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In diesen Tagen werden im Vereinigten Königreich die Mindestlöhne erhöht – und zwar drastisch. 7,20 Pfund Sterling beträgt die neue Untergrenze, das entspricht ziemlich genau zehn Franken. Der Lohn für die am schlechtesten bezahlten Angestellten wird damit vier Mal mehr erhöht als die übrigen Löhne. Bis ins Jahr 2020 wird der Mindestlohn gar auf neun Pfund angehoben werden.
Die Briten sind in bester Gesellschaft. In Kalifornien haben der Gouverneur Jerry Brown und die Gewerkschaften soeben einen Deal ausgehandelt, der vorsieht, den Mindestlohn bis 2022 stufenweise auf 15 Dollar (16,35 Franken) anzuheben. Nur so nebenbei: Die kalifornische Volkswirtschaft ist die achtgrösste der Welt.
Auch der Staat New York will die Untergrenze von 15 Dollar einführen. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders will sie zum nationalen Standard erheben (derzeit beträgt die Untergrenze 7,25 Dollar). Hillary Clinton plädiert für 12 Dollar, unterstützt aber die 15-Dollar-Grenze in Kalifornien.
Einzelne Städte wie Seattle oder San Francisco haben bereits die 15-Dollar-Grenze eingeführt – und machen damit gute Erfahrungen. «Eine erste Analyse zeigt, dass die schlecht bezahlten Arbeiter nun mehr Geld in der lokalen Wirtschaft ausgeben, so die lokale Nachfrage erhöhen und einen tugendhaften Kreislauf für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Gang setzen», schreibt die «Financial Times».
Gute Erfahrungen mit dem Mindestlohn macht derzeit auch Deutschland. Allen Unkenrufen zum trotz – bei der Verkündung des neuen Lohns von acht Euro heulten Arbeitgeber und konservative Ökonomen auf – befindet sich die deutsche Wirtschaft in Höchstform und die Arbeitslosigkeit auf einem Tiefststand.
Höhere Mindestlöhne sind rund um den Globus ein brandaktuelles Thema geworden. Ob in konservativ regierten Ländern (GB) oder linksliberalen (Kalifornien), ob Japan oder Malaysia, überall werden die Untergrenzen angehoben. Wirtschaftsprofessor Richard Dickens von der Sussex University erklärt deshalb: «Der Mindestlohn war noch nie so populär wie heute. Die nächste Frage lautet daher: Wie weit kann man die Untergrenze noch anheben?»
Höhere Mindestlöhne sind nicht nur ökonomisch sinnvoll, sie sind auch politisch gerechtfertigt. Die Globalisierung hat den am schlechtesten bezahlten Arbeitern am meisten zugesetzt. Seit Jahrzehnten stagnieren deren Löhne im besten Fall, meist sinken sie sogar.
Und die Anzahl der Menschen, die von dieser Entwicklung betroffen sind, nimmt weiterhin zu. Im Vereinigten Königreich bewegen sich neun Prozent im Bereich des Mindestlohns, in Deutschland leben gar 15 Prozent aller Erwerbstätigen in so genannt prekären Verhältnissen, will heissen: Sie verdienen lausig, sind mangelhaft versichert und können kurzfristig gefeuert werden.
Allmählich beginnt auch die Politik zu realisieren, dass mit dem Prekariat eine «neue gefährliche Klasse» entstanden ist, wie das der britische Ökonom Guy Standing in seinem gleichnamigen Buch beschreibt. (Mehr dazu in Kürze.) Die in der Regel unschuldig in diese misslichen Verhältnisse geworfenen Menschen beginnen sich zu wehren.
Die sozialen und wirtschaftlichen Probleme lassen sich mit immer tieferen Steuern und Löhnen nicht mehr in den Griff kriegen. Donald Trump ist der beste Beweis dafür: Er ist zum Helden des neuen Prekariats geworden und lässt sich nicht mehr in die neoliberalen Standard-Rezepte einbinden. Deswegen ist er den republikanischen Strategen aus dem Ruder gelaufen. «The Donald» ist so zu einem Polit-Monster geworden, das sich die Neoliberalen selbst gebastelt haben.