Die Nachricht begeisterte Astronomen und interessierte Laien weltweit: Mithilfe des «Event Horizon Telescope» (EHT) – einem Zusammenschluss von acht Radio-Sternwarten auf vier Kontinenten – gelang es zum ersten Mal, eine Aufnahme des Schwarzen Lochs Sagittarius A* zu machen, das sich im Zentrum unserer Galaxis befindet. Es ist erst das zweite Mal, dass ein Schwarzes Loch ins Bild gebracht werden konnte: 2019 gelang den Astronomen eine Aufnahme des Schwarzen Lochs im Zentrum der rund 55 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie M87.
Die allermeisten Leute kennen den Begriff «Schwarzes Loch» – doch die wenigsten könnten sagen, was sich eigentlich dahinter verbirgt. In der Tat handelt es sich um ein Phänomen, dessen Beschreibung praktisch nur mittels eines esoterisch anmutenden Vokabulars möglich ist – selbst wenn man nicht allzu sehr ins Detail geht. Wir versuchen hier, etwas Licht ins buchstäbliche Dunkel dieses mysteriösen Himmelskörpers zu bringen. In folgenden acht Punkten:
Wenn eine Rakete von der Erde aus zu einem anderen Himmelskörper fliegen will, muss sie deren Schwerefeld verlassen. Dazu benötigt sie eine gewisse Mindestgeschwindigkeit – die zweite kosmische Geschwindigkeit oder Fluchtgeschwindigkeit (11,2 km/s). Je massereicher ein Objekt ist, desto grösser ist seine Gravitation und desto höher auch die Fluchtgeschwindigkeit. Bei der Sonne beträgt sie bereits 617,4 km/s.
Ein Schwarzes Loch ist ein Objekt, dessen Masse so gross ist, dass die Fluchtgeschwindigkeit höher sein müsste als die Lichtgeschwindigkeit c – diese aber stellt als grundlegende Naturkonstante im Kosmos eine absolute Geschwindigkeitsgrenze für die Bewegung von Masse und für die Übertragung von Energie und Information dar. Das heisst, ein Schwarzes Loch ist ein Objekt, von dessen Oberfläche weder Masse noch Licht noch Information entweichen kann. Was immer auch in ein Schwarzes Loch hineingelangt, kommt nie mehr heraus.
Die Grenze, ab der dies geschieht, wird «Ereignishorizont» genannt. Jenseits dieser Grenzfläche – die aber nicht eine feste Oberfläche wie bei Sternen oder Planeten, sondern eher mathematisch definiert ist – sind Ereignisse prinzipiell nicht sichtbar für Beobachter, die sich diesseits der Grenzfläche befinden. Der Ereignishorizont eines rotierenden Schwarzen Lochs hat die Form eines Rotationsellipsoids (ähnlich der Erde).
Die theoretische Grundlage für die Beschreibung eines Schwarzen Lochs liefert Albert Einsteins allgemeine Relativitätstheorie. Sie beschreibt die Gravitation als Qualität der vierdimensionalen Raumzeit; einem Kontinuum aus den drei Raumdimensionen und der Zeitdimension. Massebehaftete Objekte krümmen die Raumzeit; je grösser die Masse, desto grösser die Krümmung. Licht, das sich in der Raumzeit ausbreitet, beschreibt keine gerade Linie, sondern folgt der kürzesten Linie in der gekrümmten Raumzeit.
Je näher man einem Schwarzen Loch kommt, desto stärker ist die Raumzeit gekrümmt. Den Punkt mit unendlich hoher Raumkrümmung, unendlich hoher Dichte und unendlich starkem Gravitationsfeld nennen die Astrophysiker Singularität. Die Singularität, in der die gesamte Masse des Schwarzen Lochs steckt, befindet sich auf jeden Fall in dessen Zentrum; sie kann eine Punktsingularität sein, wenn das Schwarze Loch nicht rotiert (solche kommen in der Realität allerdings nicht vor), oder zu einer Ringsingularität aufgebläht sein, wenn es rotiert.
In der Singularität ist freilich eine physikalische Beschreibung nicht mehr möglich, da hier physikalische Grössen über alle Grenzen wachsen und daher nicht definiert sind. Die Theorie versagt hier. Wie Einstein es formuliert haben soll: Schwarze Löcher sind dort, wo Gott durch null dividiert hat.
