Es gibt ein paar alte Linke, die Putin durch dick und dünn verteidigen. Dabei kann mittlerweile ein Blinder mit dem Stock erkennen, dass Russland sich zu einem reaktionären, autoritären und intoleranten Mafia-Staat entwickelt hat.
Die Gegner des Energiegesetzes sind auf ähnliche Art unverbesserlich: Sie wollen den Energiemix in der Schweiz – Wasserkraft und Atom für Strom, fossile Brennstoffe für Heizung und Autos – erhalten, obwohl sich die Energieversorgung in einem fundamentalen Umbruch befindet.
Im Unterschied zur ehemaligen Sowjetunion war der Schweizer Energiemix lange tatsächlich ein Erfolgsmodell. Doch auch Erfolgsmodelle werden älter. Vom Öl müssen wir uns entwöhnen, wenn wir den Planeten erhalten wollen. Wasserkraft ist nur noch bedingt ausbaubar, und die Atomkraft ist zu riskant und zu teuer geworden.
Gleichzeitig hat sich die Lage im Energiebereich in den letzten Jahren stark verändert. Die Zeiten, in denen Solar- und Windenergie als niedliches Hobby von ökologischen Idealisten betrachtet wurde, sind vorbei. Nachhaltige Energie ist Big Business geworden. Nichts macht dies deutlicher als die Story von Tesla.
Tesla ist weit mehr als ein Elektroauto. Elon Musk hat in der Wüste von Nevada die grösste Batteriefabrik der Welt hochgezogen und Tesla mit Solar City verschmolzen. Heute kann man ein Haus kaufen, das mit Tesla-Solarzellen geheizt und beleuchtet wird, in dem eine Tesla Power Wall dafür sorgt, dass auch dann Strom vorhanden ist, wenn die Sonne nicht scheint, und dass auch das Elektroauto in der Garage aufgeladen wird.
Ron Baron, einer der wichtigsten Investoren in den USA und Gründer von Baron Capital, erklärt denn auch: «Tesla erfindet das elektrische Netz neu. Das ist eine viel grössere Chance als Autos.» Kein Wunder, ist Tesla zum neuen Liebling der Investoren geworden.
An der Börse ist das Unternehmen bereits mehr wert als GM und Ford. Baron ist überzeugt, dass dies erst der Anfang war. Er geht davon aus, dass sich der Börsenwert bis 2020 nochmals vervierfachen und bis 2025 nochmals verdreifachen wird. Tesla wird dann das wertvollste Unternehmen der Welt sein.
Das Gegenstück von Tesla sind Westinghouse und Areva. Beide Unternehmen sind führende Hersteller von Atomkraftwerken, beide sind ein wirtschaftlicher Albtraum geworden. Westinghouse musste von seiner Muttergesellschaft Toshiba in den Konkurs geschickt werden, weil die Milliardenverluste nicht mehr länger tragbar waren.
Westinghouse war noch zur Jahrhundertwende eine industrielle Perle, der Stolz der amerikanischen Atomindustrie. Das galt auch für Areva in Frankreich. Auch dieses Unternehmen kann nur an staatlichen Krücken überleben und wurde mittlerweile in die Eléctricité de France eingegliedert.
Der Siegeszug der nachhaltigen Energie hat auch die beiden bedeutendsten Schwellenländer erfasst: China und Indien. Chinas Staatspräsident Xi Jinping hat mehrmals deutlich unterstrichen, dass sein Land an den versprochenen Zielen des Pariser Klima-Abkommens festhalten will, selbst wenn die USA aussteigen sollten.
Es sind mehr als leere Worte. Im vergangenen Jahr ist der Kohlenverbrauch in China erstmals gesunken. Gleichzeitig hat die Regierung zu Beginn des Jahres angekündigt, bis 2020 360 Milliarden Dollar in Solarkraftwerke zu investieren und dabei 13 Millionen Jobs zu schaffen. Auch Indien will im grossen Stil Solarkraftwerke bauen.
Der nachhaltigen Energie gehört die Zukunft. Die Schweiz hat beste Chancen, ihren Teil dazu beizutragen. Wir besitzen nicht nur das technische Knowhow. Der ETH-Professor Anton Gunzinger hat in seinem Buch «Kraftwerk Schweiz» auch aufgezeigt, dass wir die natürlichen Voraussetzungen besitzen, uns selbst mit nachhaltiger Energie autonom zu versorgen. Langfristig würden wir dabei rund 10 Milliarden Franken sparen, die wir heute noch jährlich Ölscheichen und Putin in den Rachen schieben.
Das Energiegesetz ist ein erster Schritt auf diesem Weg, mehr nicht. Die Energiewende wird ein langwieriger und mühseliger Prozess werden, auf dem es immer wieder zu Rückschlägen kommen wird. Doch ein Festhalten an einem Energiemix der Vergangenheit kann keine Alternative sein. Auch in der Energiepolitik gilt: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.