Wissen
Deutschland

EU-Umfrage: Mehrheit will Zeitumstellung abschaffen

epa04678152 View of the 'time meter' by Gloria Friedmann near the river Elbe in Magdeburg, Germany, 25 March 2015. The artwork depicts a man holding a clock and sitting atop a three-meter ta ...
Die Diskussion um die Zeitumstellung ist wieder einmal neu entflammt.Bild: EPA/DPA

Wann schafft die EU die Zeitumstellung ab – und 7 weitere wichtige Fragen

29.08.2018, 17:44
Mehr «Wissen»

Um was geht es eigentlich?

Um die Zeitumstellung. Und um eine Umfrage. Die EU-Kommission wollte von den Bürgern der EU-Mitglied-Staaten wissen, ob an der derzeitigen Sommerzeitregelung etwas geändert werden müsste. Dies, nachdem entsprechende Anfragen eingegangen waren. Sie lancierte deshalb eine Online-Umfrage, die vom 4. Juli bis 16. August lief. Böse Stimmen sprechen von einer pseudodemokratischen Nebelpetarde. Insgesamt 4,6 Millionen Antworten gingen so bei der Kommission ein.

Und, wie sieht denn das Resultat aus?

Nun, die EU hat die Ergebnisse noch nicht veröffentlicht. Doch irgendwie sickerten die Zahlen zur «Westfalenpost» durch, die in der Nacht auf Donnerstag das deutliche Ergebnis publizierte: 80 Prozent der Teilnehmer wollen die Zeitumstellung abschaffen, eine Mehrheit davon spricht sich für die Einführung der Sommerzeit aus.

Wie sich die Stimmen auf die einzelnen EU-Länder verteilen, ist noch unklar. Die «Westfalenpost» schreibt, dass von den 4,6 Millionen Antworten mehr als 3 Millionen aus Deutschland stammen. Die EU hat sich zu den Zahlen bisher nicht geäussert.

Wird jetzt also die Winterzeit abgeschafft?

Moment – noch sind ja noch nicht einmal die Resultate offiziell veröffentlicht. Klar ist nur, dass die EU derzeit prüft, wie sie mit der Zeitumstellung, die im EU-Recht geregelt ist, weiter verfahren soll. Das wird wohl genau so umständlich wie es sich anhört. Klar ist: Die Befragung soll aber ausdrücklich weder ein Referendum noch für die endgültige Entscheidung ausschlaggebend sein, betont die EU-Kommission. Erste Stimmen aus der Politik wurden trotzdem bereits laut. So fordert der deutsche CDU-Abgeordnete Peter Liese etwa die Abschaffung der Zeitumstellung noch vor der Europawahl im Mai.

Aber die Winterzeit, das ist doch die «richtige» Zeit, oder?

Was heisst denn schon «richtige Zeit»? Früher einmal hatte jeder Ort seine eigene Zeit. Sie richtete sich nach dem Stand der Sonne am jeweiligen Standort. Und war insofern «richtig». Das war lange problemlos – bis die Eisenbahn aufkam.

Für Züge wurden zunächst Einheitszeiten festgelegt, die entlang der Bahnlinien galten und sich meist an der jeweiligen Zeit in den Hauptstädten orientierten. An den Orten, durch die Züge fuhren, zeigten die Uhren meist jedoch eine andere Zeit.

Das sorgte für Verwirrung – mit dramatischen Folgen: Am 12. August 1853 stiessen in Virginia Falls (USA) wegen dieser Zeit-Verwirrung zwei Züge zusammen, 13 Menschen starben. Das Unglück löste eine Debatte aus – an deren Ende die Einführung der Zeitzonen stand. Am 1. April 1893 wurde die Mitteleuropäische Zeit in Deutschland, Italien und Österreich eingeführt, ein Jahr später auch in der Schweiz. Es ist die Zeit, nach der wir uns im Winter richten.

Postkarte zur Einführung der Sommerzeit in Deutschland am 30. April 1916.
Postkarte zur Einführung der Sommerzeit in Deutschland am 30. April 1916.Bild: commons.wikimedia/grafj

Und wann kam die Sommerzeit ins Spiel?

Das ist ganz unterschiedlich. In den meisten EU-Mitgliedstaaten besteht eine lange Tradition von Sommerzeitregelungen, die grösstenteils bis in die Zeit des Ersten und Zweiten Weltkriegs beziehungsweise bis zur Ölkrise in den 1970er Jahren zurückreichen. Damals sollte durch Einführung der Sommerzeit in erster Linie Energie gespart werden.

Es spielten aber auch andere Gründe eine Rolle, zum Beispiel die Sicherheit im Strassenverkehr, mehr Freizeitaktivitäten durch längere Tageslichtphasen am Abend, oder einfach die Anpassung der nationalen Gepflogenheiten an die der Nachbarn oder der wichtigsten Handelspartner. Seit den 1980er Jahren ist die Sommerzeit auf EU-Ebene in einer Richtlinie festgehalten.

Das macht mich müde – was kann ich tun?

Das ist ja oft das Problem mit diesen Zeitumstellungen. Versuchen wir, dich mit ein bisschen Musik aufzuwecken:

Was würde die Abschaffung für die Schweiz bedeuten?

Die Schweiz wäre als nicht-EU-Mitglied von der Abschaffung nicht direkt betroffen. Würde sie die Regelung nicht übernehmen käme es zu einer Situation, die es 1980 bereits einen Sommer lang gab.

Nachdem sich 1973 die Länder der Europäischen Gemeinschaft auf die Einführung der Sommerzeit einigten, wollte die Schweiz eigentlich nachziehen. Doch gegen den Entscheid von 1977 wurde das Referendum ergriffen und das Stimmvolk schickte 1978 die Sommerzeit klar bachab. 

1980 kam die Quittung: Die Schweiz war im Sommer dieses Jahres eine Zeitinsel mit Normalzeit in einem Meer von Nachbarstaaten mit Sommerzeit. Ein neues Zeitgesetz beendete den unhaltbaren Zustand; diesmal kam das Referendum nicht zustande. Im Sommer 1981 gingen die Schweizer Uhren wieder im Gleichklang mit denen der Nachbarländer.

Es ist deshalb anzunehmen, dass die Einführung der Sommerzeit auch in der Schweiz umgesetzt würde.

Und wer hat überhaupt Sommerzeit auf dieser Welt?

(meg, mit Material der SDA)

So ist das mit der Zeitumstellung:

1 / 10
Zeitumstellung
Im Frühling wird die Uhr um eine Stunde nachgestellt, im Herbst eine Stunde zurück.
Auf Facebook teilenAuf X teilen

So überstehst du die Zeitumstellung problemlos

Video: srf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Randen
29.08.2018 18:06registriert März 2014
Am besten so umstellen , dass ich um 9 aufstehen kann und dann trotzdem um 7 im Büro bin.
1020
Melden
Zum Kommentar
3
So früh wie seit über 100 Jahren nicht – 5 Punkte zum Frühlingsbeginn
Nach dem meteorologischen hat heute Morgen auch der astronomische Frühling begonnen – dieses Jahr so früh wie seit 1896 nicht mehr.

Frühlingsanfang ist eine Frage der Perspektive: Für Astronomen beginnt der Frühling (meistens) am 20. März, für Meteorologinnen ist bereits seit dem 1. März Frühling. Und für Biologen ist es nicht nur jedes Jahr anders, sondern unterscheidet sich auch je nach Standort.

Zur Story