Du denkst, es trifft dich nicht. Job und Geld im Griff. Und trotzdem: Plötzlich passiert etwas Unvorhergesehenes und schon ist man drin, in der Schuldenfalle.
Ich treffe gerade jetzt in den letzten Wochen immer mehr Frauen, denen es genauso geht. Plötzlich ist er weg, der Job in der Reisebranche. Oder der kleine Betrieb, welcher vor allem Events gemacht hat, muss schliessen, weil er sich die Mietkosten einfach nicht mehr leisten kann. Schaut man über die Grenze hinaus, z.B. nach England, da haben mir viele Bewerber für einen unserer Jobs gesagt, dass sie ihre (reduzierten) Rechnungen keinen weiteren Monat mehr bezahlen können. Und es liegt nicht nur an der Pandemie.
Wie sind wir in der Schweiz verschuldet?
Gemäss dem BfS lebten schon 2017 mehr als 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung in einem Haushalt mit mindestens einer Art von Schulden, 8 Prozent in einem Haushalt mit mindestens drei verschiedenen Schuldenarten.
Zahlungsrückstände sind die häufigste Art von Schulden: 18,9% der Bevölkerung leben in einem Haushalt mit mindestens einem Zahlungsrückstand.
Darauf folgen Fahrzeug-Leasings und Verschuldungen bei der Familie oder Freunden: 14,6% der Bevölkerung leben in einem Haushalt mit mindestens einem geleasten Fahrzeug, 10,3% in einem Haushalt mit mindestens einer Verschuldung bei der Familie oder Freunden und 9,0% mit mindestens einem Klein- oder Konsumkredit.
Die 9 grössten Schuldenfallen
Jobverlust: Oft fällt das Einkommen schnell weg, die Kosten aber bleiben, zumindest am Anfang, gleich. Im Juli betrug die Arbeitslosenquote gemäss Seco 3.2%, das sind 148’000 Menschen, davon 67'000 Frauen und 81'000 Männer. Prognostiziert wird längerfristig ein weiterer Anstieg, auch wenn die letzten Zahlen vielleicht nicht so gravierend ausgefallen sind wie ursprünglich befürchtet.
Scheidung/Trennung: Es entstehen Kosten für Miete, Unterhalt, vor allem bei demjenigen, der auszieht. Allenfalls auch für eine Rechtsberatung. Gleichzeitig laufen alte Verbindlichkeiten weiter und es kann dauern, bis man Unterhaltszahlungen bekommt. Tipps, wie man damit umgehen kann, hier.
Krankheit/Schicksalsschlag: Wenn es zu Unfall, Krankheit oder Tod kommt, dann gibt es in der Schweiz eine Reihe von Absicherungen für Erwerbsausfall, Erwerbsunfähigkeit bis hin zur Absicherung beim Todesfall. Details dazu hier.
Kontoüberzug/Kreditkartenüberzug: Dies ist eine der teuersten Schuldenarten – wenn es irgendwie geht, einfach vermeiden oder sofort einen Plan machen, wie man dies zurückzahlt, da der Schuldenberg sonst einfach exponentiell wächst.
Kauf auf Pump/Ratenkredite/Kurzkredite: Es entstehen hohe Zinskosten, Bearbeitungskosten, oft, z.B. bei einem Autoleasing, wird auch ein höherer Risikoschutz verlangt. Am besten den Totalpreis vorher berechnen, wie viel die Anschaffung wirklich kostet und wie der Kredit sie verteuert.
Kaufrausch/Online-Käufe: Gerade bei Online-Käufen, die direkt auf die Kreditkarte gehen, kann man schnell den Überblick verlieren. Neben Budget und Debitkarten kann es auch helfen, den Kauf aufzuschieben, z.B. im Warenkorb speichern und am nächsten Tag nochmal schauen, ob man es wirklich will und braucht. Auf jeden Fall Kreditkartenabrechnung regelmässig anschauen und prüfen.
Handy: Ungünstige Tarife, kleine Ausgaben, wie In-App-Käufe, die sich häufen, Abos, die man gar nicht mehr braucht, Datenroaming im In- und Ausland, aber auch Gesprächskosten. Gerade für junge Menschen mit tieferen Einkommen kann das Handy zur Kostenfalle werden. Abo auf Bedürfnisse abgestimmt wählen, Handy regelmässig von nicht gebrauchten Abos «putzen», im Ausland Roaming automatisch begrenzen.
Mietkosten: In der Schweiz sind Mietkosten sehr teuer und es kann passieren, dass man plötzlich in einer Wohnung wohnt, die man sich, vielleicht wegen geänderter Situation, gar nicht mehr leisten kann, und auf dem Mietvertrag sitzen bleibt, bis man einen Nachmieter gefunden hat. Hier hilft es, die Kosten im Verhältnis zum Einkommen zuerst zu berechnen und für den Worst-Case zu planen. Als Daumenregel sollten die Mietkosten inkl. Nebenkosten nicht mehr als einen Drittel des Bruttoeinkommens ausmachen.
