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Tod von Papst Franziskus: Eine Frau als Nachfolgerin ist undenkbar

Päpstin Johanna, Film (1972) mit Liv Ullmann
Liv Ullmann als Päpstin Johanna in der britischen Verfilmung von 1972.bild: pd
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Eigentlich wäre es Zeit für eine Päpstin

Die katholische Kirche ist eine der letzten Bastionen männlicher Vorherrschaft. Daran dürfte sich nach dem Tod von Papst Franziskus nichts ändern. Vielmehr droht ein neuer Backlash.
22.04.2025, 13:5122.04.2025, 14:39
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Eine Frau auf dem Stuhl Petri? Es wäre keine Premiere, wenn man einer uralten Legende glauben will. Demnach soll es im 9. Jahrhundert eine Päpstin Johanna gegeben haben, die mit einer falschen Identität ins höchste Kirchenamt gewählt wurde. Entlarvt wurde sie, als sie während einer Prozession in Rom kollabierte und ein Kind zur Welt brachte.

Der Mythos um die Frau auf dem Papstthron blühte vor allem im Mittelalter. Historiker sind überzeugt, dass sie nie existiert hat. So tauchten die ersten Berichte im 13. Jahrhundert auf und damit reichlich spät für einen derart skandalösen Vorfall. Dennoch vermag die Geschichte der angeblichen Päpstin Johanna bis heute zu faszinieren.

Das Leben von Papst Franziskus

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Das Leben von Papst Franziskus
12 Jahre, 1 Monat, 8 Tage war Papst Franziskus das Oberhaupt der katholischen Kirche. Am 21. April 2025, einen Tag nach Ostersonntag, verstarb der Argentinier im Alter von 88 Jahren.
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Eine Verfilmung mit Star-Besetzung stammt von 1972. Die Hauptrolle spielt Liv Ullmann, die Muse des schwedischen Regie-Grossmeisters Ingmar Bergman. Ein weiterer Film entstand 2009 in Deutschland, mit Johanna Wokalek. Er basiert auf dem Roman «Pope Joan» der Amerikanerin Donna Cross, einem weltweiten Bestseller in den 1990er-Jahren.

Nur für männliche Katholiken

Das erstaunt nicht, denn die Vorstellung einer Päpstin ist zu gut, um ignoriert zu werden. Und gleichzeitig zu schön, um wahr zu sein. Faktisch ist das Papsttum seit seiner «Erfindung» vor bald 2000 Jahren reine Männersache. Und daran wird sich auch nach dem Tod von Papst Franziskus am Ostermontag nichts ändern. Das zeigen schon die Kriterien.

Theoretisch kann jeder über 35-jährige Katholik, der männlich und ledig ist, Papst werden. Die Betonung liegt dabei auf «männlich». Faktisch aber führt der Weg zum Pontifikat über das Priesteramt und letztlich die Kardinalswürde. Es wäre eine unglaubliche Sensation, wenn das Konklave den neuen Papst nicht aus den eigenen Reihen wählen würde.

Eine schillernde Figur

Frauen haben dort nichts zu suchen. Eigentlich ist es ein unerträglicher Anachronismus. In den letzten Jahrzehnten haben die Frauen zahlreiche Bastionen der Männlichkeit erobert. Selbst in islamischen Ländern wie Pakistan oder der Türkei gab es eine Regierungschefin. Die römisch-katholische Kirche aber verweigert sich stur jeder Gleichberechtigung.

Bislang hat jeder Papst die Aufnahme von Frauen ins Priesteramt ausgeschlossen. Franziskus machte dabei keine Ausnahme. Der Argentinier war eine schillernde Figur. Er verabscheute den Prunk und Pomp des Papsttums, den sein deutscher Vorgänger Benedikt XVI. zelebriert hatte, und fühlte sich zu den Armen und Randständigen hingezogen.

Keine Öffnung gegenüber Frauen

Damit sorgte er im macht- und standesbewussten Klerus genauso für Verdruss wie mit seinen zaghaften Reformversuchen. Er äusserte Mitgefühl mit den Opfern von sexuellem Missbrauch durch Geistliche, erlaubte aber nur eine halbherzige Aufklärung. Er hatte Sympathien für Homosexuelle, doch kirchlich heiraten dürften sie nicht.

