Die Faschismus-Keule im Zusammenhang mit Donald Trump zu schwingen, gilt als verpönt. Doch wenn Madeleine Albright vor der Gefahr eines neuen Faschismus warnt, dann kann man das nicht so leicht unter den Teppich kehren. Sie musste einst selbst aus der Tschechoslowakei vor Hitler fliehen und war eine hoch angesehene Aussenministerin in der Clinton-Regierung.
Albright hat soeben ein Buch mit dem Titel «Fascism» veröffentlicht. In einer Kolumne in der «New York Times» hat sie klar gemacht, dass es ihr dabei nicht um eine akademische Abhandlung dieses Problems geht. «Faschismus – und die Tendenzen, die zum Faschismus führen – stellen heute eine grössere Gefahr dar als zu irgendeinem Zeitpunkt seit dem Zweiten Weltkrieg», warnt Albright.
Mit seiner Verachtung für den Rechtsstaat, seinen Lügen und seiner unverhohlenen Bewunderung für Diktatoren wie Wladimir Putin ist Trump ein wichtiger Treiber des Neo-Faschismus geworden. Unmissverständlich lautet der Titel der Albright-Kolumne denn auch: «Werden wir Trump stoppen, bevor es zu spät ist?»
Der gefeuerte FBI-Chef James Comey hat ebenfalls ein Buch geschrieben. Es trägt den Titel «A Higher Loyalty» und ist eine Abrechnung mit Trump. Comey, immer noch Mitglied der Republikanischen Partei, nimmt kein Blatt vor den Mund. Er vergleicht den Präsidenten mit einem Mafia-Boss und erklärte in einem Interview mit dem TV-Sender ABC: «Der Präsident ist untauglich für das Amt.»
Nur wer blind ist, erkennt nicht, dass die USA auf eine Staatskrise zu rasen; und es ist offensichtlich geworden, dass es zu einer Klärung kommen muss. Aber wie?
Theoretisch gibt es zwei Möglichkeiten: Trump setzt mit einem Staatsstreich die Verfassung ausser Kraft, feuert seine Peiniger, schränkt die Pressefreiheit drastisch ein und ruft den Ausnahmezustand aus. Historisch gesehen ist dies wenig wahrscheinlich. Ohne Hilfe der Militärs wäre dies nicht zu schaffen – und die amerikanischen Generäle haben sich noch nie an einem Staatsstreich beteiligt.
Im Magazin «The New Yorker» zeigt der renommierte Journalist Adam Davidson ein Alternativ-Szenario auf. Dabei vertritt er plausibel und nachvollziehbar die These, dass Trump das Endspiel bereits verloren hat. Davidson vergleicht die aktuelle Situation mit dem Irak-Feldzug und mit der Finanzkrise. In beiden Fällen wurde das sich abzeichnende Debakel von den massgeblichen Institutionen verdrängt, obwohl die Gefahr zum Greifen nahe war.
«Ich habe diese Woche über diese beiden Erfahrungen nachgedacht», schreibt Davidson. «Dabei habe ich die mir vertraute Klarheit verspürt, was sich in der Trump-Präsidentschaft als Nächstes ereignen wird.»
Die Durchsuchung der Büros und der Hotelzimmer von Trumps Hausanwalt Michael Cohen spielt dabei eine entscheidende Rolle. Er war eine Art Consigliere für Trump und weiss über all seine dunklen Geschäfte Bescheid. Der Präsident ist deshalb ausgeflippt wie noch nie – und das will bei Trump etwas heissen. Er verlangt nun, dass er die beschlagnahmten Dokumente sichten darf.
Es ist wenig wahrscheinlich, dass ihm dieser Wunsch gewährt wird. Deshalb, so Davidson, «wissen wir mit wachsender Sicherheit, dass wir in die letzte Phase der Trump-Präsidentschaft eingetreten sind. Das fühlt sich nicht wie eine Prophezeiung an; es fühlt sich an wie ein einfaches Statement über eine offensichtliche Wahrheit.»
Oft wird folgende These verbreitet: Wer Trump hasst, hält ihn für einen Verbrecher, wer ihn liebt, kümmert sich nicht darum. Deshalb prallen seine Sex-Skandale, seine Lügen und sein zweifelhaftes Geschäftsgebaren an ihm ab. «Ich halte diese Einschätzung für falsch», sagt Davidson. Er ist überzeugt, dass Trump auch von seinen Fans verlassen wird, wenn dereinst die ganze Wahrheit über ihn bekannt wird.
Vieles wissen wir schon: seine Nähe zur Mafia und seine Geschäfte mit mafiösen Gestalten in Aserbaidschan und Georgien. Ebenso ist es ein offenes Geheimnis, dass die Trump-Organisation wahrscheinlich in Geldwäscherei und Bank-Betrug verwickelt ist. Immerhin hat das das Trump’sche Kasino Taj Mahal die grösste Busse für Geldwäscherei erhalten, die je ausgesprochen wurde.
Trump wird Wutanfälle inszenieren und Twitter-Attacken abfeuern. Es wird ihm nichts nützen. Mit der Durchsuchung der Büros seines Anwaltes haben die Untersuchungsbehörden wahrscheinlich bereits alles, was sie brauchen. Deshalb ist Davidson überzeugt: «Wir sind jetzt im Endspiel der Trump-Präsidentschaft angekommen.» Vielleicht kann Trump tatsächlich noch gestoppt werden.