Während Facebook zurecht als Datenkrake am Pranger steht, präsentiert sich Apple als Musterknabe und nutzt die eigenen Anstrengungen in Sachen Datenschutz für eine PR-Offensive.
Die Apple-Führung hat vor Jahren erkannt, dass Datenschutz nichts Lästiges ist, sondern ein «Killerfeature», für das die Kunden extra zur Kasse gebeten werden können: Wer seinem Mobilgerät höchst Privates anvertraut, will es gut schützen.
Apple verkauft «grossartige Produkte», aber keine Nutzerdaten, lautet denn auch folgerichtig eine PR-Kernbotschaft, die Tim Cook bei Auftritten gebetsmühlenartig wiederholt.
Gerade eben hat er es wieder getan. In einem Interview mit «Vice» News betont Cook, dass bei Apple nicht die Kunden das Produkt seien. Ein deutlicher Seitenhieb in Richtung grosser Rivale. Auch wenn der Name Google nicht fällt.
Mit kritischem Blick auf den Datenhunger von Google und Co. sagte der Apple-Chef in einem früheren Interview:
Dass Apple unter den Tech-Giganten als Vorreiter in Sachen Datenschutz angesehen wird, zeigt auch eine Einladung aus Europa. Der Apple-Chef wird Ende Oktober an einer wichtigen internationalen Fachtagung die Eröffnungsrede halten. Eingeladen wurde Cook vom EU-Datenschutzbeauftragten.
Wonach die «Vice»-Journalistin Tim Cook im jüngsten Interview nicht gefragt hat, ist der milliardenschwere Suchmaschinen-Deal, mit dem Google exklusiven Zugang zu Nutzerdaten von Apple-Kunden erhält. Man könnte auch sagen: Apple liefert sie dem grossen Konkurrenten auf dem Silbertablett.
Bekanntlich ist Apples Webbrowser Safari auf allen iPhones, iPads und iPods vorinstalliert und für die Websuche ist standardmässig Google eingestellt (Wie auch auf dem Mac, aber da hat Safari einen schwereren Stand gegen die Browser-Konkurrenz und wird im Vergleich weit seltener verwendet ).
Für die bevorzugte Platzierung als Standard-Suchmaschine auf Apple-Geräten wird Google gemäss einer inoffiziellen Schätzung dieses Jahr bis zu 9 Milliarden Dollar hinblättern.
Damit würde der Deal dem iPhone-Hersteller mehr einbringen als das Vermieten von Online-Speicherplatz (iCloud) und der Streaming-Dienst Apple Music. Wobei auch schon letztes Jahr viel Geld Richtung Cupertino geflossen sein soll: Angeblich reichte Google da 3 Milliarden an Apple weiter.
Aus Googles Sicht sei ein Exklusiv-Vertrag mit Apple durchaus sinnvoll, kommentiert «Macwelt» weiter:
Die beiden Unternehmen äussern sich nicht zum Deal. Der Betrag wird nicht kommuniziert, sondern geschickt in den Bilanzen versteckt. Er hängt sicher von der Zahl der Suchanfragen ab, und es könnte natürlich auch Gegengeschäfte geben.
iPhone-User, die nicht mit Google im Web suchen wollen, müssen dies manuell ändern. Die Standard-Suchmaschine legt man in den Safari-Einstellungen fest. Doch wer tut das?
«Macwelt» wendet ein, dass Google als voreingestellte Suche wohl von rund 90 Prozent der User verwendet werde:
Dass viele Leute aus reiner Bequemlichkeit Gewohnheit weiterhin mit Google suchen, ist das eine. Ziemlich scheinheilig wirkt es allerdings, wenn sich Apple vom Geschäftsmodell eines Datenkraken distanziert und gleichzeitig davon profitiert.
Das Verhalten verwundert umso mehr, als dass sich die Kalifornier – abgesehen vom Google-Deal – bezüglich Datenschutz von der Konkurrenz abheben, wie «Macwelt» feststellt:
Dies attestieren unabhängige Experten.
Sicher ist: Der Google-Deal passt nicht zu den Anstrengungen, die Apple als Innovationsführer unternimmt. Sei dies durch die Umsetzung von Differential Privacy und die konsequente Verarbeitung von sensitiven Informationen auf den Geräten selbst, oder sei es durch technische Innovationen wie die automatische Gesichtserkennung Face ID, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Mein Fazit: Nun gilt es für Tim Cook, das Geschäftsgebaren konsequent der PR-Kernbotschaft anzupassen: Das Unternehmen verkauft grossartige Produkte, aber keine Nutzerdaten.
Ich bezeichne Google als «schlimmsten Datenkraken», also als noch schlimmer als Facebook. Gemeint ist damit der grössere Einflussbereich von Google, respektive den des Mutterkonzerns Alphabet: Facebook kann man sich entziehen, durch Beenden der Mitgliedschaften, Löschen der Apps, Anti-Tracking-Tools und konsequente Nichtnutzung. Wobei damit natürlich auch Instagram und WhatsApp gemeint sind ...
Bei Google wird das Entziehen immer schwieriger, weil das Unternehmen mit Android geschickt in alle Lebensbereiche vordringt und sich im Alltag breit macht. Durch seine benutzerfreundlichen Gratis-Dienste wie Gmail, Google Maps, YouTube oder Google Docs schafft der mächtigste Internet-Konzern der Welt immer neue Abhängigkeiten.
Die krasse Vormachtstellung zeigt sich bei der Suchmaschine und Googeln als Synonym für Web-Suche. Und dank des Suchmaschinen-Deals mit iPhone-Hersteller Apple kann Google nahezu 100 Prozent der weltweiten Smartphone-User zu Werbezwecken «ausspionieren», mit deren Einverständnis.