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CSU und SPD in Bayern abgestraft – AfD und Grüne räumen ab

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CSU und SPD in Bayern abgestraft, AfD räumt ab – Söder: «Ein schmerzhaftes Ergebnis»

14.10.2018, 19:53
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Zeitenwende im Freistaat: Die einst allmächtige CSU musste in Bayern mächtig Federn lassen und kann nicht länger alleine regieren. Auch die Sozialdemokraten wurden von den Wählern abgestraft.

  • CSU: -12.1%
  • Grüne: +9.7%
  • Freie Wähler: +2.6%
  • AfD: +10.9%
  • SPD: -10.9%
  • FDP: +1.8%
  • Linke: +1.2%

Die regierenden Christsozialen haben bei der Landtagswahl in Bayern zweistellige Verluste erlitten und ihre absolute Mehrheit eingebüsst. Sie bleiben stärkste Partei in dem süddeutschen Bundesland, brauchen aber einen oder mehrere Koalitionspartner.

Zweiter grosser Verlierer des Wahlsonntags sind die in der Bundesregierung in Berlin mitregierenden Sozialdemokraten. Die Grünen wurden zweitstärkste Partei, die rechtspopulistische AfD blieb unter ihrem Bundestagswahlergebnis vom vorigen Jahr.

Nach ersten Hochrechnungen von ARD und ZDF verlor die CSU von Ministerpräsident Markus Söder in dem wirtschaftsstarken Freistaat rund zwölf Prozentpunkte und landete bei 35.3 bis 35.4 Prozent (2013: 47.7 Prozent). In Umfragen vor der Wahl hatte die CSU zuletzt noch schlechter abgeschnitten.

Grüne zweitstärkste Kraft – «Bayern wählte Veränderung»

Zweitstärkste Kraft wurden die Grünen mit 18.5 bis 18.9 Prozent (2013: 8.6 Prozent). Die SPD stürzte von 20.6 auf 9.6 bis 9.9 Prozent ab. Die AfD, die zum ersten mal bei einer Landtagswahl in Bayern antrat, holte 10.9 Prozent, bei der Bundestagswahl 2017 waren es in Bayern 12.4 Prozent. Die konservativen Freien Wähler erreichten 11.6 Prozent (2013: 9.0 Prozent).

Die Liberalen (FDP), die vor fünf Jahren klar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert waren, mussten mit 5.0 bis 5.1 Prozent um den Wiedereinzug ins Landesparlament bangen. Die Linke hatte mit 3.5 keine Chancen auf einen erstmaligen Einzug in die bayerische Volksvertretung.

Die CSU käme nach ersten Berechnungen auf 74 von 192 Sitzen, die Grünen auf 40. Auf die Freien Wähler entfielen 24 Mandate, auf die AfD 23, die SPD 20 und die FDP 11. Danach hätte eine Koalition von CSU und Freien Wählern eine hauchdünne Mehrheit.

In den grossen Städten mit mehr als 100'000 Einwohnern sind die Grünen neu die stärkste Partei.
In den grossen Städten mit mehr als 100'000 Einwohnern sind die Grünen neu die stärkste Partei.zdf

Nach der Wahl im süddeutschen Bundesland Bayern hat Grünen-Chef Robert Habeck offen gelassen, ob seine Partei zu einer Koalition mit den Christsozialen bereit ist.

«Wenn es ungefähr so kommt, haben die Menschen in Bayern Veränderung gewählt», sagte er am Sonntag nach den Prognosen von ARD und ZDF.

Jetzt komme es darauf an, ob das bei den anderen Parteien auch angekommen sei. Das Ergebnis seiner Partei nannte Habeck historisch für die Grünen und auch für Bayern. «Das ist die Stärke der Menschen in Bayern», sagte er.

Nach Berechnungen der Fernsehsender ARD und ZDF wurden die Grünen Zweitstärkste Kraft mit 18,5 bis 19 Prozent (2013: 8,6 Prozent).

«Kein einfacher Tag»

«Natürlich ist das heute kein einfacher Tag für die CSU», sagte Söder in einer ersten Reaktion. Die Partei werde aus dem Ergebnis auch Lehren ziehen müssen. «Aber eines steht fest: Die CSU ist nicht nur stärkste Partei geworden, sie hat auch den klaren Regierungsauftrag», fügte er hinzu.