Die Frage, ob Jorge Mario Bergoglio gerne mehr getan hätte und an innerkirchlichen Widerständen scheiterte oder ob er zu konservativ für mutige Reformen war, wird in den Nachrufen breit diskutiert. Vermutlich spielte wie so oft beides eine Rolle. In der Frage der Frauen allerdings gibt es keinerlei Anzeichen, dass er zu einer Öffnung bereit war.

Wenig Hoffnung auf Änderung

Den Zopf des Zölibats, eine wesentliche Ursache der Missbrauchsfälle, wollte Franziskus nicht abschneiden, und gar nichts wissen wollte er von der Frauenordination. Zumindest gibt es keine belastbaren Hinweise auf eine gegenteilige Überzeugung. Eine Frau im Priesteramt oder gar auf dem Papstthron war jenseits seiner Vorstellungskraft.

US Jane Via, Swiss Monika Wyss, and German Regina Nicolosi, kneeling from right, are being ordained by self-proclaimed female Roman Catholic bishops German Ida Raming, German Gisela Forster and US Pat ...
2006 liessen sich drei Frauen auf einem Bodenseeschiff zur Priesterin weihen. Es blieb ein rein symbolischer Akt, den die Kirche nicht anerkannte.Bild: KEYSTONE

Und nichts deutet darauf hin, dass sich nach seinem Tod etwas ändern wird. Im Gegenteil ist eher zu befürchten, dass der neue Papst in vielen Fragen eine rigidere Haltung einnehmen wird, angelehnt an Franziskus’ Vorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Vor allem der polnische Papst hatte mit seinen erzkonservativen Ansichten viele Reformer enttäuscht.

Knallharte Sexualmoral

Und Hoffnung auf Besserung ist nicht angebracht. Die katholische Kirche wächst im Globalen Süden, vor allem in Afrika und Asien. Doch die Kardinäle aus diesen Regionen vertreten häufig eine knallharte Sexualmoral, auch gegenüber Frauen. Aus ihren Reihen hat Papst Franziskus sehr viele ins Kardinalskollegium berufen. Es ist so vielfältig wie nie zuvor.

Trotzdem könnte das Konklave erneut einen Reaktionär zum Papst wählen, der selbst die zaghaften Öffnungsschritte des Argentiniers rückgängig machen wird. Denn Papst Franziskus hat Frauen durchaus gefördert. Er ernannte sogar erstmals eine «Regierungschefin» für die Verwaltung des Vatikanstaats. Die Priesterweihe aber bleibt ihnen versagt.

Eigentlich wäre es höchste Zeit für eine Päpstin. In der Realität aber wird eine solche weiterhin nur als fiktive Figur in Büchern und Filmen existieren. Langfristig droht die katholische Kirche damit zu dem zu werden, was sie in ihren Anfängen war: eine Sekte.

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So trauert die Welt um Papst Franziskus
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So trauert die Welt um Papst Franziskus

Eine Frau hält ein Bild von Papst Franziskus in der Basilika San Jose de Flores in Buenos Aires, Argentinien. Papst Franziskus starb am 21. April 2025 im Alter von 88 Jahren, wie der Vatikan mitteilte.

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Papst Franziskus ist tot – die letzten Auftritte im Video
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180 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ameisenhautkleister
22.04.2025 14:53registriert März 2024
und überhaupt, dieses notorische "eine Frau muss her" Gedöns bei jeder Besetzung einer wichtigen Position ist nicht zielfördernd, und es befeuert Sexismus nur noch mehr.
Sexismus ist überwunden, wenn die Frage nach dem Geschlecht bei der Besetzung von Positionen nicht die geringste Rolle spielt. Das ist keine Einbahnstrasse.
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James R
22.04.2025 14:08registriert Februar 2014
Änderungen in der römisch-katholische Kirche brauchen lange. Sehr lange. Es scheint wahrscheinlich, dass die Religion obsolet wird (zumindest in Westeuropa) bevor sie Frauen als Priesterinnen zulassen.
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Marco;
22.04.2025 14:50registriert Dezember 2023
Ach Herr Blunschi, ich wusste sofort, dass der Artikel von Ihnen sein muss.
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