Auf der Erde ist die Raumzeit quasi flach. In der Nähe eines Schwarzen Lochs hingegen ist sie gekrümmt, und zwar auch schon ausserhalb des Ereignishorizonts. Würde sich ein Raumfahrer dieser Grenzfläche nähern, geschähen seltsame Dinge – sowohl für den Raumfahrer selbst als auch für einen weit entfernten Beobachter im normalen Raum. Beide würden den Vorgang völlig anders wahrnehmen.
Zunächst findet eine gravitative Zeitdilatation statt – die starke Raumzeitkrümmung durch die Schwerkraft liesse die Uhr des Raumfahrers langsamer ticken als jene des Beobachters. Je näher der Raumfahrer dem Ereignishorizont käme, desto stärker wäre – vom Beobachter aus gesehen – die Verlangsamung. Sobald der Raumfahrer den Ereignishorizont erreichen würde, bliebe die Zeit sogar stehen; der Raumfahrer würde gleichsam einfrieren. Der Beobachter könnte also nie sehen, wie der Raumfahrer im Schwarzen Loch verschwindet. Zugleich würden sich die Farben des Raumfahrers immer mehr in den Rotbereich verschieben und dämmriger werden.
Für den Raumfahrer selbst stellte sich dies alles komplett anders dar: Er würde nichts von einer Verlangsamung der Zeit merken; hingegen würde sich für ihn die Zeit im entfernten normalen Raum beschleunigen, und dieser erschiene ihm zunehmend verzerrt. Da der Ereignishorizont keine gegenständliche Grenze ist, würde er gar nicht bemerken, dass er die Grenze überquert.
Früher oder später, je nach Grösse des Schwarzen Lochs, würde der Raumfahrer dann aber umkommen. In einem supermassereichen Schwarzen Loch, wie es im Zentrum der Milchstrasse existiert, würde dies später geschehen, da die Dichte am Ereignishorizont noch gering ist. Der Raumfahrer würde von den Gezeitenkräften in die Länge gezogen, denn die Gravitation ist auf der dem Schwarzen Loch zugewandten Seite stärker als auf der abgewandten Seite. Stephen Hawking bezeichnete dies als «Spaghettisierung». Schliesslich würde er zerrissen, und seine Atome würden in der Singularität zertrümmert.
Für uns Erdenbewohner stellen Schwarze Löcher jedoch kaum eine Gefahr dar. Das nächstgelegene Gravitationsmonster, das Astronomen bisher entdeckt haben, befindet sich in rund 1000 Lichtjahren Entfernung. Da Schwarze Löcher nicht, wie oft geglaubt wird, unaufhaltsam expandieren, wäre selbst ein Schwarzes Loch nicht gefährlich, das sich viel näher an der Erde befände. Wäre zum Beispiel unsere Sonne ein Schwarzes Loch mit derselben Masse, wäre die Erde derselben Schwerkraft ausgesetzt und würde das Schwarze Loch auf derselben Bahn umkreisen. Allerdings könnte dann kein Leben auf ihr existieren, da es kein Sonnenlicht gäbe.
Schwarze Löcher können aus massereichen Sternen entstehen, die das Ende ihrer Sternentwicklung erreicht haben und in sich zusammenstürzen. Die Sterne müssen dafür eine bestimmte Mindestgrösse haben; unsere Sonne beispielsweise wird nicht als Schwarzes Loch enden. Bei Grössen ab etwa acht Sonnenmassen kollabieren Sterne nach unterschiedlichen Zwischenstufen – etwa einer Supernova – zu einem Schwarzen Loch. Bei einer Supernova wird die äussere Hülle des Sterns als Gaswolke ins All geschleudert, während der kompakte Kern – falls er noch genügend Masse hat – sich zu einem Schwarzen Loch entwickelt. Auch durch die Kollision von zwei Neutronensternen kann ein Schwarzes Loch entstehen.
Bei der Bildung eines Schwarzen Lochs nehmen gewissermassen die Gravitationskräfte überhand: Die Masse eines Körpers ist immer mit Gravitationskräften verbunden, die den Körper komprimieren, aber durch Gegenkräfte im Inneren in Schach gehalten werden. In einem Stern setzen Kernreaktionen ständig ungeheure Mengen an Energie frei, die dem Gravitationsdruck entgegenwirken und so verhindern, dass der Stern unter seiner eigenen Schwerkraft kollabiert und sein hydrostatisches Gleichgewicht behält. Wenn die Kernreaktionen zum Erliegen kommen, weil der Kernbrennstoff aufgebraucht ist, beginnt der Stern, sich zusammenzuziehen – der Gravitationskollaps tritt ein.