Die CSU ist die Schwesterpartei der CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel und tritt nur in Bayern an. CDU, CSU und SPD regieren Deutschland gemeinsam in einer grossen Koalition. Diese hätte derzeit nach jüngsten Umfragen deutschlandweit keine Mehrheit mehr.

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Die CSU stellt in Bayern seit 1957 den Ministerpräsidenten und hat im vergangenen halben Jahrhundert die meiste Zeit mit absoluter Mehrheit regiert. Dieses Mal konnte die Regierungspartei aber nicht von der guten Wirtschaftslage in dem reichen Bundesland profitieren. Die Flüchtlingskrise 2015 hatte die Unionsparteien Zustimmung gekostet und die AfD gestärkt. Auch der Machtkampf zwischen Söder und CSU-Chef Horst Seehofer setzte der Partei zu.

AfD-Chef Gauland zufrieden

Der Chef der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland, Alexander Gauland, zeigte sich zufrieden mit dem Wahlergebnis seiner Partei.

Alexander Gauland, co-chairman of the Alternative for Germany, AfD, party, attends a debate at the German parliament Bundestag in Berlin, Thursday, June 28, 2018. (AP Photo/Markus Schreiber)
Happy mit dem Wahlergebnis: AfD-Chef Alexander Gauland.Bild: AP/AP

Mit den Freien Wählern gebe es aber in Bayern eine starke konservative Konkurrenz, sagte Gauland am Sonntagabend mit Blick auf die ARD-Prognose. Er machte zugleich den Anspruch seiner Partei deutlich, mittel- bis langfristig zu regieren. Dazu müsse man aber noch zulegen. Die Partei zog zum ersten Mal in den Landtag in München ein.v

Auch der bayerische AfD-Vorsitzende Martin Sichert zeigte sich zufrieden. «Die Prognose ist eine gute Basis; mal schauen, was noch kommt. Sie ist eine gute Basis für die Arbeit im Parlament», sagte Sichert in München. Bei Landtagswahlen habe seine Partei immer etwas schlechter abgeschnitten als bei der Bundestagswahl.

Wähler der Mitte verprellt

Söder hatte das Amt des Regierungschefs erst im März von Seehofer übernommen, der wegen des schlechten Abschneidens der CSU bei der Bundestagswahl seinen Posten hatte räumen müssen. Seehofer wurde Innenminister im Kabinett Merkel, blieb aber Parteichef. Mit einer Anti-Flüchtlings-Rhetorik konnten Söder und Seehofer die AfD nicht entscheidend schwächen, verprellten aber Wähler der Mitte.

In Bayern lebt knapp ein Sechstel der deutschen Bevölkerung. Die Einwohnerzahl ist vor allem durch Zuwanderung aus anderen deutschen Bundesländern in den vergangenen Jahrzehnten stark gestiegen und liegt jetzt bei 13 Millionen.

Damit steht Bayern an zweiter Stelle hinter Nordrhein-Westfalen, flächenmässig ist es das grösste deutsche Bundesland. Es hat deutschlandweit die niedrigste Arbeitslosenquote (2.8 Prozent im September). Wegen seiner Wirtschaftsstärke ist Bayern auch das mit Abstand grösste Geberland im System des Finanzausgleichs der deutschen Bundesländer. (bal/oli/sda/dpa)

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50 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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N. Y. P.
14.10.2018 20:49registriert August 2018
Es ist ein Desaster für die SPD.

Innert 5 Jahren die Hälfte der Wähler verloren.

Und die Spitzenkandidaten der SPD haben absolut keine Erklärung für den freien Fall in der Wählergunst.

Laut der SPD Vorsitzenden Andrea Nahles will man jetzt das Ergebnis analysieren.

Macht das.
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Nelson Muntz
14.10.2018 20:59registriert Juli 2017
Aus Protest die AFD wählen kann auch nicht die Lösung sein.
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DARTH OLAF
14.10.2018 20:03registriert August 2018
Was zu erwarten war. Fast ein Jahr nach den Wahlen haben es weder die SPD noch die CDU/CSU gemacht, was ihre Wähler von ihnen erwarten: ihnen zuhören. Ihre Sorgen ernst nehmen.
Stattdessen eine Tragödie, bis die GroKo zustande kam und danach ein Fisako.
Ich verstehe die Wähler (Auch wenn ich nicht verstehen kann, aus Protest - oder überhaupt - die AfD zu wählen).
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