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Schweizer Netflix-Nutzer laufen gegen die Swisscom Sturm. Nimmt man nur schon die Rückmeldungen der watson-Leser und die Rückmeldungen im Internet, muss man von einem Shitstorm sprechen. Dabei protestieren auch bekannte Namen wie der Kabarettist Victor Giacobbo oder der Unternehmer Peter Schulz (Joiz).
.@Swisscom_Care Gedenkt ihr, endlich das Netflix-Problem zu lösen - oder soll man zur Konkurrenz wechseln? @NetflixDE @Swisscom_de
— Viktor Giacobbo (@viktorgiacobbo) 20. März 2016
@Swisscom_Care - die aktuelle Behinderung beim Zugriff auf Netflix ist untragbar. Wann ändert Ihr das? @NetflixDE @Swisscom_de
— Peter Schulz (@pschulzch) 21. März 2016
Andere Netflix-Nutzer nehmen es mit Galgenhumor:
Wenn du deiner Tochter (3) Begriffe wie Peering oder Eyeball-Provider erklären musst, weil Peppa Pig nicht läuft 🙈 #swisscom #netflix
— Philipp Zeder (@zedpelin) 21. März 2016
Ein Ärgernis für viele Betroffene ist die Kommunikation, respektive die Nicht-Kommunikation des Online-Kundendienstes.
Wobei es wie in jedem Konflikt (mindestens) zwei Seiten gibt:
Und der Fairness halber ist anzumerken, dass der Swisscom-Kundendienst via Twitter mit der folgenden Standard-Antwort reagiert:
@koerte 1/2 Swisscom setzt alles daran schnellstmöglich eine Lösung zu finden und hat den direkten Kontakt zu Netflix erneut intensiviert.
— Swisscom_Care (@Swisscom_Care) 21. März 2016
Die öfters gehörte Vermutung, die Swisscom drossle bewusst das Tempo, um Netflix gegenüber dem eigenen Streaming-Dienst zu benachteiligen, weist das Unternehmen via Twitter zurück.
@koerte 2/2 Wir legen grossen Wert auf ein offenes Internet und benachteiligen dementsprechend keinen Anbieter.
— Swisscom_Care (@Swisscom_Care) 21. März 2016
Armin Schädeli von der Swisscom-Medienstelle hat am Montag auf unsere schriftliche Anfrage wie folgt (schriftlich) Stellung genommen:
Wie schlimm beurteilt die Swisscom die aktuellen Empfangsprobleme?
Armin Schädeli: Wir analysieren die Situation laufend und haben bereits am Wochenende festgestellt, dass Netflix die Transitkapazitäten massiv reduziert hat. Dies offenbar bereits seit dem 17. März 2016. Damit nimmt Netflix Qualitätseinbussen bei der Nutzung ihrer Dienste in Kauf. Netflix steht in der Pflicht, genügend Transitkapazitäten zur Verfügung zu stellen.
Was unternimmt die Swisscom um den Netflix-Empfang zu gewährleisten bzw. zu verbessern?
Wir sind mit Netflix im Gespräch.
Schon seit Monaten beklagen sich Swisscom-Kunden über schlechte Bildqualität des Streams. Wo sehen Sie die Gründe?
Nach dem Markteintritt im September 2014 hat Netflix den Datenverkehr vorwiegend über die Deutsche Telekom zu Swisscom geroutet. Im Laufe des Augusts 2015 hat Netflix begonnen, den Datenverkehr auf den Ports bei der Deutschen Telekom zu reduzieren bis diese Ende August ganz leer waren und Netflix den Vertrag mit der Deutschen Telekom gekündigt hat. Der Datenverkehr führte fortan über den Transitanbieter Level 3 und andere Anbieter – darunter auch ein Anbieter, der für überbuchte Kapazitäten bekannt ist. Netflix entscheidet selbst, über welche Transitnetze sie ihren Datenverkehr verbreiten. Swisscom hat keinen Einfluss darauf.
Laut Medienberichten würde eine direkte Verbindung (sogenanntes «Peering») zwischen den Rechnern von Swisscom und Netflix die Situation massiv verbessern. Warum wird dies nicht getan?
Netflix und Swisscom haben Verhandlungen geführt, die aufgrund kommerzieller Differenzen jedoch zu keinem Ergebnis geführt haben. Wir möchten aber betonen, dass eine direkte Anbindung keine Voraussetzung für eine gute Performance ist. Über Transit lassen sich vergleichbare Werte erzielen, was in der Vergangenheit bestätigt wurde.
Als der Netflix-Datenverkehr via Deutsche Telekom in das Swisscom-Netz führte, war die Performance ausgezeichnet. Vergleichen Sie das Statement von Netflix-Chef Reed Hastings in der Basler Zeitung vom 8. Mai 2015 (und hier bei Tages-Anzeiger online). Zitat: «In der Schweiz ist es sehr praktisch für uns. Wir haben Kontakt mit den Providern, niemand drosselt uns. Wir profitieren hier von einigen der schnellsten Internet-Verbindungen, die wir weltweit angetroffen haben.»
