In einem Webshop des Kantons Zürichs klaffte während rund drei Wochen ein Datenleck: «Ja, es gab ein kleines Datenleck, welches unmittelbar nach Bekanntwerden behoben wurde», sagt Urs Philipp, Abteilungsleiter beim Amt für Landschaft und Natur. Betroffen war der Webshop der Fischerei- & Jagdverwaltung, der – nomen est omen – von Jägern und Fischern genutzt wird.
Die Lücke wurde am Dienstag von einem Nutzer gemeldet und ist inzwischen geschlossen. «Das Problem wurde am 1. Mai erstmals entdeckt. Es sind insgesamt 23 betroffene Nutzer des rapportierten Falles vom 1. Mai bekannt», sagt Philipp. Es sei «eher unwahrscheinlich, aber zumindest theoretisch denkbar, dass noch einige Nutzer mehr betroffen sein könnten». Die Betroffenen wurden bislang nicht informiert, auch auf der Webseite findet sich kein Hinweis zur Datenpanne.
Bei der Fischerei- & Jagdverwaltung kann man derzeit nicht gänzlich ausschliessen, dass die Lücke zuvor nicht schon von anderen entdeckt und ausgenutzt wurde. Potenziell hätte es weit mehr als 23 Nutzer treffen können, da alle Fischer und Jäger im Kanton über diesen Webshop ein Fischereipatent oder einen Jagdpass beziehen können.
Wer im Kanton Zürich fischen will, braucht für die meisten Seen und Flüsse ein Patent. Hobby-Fischer können diese Fangerlaubnis im Webshop der Fischerei- & Jagdverwaltung bestellen. Genau dies wollte am 1. Mai auch Hobby-Fischer Ric Daniel tun. Er meldete sich wie gewohnt im Webshop an und staunte nicht schlecht: Statt auf das eigene Profil hatte er Zugriff auf die aktuellen Bestellungen der Jäger und Fischer, die den Webshop nutzen.
«Ich wollte ein Patent online kaufen und konnte Namen, Rechnungsstatus usw. der anderen Shop-Nutzer einsehen», sagt Daniel. Wegen eines Software-Fehlers im Webshop hatte er Zugriff auf die Fischerei- und Jagdverwaltungssoftware, wie der folgende Screenshot zeigt. Die hier zu sehenden Patent-Bestellungen (die Namen wurden von uns geschwärzt) sollten eigentlich nur Angestellte des Kantons mit den entsprechenden Rechten einsehen können.
Er habe kein Passwort geknackt oder irgendetwas gehackt, betont Daniel im Gespräch mit watson. Ein paar Mausklicks hätten gereicht, um in den Administratoren-Modus des Webshops zu gelangen. So waren plötzlich Kundennamen, Bestelldatum, das bestellte Produkt sowie der Rechnungsstatus einsehbar.
Urs Philipp von der Fischerei- & Jagdverwaltung sagt, dass weitere Nutzerdaten wie Geburtsdatum, Postadresse, E-Mail-Adresse, Telefonnummern etc. nicht einsehbar gewesen seien. «Es war nicht möglich irgendwelche weiteren Daten zu sehen, zu verändern oder zu speichern», sagt Philipp.
Daniel vermutet hingegen, dass er noch weit mehr Daten hätte aufrufen können: Etwa Heimatort, Nationalität und weitere Daten, welche die Nutzer bei der Registration angeben müssen. Zum Beispiel der Name der Versicherung, den die Jäger bei der Erstellung des Nutzer-Kontos angeben müssen.
Ausprobiert habe er es nicht, zumal dies auch illegal wäre. Auf seinem Screenshot des Webshops ist zumindest zu sehen, dass ihm nebst dem Webseiten-Reiter «Auftrag» – also die aktuellen Bestellungen – auch die Bereiche «Person», «Revier» und «Dokument» angezeigt wurden.
Wegen eines Fehlers im Webshop konnte man als normaler Nutzer in den Administrator-Modus gelangen. «Gemäss unseren Recherchen hat das Problem seit dem letzten Software-Release bestanden, also seit zirka drei Wochen», sagt Philipp. Der Webshop wurde von einer externen Firma entwickelt.
Die Fischerei- & Jagdverwaltung erklärt die Datenlücke wie folgt:
«Ein Betreiber eines Angler-Shops wäre vermutlich äusserst interessiert an diesem Datenschatz», sagt Daniel. Er habe die Nutzerdaten selbstverständlich nicht geklaut, sondern das Datenleck der Fischerei- & Jagdverwaltung gemeldet.
Beim Kanton hat man umgehend reagiert. Ein Test am Mittwoch zeigte, dass die Lücke im Webshop inzwischen geschlossen ist. Zumindest diese Lücke, denn bei unseren Tests traten gleich zwei Mal «unerwarteter Fehler» auf. Der Webshop spukte Zeilenweise Fehlercode aus.
Richtig vertrauenserweckend ist dies nicht. Auch der Umstand, dass man es beim Amt für Landschaft und Natur nicht als notwendig erachtet, die Jäger und Fischer über das Datenleck zu informieren, auch wenn vielleicht gar keine Daten abgeflossen sind, ist ebenfalls wenig vertrauenserweckend.
Die Vermutung liegt nahe, dass man in der aktuellen Diskussion um die Einführung des E-Votings in der Schweiz eine gravierende Schwachstelle im Webshop des Kantons Zürich nicht an die grosse Glocke hängen will.
Er habe auch die Nutzer eines Fischerforums auf Facebook über die Datenpanne informiert, sagt Daniel. Ein ihm nicht bekannter Nutzer habe sich zuerst amüsiert gezeigt. «Als ich ihm sagte, welches Patent er für welches Gewässer wann gekauft hat, fand er die Sache nicht mehr ganz so witzig.