden waren. (sda/awp/jaw)