Die Parteien müssen jedoch ihren Verpflichtungen bei der Auswahl der Transitanbieter und der eingekauften Transitkapazitäten nachkommen. Swisscom erfüllt ihren Teil.
Natürlich haben wir Netflix die Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben. Insbesondere interessiert uns, was der TV-Streaming-Marktführer zu den Vorwürfen von Swisscom sagt.
Die Antwort steht aus und wird an dieser Stelle nachgeliefert.
Update: Die für den deutschsprachige Raum zuständige Presseagentur von Netflix hat uns am 24. März das folgende Statement geschickt: «Swisscom und Netflix haben zusammen gearbeitet und eine technische Lösung umgesetzt, die Swisscom-Kunden ein besseres Netflix-Erlebnis bieten wird als je zuvor.» Hier gehts zur Story, in der es um die Einigung der beiden Unternehmen geht.
Gegenüber dem Konsumentenmagazin von Radio SRF 1 «Espresso» soll ein Mitarbeiter des Netflix-Kundendienstes gesagt haben, es gebe Indizien dafür, dass irgendwo eine Drosselung der Leistung stattfinde. Dies berichtete SRF Online am Montagnachmittag.
Der Schwarze Peter wird hin und her geschoben, so viel steht fest. Es geht um die Frage, ob und wie sich Netflix, das gewaltige Datenmengen über die diversen Internet-Leitungen bis zu den Abonnenten «ausliefert», an den Infrastruktur-Kosten der Netzbetreiber beteiligen soll.
Während die Swisscom noch hinter den Kulissen mit Netflix verhandelt, ist die Schweizer Konkurrentin UPC (Cablecom) einen wichtigen Schritt weiter. Die Verbindung zwischen Netflix und der UPC-Muttergesellschaft Liberty Global in Amsterdam sei verbessert worden, berichtete Ende Februar die «Schweiz am Sonntag». «Damit ist immerhin für Kunden des Kabelnetzriesen der Filmgenuss über den US-Streamingdienst wieder intakt.»
Blieb die Frage, ob nach solchen Einigungen Geld fliesst? In einem aktuellen, lesenswerten Blog-Beitrag mit dem Titel «Das Netflix-Paradoxon bei Swisscom» wird genau dies vermutet:
Der Vermutung, dass Netflix Schweizer Internet-Provider für den schnellen Datentransport bezahle, sei falsch. Dies sagt ein bekannter Branchenvertreter, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Fredy Künzler ist CEO des 16-jährigen Highspeed-Internet-Providers Init7.
Die Vermutung, dass #Netflix für #Peering an #UPC zahlt, ist nicht zutreffend. Habe ich aus erster Hand. https://t.co/dcDQPOwRV9 @telekuh
— Fredy Kuenzler (@kuenzler) 21. März 2016
Man muss erwähnen, dass Init7 und die Swisscom seit Jahren in einen Rechtsstreit verwickelt sind. Dabei geht es um die Netzneutralität, respektive um die Frage, was die Swisscom für den Transport fremder Daten über das eigene Netzwerk verlangen darf.
Die «NZZ am Sonntag» berichtete letzten Frühling über den «Machtkampf um den Verkehr im Internet». Die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) prüfe, ob grosse Internet-Provider wie Swisscom oder UPC Cablecom ihre Datenleitungen zu Inhalte-Anbietern bewusst ausbremsen. «So könnten sie etwa Zattoo, Youtube oder Netflix diskriminieren und ihre eigenen TV-Angebote bevorteilen.»
Was Netflix betrifft, argumentiert Künzler, die Swisscom stelle sich grundsätzlich auf den gleichen Standpunkt wie ursprünglich UPC Cablecom. Nämlich, dass der Streaming-Anbieter für die sogenannte «direkte Interkonnektion» bezahlen solle. Doch: «Netflix wird Swisscom niemals zahlen.» Davon sei er seit einem kürzlichen Kontakt mit einem (nicht namentlich genannten) Netflix-Manager überzeugt.
Dies bedeute, dass die Swisscom entweder weiterhin schlechte Publicity in Kauf nehmen müsse, oder Netflix seine Inhalte direkt ausliefern könne und zwar kostenfrei (sogenanntes «Zero-Settlement»).
Laut Künzler könnte dies Auswirkungen auf das Verfahren haben, das sein Unternehmen Init7 seit 2012 gegen die Swisscom führe. Vereinfacht gesagt: Wenn die Swisscom bei Netflix nicht für den Datentransport kassieren kann, soll sie dies auch bei anderen nicht tun.
Das vorsorgliche Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht habe sein Unternehmen 2013 letztinstanzlich gewonnen, erinnert Künzler, doch sei das Hauptverfahren immer noch beim Regulator hängig.
Sein Fazit: Die Swisscom werde das Thema «Netflix-Performance» nicht länger ignorieren
können, sondern überlegen müssen, was das kleinere Übel sei: «der Kundenverlust Richtung anderer Provider oder das verlorene Argumentarium im Verfahren gegen
Init7».