Welches Tech-Unternehmen hat 2021 enttäuscht? Welche Hard- oder Software war ein Schlag ins Wasser?
Bevor wir zu den schlimmsten Tech-Fails kommen, ist an dieser Stelle zu betonen, dass es sich (wie bei jedem Jahresrückblick) um eine persönliche Einschätzung handelt. Widerspruch ist willkommen, ja sogar erwünscht.
Der Niedergang hatte sich schon länger abgezeichnet, dann ging es im April mit der Smartphone-Sparte des südkoreanischen Unternehmens offiziell und endgültig zu Ende.
Ein Kommentator meinte, LG sei eines der wenigen Unternehmen (jenseits von Apple und Co.) gewesen, die bereit waren, Jahr für Jahr neue Ideen auszuprobieren, auch wenn einige die meisten dieser Ideen nicht erfolgreich waren. Dem schliesse ich mich als langjähriger iPhone-User an.
Am 6. Januar 2021 drang ein von Donald Trump aufgepeitschter Mob in das Kapitol in Washington D.C. ein.
Die öffentliche Rede des damals noch amtierenden, aber bereits abgewählten US-Präsidenten war nicht der einzige Auslöser für die gewalttätigen Auseinandersetzungen. Eine Mitschuld am Tod von fünf Menschen müssen die grossen amerikanischen Social-Media-Plattformen tragen.
Der Sturm aufs Kapitol war der Auftakt zu einem (erneut) von Skandalen geprägten Jahr für den Facebook-Konzern. Und angesichts der durch die Whistleblowerin Frances Haugen ausgelösten Enthüllungen half ein neuer Name (der im Oktober vom Konzernchef persönlich lanciert wurde) wenig.
Ein Kommentator bezeichnete es als Versuch, sich durch eine unbeholfene, falsch aussehende Second-Life-Imitation in ein «Metaversum-Unternehmen» umzubenennen.
Bleiben wir bei den harten Fakten: Die Gesundheit und das Wohlbefinden von Milliarden Nutzerinnen und Nutzern – ob jugendlich oder erwachsen – sind nebensächlich. Mark Zuckerberg geht für Profit und Wirtschaftswachstum über Leichen und es ist an der Politik, ihm Grenzen zu setzen.
In der Nacht vom 8. auf den 9. Juli 2021 kam es in der Schweiz wegen einer technischen Panne der Swisscom zu einem Ausfall der Notrufdienste. Später stellte sich heraus, dass ein Software-Update einen Dominoeffekt ausgelöst hatte.
Ein hochrangiger Swisscom-Manager wies in einem Interview auf die Komplexität des Schweizer Notruf-Systems hin. Die Swisscom arbeite wegen des Föderalismus mit Dutzenden verschiedenen Alarmzentralen im ganzen Land zusammen. Zudem gebe es keine Gesamtaufsicht durch den Staat.
2022 wird sich zeigen, ob die Verantwortlichen aus vorangegangenen Pannen die richtigen Schlüsse gezogen haben.
Ransomware-Attacken haben 2021 massiv zugenommen. Ja, man könnte sagen, es war das Jahr der Verschlüsselungs-Trojaner. Wobei sich die unbekannten Täter, die aus den Tiefen des Internets agieren, immer stärker spezialisieren.
Um aktuelle und zukünftige Opfer einzuschüchtern und zum Bezahlen des geforderten Lösegeldes zu bringen, nehmen die Kriminellen schwere Kollateralschäden in Kauf. Dies zeigte sich im Mai beim Angriff auf eine «kritische Infrastruktur» in den USA: die Colonial Pipeline. Die Erdöl-Transporteure mussten vorübergehend den Betrieb einstellen, weil Teile ihres Computersystems verschlüsselt worden waren.
Im August illustrierte dann ein von watson publik gemachter Hackerangriff auf die Westschweizer Gemeinde Rolle VD, dass auch kleine Organisationen durch Leaks gefährdet sind und sich nicht in falscher Sicherheit wiegen dürfen.
Das grosse Problem (aus Sicht besorgter Fachleute) sind die öffentlichen Telegram-Gruppen, in denen tausende, ja zehntausende User relativ unkontrolliert ihren Hass gegen den Staat und seine demokratischen Strukturen ausleben.