Wenn der Stern eine Restmasse von weniger als etwa 1,4 Sonnenmassen aufweist, wird der Kollaps gestoppt, da die Elektronen sich so nahe kommen, dass deren gegenseitige Abstossung eine weitere Kompression verhindert. In diesem Fall entsteht ein sogenannter Weisser Zwerg. Bei grösseren Sternen ist der Gravitationsdruck jedoch so gross, dass sich Elektronen und Protonen zu Neutronen vereinigen – das Resultat ist ein Neutronenstern.
Ab rund 2,5 Sonnenmassen Restmasse ist der Gravitationsdruck selbst für die Neutronen zu gross, sodass ein Schwarzes Loch entsteht. Vorläufersterne von Schwarzen Löchern müssen mindestens acht Sonnenmassen aufweisen, da sie durch Abstrahlung und – am Ende ihrer Existenz – durch Supernovae einen hohen Masseverlust erleiden.
Nach heutigem Wissensstand gibt es drei unterschiedliche Typen von Schwarzen Löchern.
Schwarze Löcher lassen sich unmöglich direkt beobachten, da sie Licht weder aussenden noch reflektieren. Ihre enorme Gravitation sorgt aber dafür, dass in ihrem Umfeld Dinge geschehen, die sich beobachten lassen und Rückschlüsse auf die Schwarzen Löcher selbst erlauben. So sind ihre Auswirkungen auf benachbarte Sterne, Nebel und Galaxien beobachtbar. Die Gravitation von Schwarzen Löchern wirkt zudem als sogenannte Gravitationslinse: Sie lenken das Licht von benachbarten Hintergrundsternen ab oder bündeln es. Dadurch erscheint deren Position systematisch verschoben. Weit entfernte Galaxien erscheinen in verzerrter Form und heller, als sie in Wirklichkeit sind.
Entscheidend für die Beobachtung der Schwarzen Löcher ist die sogenannte Akkretionsscheibe: Sie besteht aus Materie, die von aussen auf das Schwarze Loch zuströmt und durch die extreme Schwerkraft in ihre Elementarteilchen zerrissen wird, die sich fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegen und Millionen von Grad heiss werden. Die Materie sammelt sich zunächst in einer rotierenden Scheibe, die durch die gewaltigen Energien zum Leuchten gebracht wird. Bei den superschweren Schwarzen Löchern im Zentrum von Galaxien können diese Akkretionsscheiben enorme Leuchtkräfte entwickeln.
Die Analyse der von diesen Scheiben emittierten Strahlung kann Hinweise auf das verborgene zentrale Objekt geben, etwa dessen Masse oder Rotation. So wird Röntgenstrahlung umso energiereicher, je näher der Innenrand der Scheibe am Loch liegt. Die gigantischen Energien in der Akkretionsscheibe treiben zudem sogenannte Jets an, in denen elektrisch geladene Teilchen aus der Scheibe zehntausende von Lichtjahren weit ins All hinausgeschleudert werden.
Es sei so schwierig, die Umgebung eines Schwarzen Lochs klar abzubilden, wie ein scharfes Bild von einem Welpen zu schiessen, der seinem Schwanz nachjagt – etwa so hat Anton Zensus vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie die Herausforderung beschrieben, die Gravitationsmonster ins Bild zu bringen. Ohnehin kann das Schwarze Loch selbst gar nicht abgebildet werden, weil es ja kein Licht emittiert. Aber auch die Umgebung des unsichtbaren Objekts ist schwierig einzufangen: Sie kann sich sehr schnell verändern, denn das Gas in der Nähe des Ereignishorizonts bewegt sich beinahe so schnell wie das Licht.
Die Auswertung der Beobachtungsdaten des relativ nahen Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstrasse – Sagittarius A* ist 26'600 Lichtjahre entfernt – gestaltete sich schwieriger als jene des viel weiter entfernten Schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie M87. Diese befindet sich zwar in einer Distanz von 55 Millionen Lichtjahren, doch die Strahlung, die von diesem Schwarzen Loch ausgeht, ist über Stunden hinweg konstant. Die Gase benötigen dort Tage bis Wochen, um das riesige Schwarze Loch zu umkreisen, während es beim deutlich kleineren Objekt in der Milchstrasse nur Minuten dauert. Dadurch verändern sich Helligkeit und Muster in der Umgebung des Schwarzen Lochs viel schneller.