Immobilienfinanzierung: Z.B. wenn man Zinsen und Unterhalt überschätzt hat oder Nachzahlungen notwendig sind, die Immobilie nicht rechtzeitig fertig wird oder wenn es in einer Stockwerkeigentümerschaft zu Rechtsschwierigkeiten kommt. Hier hilft genügend Eigenkapital (für die Erstimmobilie wird in der Schweiz mind. 20% verlangt) und eine sehr konservative Berechnung was den Unterhalt und die Zinsen betrifft. Für den möglichen Fall von Rechtsstreitigkeiten eine Rechtsschutzversicherung abschliessen.
Schuldenfalle vermeiden
Klar kann man Scheidung/Trennung und Krankheit nicht einfach so vermeiden, manche Sachen passieren im Leben eben einfach. In der Theorie: nicht mehr ausgeben, als wirklich reinkommt. Das im Alltag einzuhalten, ist dann oft nicht so einfach. Um Schulden zu vermeiden, hilft:
Budget: Während der letzten Monate hat sich unser Leben und damit teilweise auch das Konsumverhalten verändert. Weniger Ausgang, dafür vielleicht mehr Online-Käufe. Vielleicht hast du jetzt gleich viel, weniger oder sogar mehr Geld zur Verfügung, da viele Sachen weggefallen sind. Wer noch keines hat, ein Budget aufstellen. Für alle anderen ist jetzt der Zeitpunkt günstig, das Budget anzupassen. Auf jeden Fall den Notgroschen und falls notwendig Schuldentilgung mit einplanen. Für die Budgetplanung eignet sich Excel, das E-Banking, Apps oder verschiedene Vorlagen, z.B. bei der Budgetberatung.
Notgroschen: auch für diejenigen, die bis jetzt vielleicht keinen Notgroschen gebraucht haben. 3-6 Monatsgehälter werden empfohlen und sind in unsicheren Zeiten wie jetzt dringend zu empfehlen. Selbst wenn es kleinere Beträge sind. Geld zu beschaffen, wenn man es dringend braucht, ist oft schwierig und vor allem teuer.
Schneller aus der Schuldenfalle mit dem Schneeballprinzip – so geht's:
Eine der schnellsten Methoden um Schulden zurück zu zahlen, ist das Schneeballprinzip. So geht’s: Man gibt den Konten mit kleineren Beträgen die höchste Priorität, statt denen mit den höchsten Zinsraten.
Alle Schulden auflisten, vom kleinsten zum grössten Betrag
Minimum der Raten bezahlen, die man bezahlen muss, ausgenommen die kleinste Schuld
Die kleinste Schuld so schnell wie möglich tilgen
Die nächste kleinste Schuld zuoberst auf die Liste, abzahlen, wiederholen bis alles bezahlt ist
Warum das funktioniert?DieMotivation steigt und du hast den Betrag der bereits abbezahlten kleinen Schuld zur Tilgung weiterer Schulden zur Verfügung. Harvard Forscher haben herausgefunden, dass die Motivation und Verhaltensänderung, die durch das erfolgreiche Bezahlen der kleinen Schulden entsteht, so gross ist, dass man verlässlich, wie bei einem Schneeball, der immer grösser wird, viel schneller alle seine Schulden abbezahlt.
Leider ist es oft so, dass nicht nur ein einziges Ereignis dazu führt, sondern viele Sachen zusammen und plötzlich ist man im unangenehmen Kreis der Schuldenfalle. Welche Erfahrungen habt ihr mit Schulden gemacht und was hat euch geholfen?
Notgeld in Deutschland
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Olga Miler ...
... war über zehn Jahre in verschiedenen Funktionen bei der UBS tätig, unter anderem hat sie dort das Frauenförderungsprogramm Unique aufgebaut. Jüngst gründete sie das Start-up SmartPurse, eine Plattform, auf der sie digitale Kurse, Workshops und Coachings zum Thema Finanzen für Frauen anbietet. Ab dem 27. Januar wird uns Miler im watson-Blog «Frauen und Geld» an ihrer Expertise teilhaben lassen.
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Die beliebtesten Kommentare
Nume no eis, bitteee!
20.08.2020 18:08registriert Januar 2019
Unter Notgroschen hab ich mir was anderes vorgestellt als 6 Monatsgehälter. Aber guet, dann mach im mich da mal ran zu sparen. - Wenn ich mir so den Run auf die Geschäfte gegen Ende Monat (wenn dr Lohn isch cho) so anschaue, sind da ein paar auch eher unter den 6 Monatslöhnen Notgroschen😉
Am besten hat man eine Prepaid-Kreditkarte; zahlt Steuern im Voraus, nimmt kein Kredit oder Leasing auf. Man gibt nur das aus was man auch wirklich selbst bezahlen kann und am wichtigsten; als erstes bezahlt man sich selbst wenn man Rechnungen bezahlt; in dem man jeden Monat den gleichen Betrag aufs Sparkonto überweist.
Bei der Berechnung des Existenzminimums werden nur Miete, KK und ÖV berücksichtig. - Im Falle einer Pfändung. Den 13. Monatslohn oder die Grati wird auch eingezogen. Somit kann man dann auch keine Steuern bezahlen. Ein Teufelskreis, aus dem man dann nur noch schwer rauskommt.
Einen Notgroschen anzulegen ist sicher keine schlechte Idee. Aber ich kenne viele, die verdienen so wenig, dass sie schlichtweg kein Geld übrig haben Ende Monat und so auch nichts auf die Seite legen können.
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