Hetze und Desinformation tragen zur Radikalisierung ganzer Bevölkerungsgruppen bei und das Problem hat zumindest in Deutschland relativ hohe Priorität erlangt: Wie setzt man in einem vermeintlich rechtsfreien Raum, gegen einen nicht kooperativen Plattformbetreiber, das Gesetz durch?
Gut gemeint ist nicht gut gemacht: Das zeigte sich im August 2021, als Apple neue «Kinderschutz»-Tools ankündigte und damit einen weltweiten Proteststurm auslöste.
Unabhängige Fachleute wie Edward Snowden kritisierten die geplante Suche nach illegalen Inhalten auf den Geräten der User. Mit solchen «On Device»-Scans würde ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen, warnten Journalisten und NGOs. Da half es auch nicht, dass Apple versicherte, es würden nur Bilder gescannt, die in die iCloud hochgeladen werden.
Dann teilte das Unternehmen im September überraschend mit, dass die Lancierung der umstrittenen Kinderschutz-Tools verschoben werde. Dass dies kein Grund zur Entwarnung war, zeigte sich allerdings im Dezember: Die Überwachungs-Technologie für iPhones, iPads und Macs ist nicht vom Tisch.
Diskriminierung am Arbeitsplatz, sexuelle Belästigung und Mobbing: Die Gaming-Branche erlebte im Sommer 2021 ihren nächsten #MeToo-Moment. Gut ein Jahr nachdem das französische Videospiel-Unternehmen Ubisoft wegen Versagens am Pranger gestanden hatte, sah sich Activision Blizzard mit beunruhigenden Enthüllungen konfrontiert.
Mitarbeitende und Aktionäre forderten den Rücktritt des Geschäftsführers Bobby Kotick, und auch Microsoft, Sony und Nintendo verurteilten das Verhalten der Topmanager. Dazu meinte ein Kommentator: «Wenn es gelingt, die drei grossen Konsolenhersteller, die sich über nichts einig sind, gegen sich zu vereinen, ist etwas wirklich falsch gelaufen.»
Anzumerken bleibt, dass auch Sony-Playstation von einer Klage einer ehemaligen Mitarbeiterin betroffen ist. Die Gaming-Branche, die lange Zeit von Männern dominiert wurde, steht unter verstärkter Beobachtung, was zu begrüssen ist.
Ob neue Spielkonsole oder Grafikkarte für den PC: Die weltweite Nachfrage nach Computerchips überstieg im zweiten Corona-Jahr das Angebot massiv. Die Halbleiter-Branche in Asien kam mit der Produktion nicht mehr nach, was nicht zuletzt auch unseren Peter Blunschi verärgerte.
Interessantes Detail: Verschlimmert wurde die Halbleiter-Krise nicht nur durch die Corona-Pandemie, Naturkatastrophen und den US-Handelskrieg gegen China. Es kam auch noch Pech hinzu – in Gestalt einer speziellen Isolierfolie.
Beim Bund wird man nicht müde zu betonen, die im Sommer lancierten Covid-Zertifikate seien fälschungssicher. Damit wird geschickt von der «Blackbox»-Problematik abgelenkt.
Das vom Bundesamt für Informatik entwickelte, datenschutzkonforme IT-System funktioniert bestens und ermöglicht das rasche Ausstellen von Zertifikaten in den Kantonen. Doch kann man auch in krimineller Absicht darauf zugreifen und echt wirkende Zertifikate generieren. Zahlreiche Missbrauchsfälle in diversen Kantonen lassen eine grosse Dunkelziffer befürchten und schmälern das Vertrauen.
Das zuständige Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Kantone lassen sich bezüglich der Kontrollen nicht in die Karten blicken und auch die Justiz informiert sehr zurückhaltend.
Dabei täten die Verantwortlichen gut daran, Transparenz zu schaffen und die Öffentlichkeit proaktiv zu informieren. «Security through obscurity» (also Sicherheit durch Unklarheit, wie Wikipedia weiss) war noch nie eine gute Idee.
Was ist dein ganz persönlicher Tech-Fail des Jahres 2021? Schreib uns via Kommentarfunktion.
Entschuldigung, das ist kein Tech Fail. Das ist ein SwissCovidFail.
Technik ist top, die Menschen sind Flopp.
Okay, nicht wirklich ein Tech-Fail, eher ein Marketing- und EBIT-Trick.
Ein trauriger Tech-Fail: die Taliban mit dem ganzen zurückgelassen Hightech-Material der US-Army und NATO-Konsorten...😬