Diese Variationen in der Akkretionsscheibe mussten bei der Auswertung berücksichtigt werden; deshalb entschieden sich die Astronomen, zuerst die Daten des weiter entfernten Schwarzen Lochs in der Galaxie M87 auszuwerten und daraus eine Abbildung zu erstellen.
Die allgemeine Relativitätstheorie besagt, dass einem Schwarzen Loch nichts entkommen kann, auch keine Strahlung. Wird jedoch auch die Quantenmechanik mit einbezogen, könnten Schwarze Löcher trotzdem strahlen, wenn auch extrem schwach. Dies postulierte der britische Physiker Stephen Hawking 1975; er berechnete, dass Schwarze Löcher sehr langsam «verdampfen» können, indem sie Strahlung abgeben.
Diese Hawking-Strahlung beruht auf virtuellen Teilchen-Antiteilchen-Paaren, die kurze Zeit existieren und von denen eines den Ereignishorizont überquert. Dieses Teilchen trägt negative Energie, während das ausserhalb des Ereignishorizonts bleibende Partnerteilchen positive Energie trägt. Der Eintrag negativer Energie verringert die Masse des Schwarzen Lochs. Die Hawking-Strahlung ist noch nicht nachgewiesen worden, da sie selbst in der direkten Nachbarschaft eines Schwarzen Lochs mit heutigen Sensoren nicht messbar wäre.
Sollte es die Hawking-Strahlung tatsächlich geben, würde sie allerdings eine unfassbar lange Zeit benötigen, um ein extrem massereiches Schwarzes Loch von einer Milliarde Sonnenmassen verdampfen zu lassen – und zwar selbst dann, wenn dieses Schwarze Loch keinerlei Masse mehr akkretieren würde: Der Vorgang würde 1080-mal so lange dauern wie das bisherige Alter des Universums, das 13,8 Milliarden Jahre beträgt. Das ist sehr lange, wenn man bedenkt, dass 1080 eine sehr grosse Zahl ist; sie entspricht der Zahl der Atome im sichtbaren Universum.
Erste Konzepte, die die Existenz eines enorm massereichen Objekts postulierten, von dem selbst Licht nicht entweichen könnte, wurden bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert aufgestellt. Sie blieben jedoch ohne Widerhall. Erst mit der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein zu Beginn des 20. Jahrhunderts gewann die Vorstellung eines Schwarzen Lochs an Bedeutung. Der deutsche Astrophysiker Karl Schwarzschild leitete 1916 mathematisch aus der allgemeinen Relativitätstheorie ein Gravitationsfeld her, in dessen Zentrum sich eine sogenannte Gravitations-Singularität befand, in der das Gravitationsfeld unendlich wird.
Einstein selbst glaubte nicht, dass ein solches Objekt physikalisch tatsächlich existierte. Doch die Indizien häuften sich: Der indische Physiker Subrahmanyan Chandrasekhar zeigte in den 1920er-Jahren, dass ein astrophysikalisches Objekt, in dem alle Kernreaktionen aufgehört haben, jenseits einer gewissen Masse unter der eigenen Schwerkraft kollabiert, da keine Kraft mehr der Gravitation entgegenwirkt. 1939 errechneten die amerikanischen Physiker Robert Oppenheimer und Hartland Snyder, dass es eine maximale Masse von Neutronensternen gibt, ab der sie unter ihrer eigenen Schwerkraft kollabieren.
Ein weiteres Indiz war 1967 die Entdeckung von Pulsaren. Im selben Jahr schlug der amerikanische Physiker John Wheeler den Begriff «Schwarzes Loch» vor, der sich darauf durchsetzte. Das erste entdeckte Schwarze Loch – im Jahr 1971 – war Cygnus X-1. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von bekannten Objekten, von denen angenommen wird, dass es sich um Schwarze Löcher handelt.
Die 2015 erstmals beobachteten Gravitationswellen, die bei der Kollision zweier Schwarzer Löcher erzeugt wurden, stützen die Theorie der Existenz von Schwarzen Löchern ebenfalls. Diese erklärt diverse astrophysikalische Vorgänge schlüssig, die ansonsten kaum zu verstehen sind. Es gibt zwar alternative Theorien, die diese Vorgänge ohne Schwarze Löcher zu erklären suchen, doch sie finden kaum Widerhall.