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Brexit

Mays Brexit-Strategie in einer Brüsseler Bar enthüllt

epa06908039 British Prime Minister’s Europe Adviser Oliver Robbins arrives for talks with members of parliament (MPs) in London, Britain, 24 July 2018. Robbins was scheduled to appear before a select  ...
Chefunterhändler Oliver «Olly» Robbins war ein wenig leichtsinnig.Bild: EPA/EPA

Theresa Mays Brexit-Strategie geleakt – von ihrem Unterhändler in einer Bar 🤔

Theresa May hat das Parlament einmal mehr um Geduld in Sachen Brexit gebeten. Einiges deutet darauf hin, dass die britische Premierministerin einen Entscheid in letzter Minute anstrebt: Mein Deal, oder der EU-Austritt wird verschoben.
13.02.2019, 11:4513.02.2019, 14:36
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Der Plot könnte aus einem billigen Krimi stammen. Und doch soll es sich so zugetragen haben: Olly Robbins, Theresa Mays Chefunterhändler in Sachen Austritt aus der Europäischen Union, soll spätabends in einer Brüsseler Bar die Strategie der Premierministerin für den Brexit-Showdown ausgeplaudert haben. Und ein Reporter des Fernsehsenders ITV belauschte ihn dabei.

So berichtet es die Zeitung «Guardian». Robbins – der höchste in den Brexit-Prozess involvierte britische Beamte – habe demnach angedeutet, May wolle auf Zeit spielen und die Abstimmung im Unterhaus bis Ende März hinauszögern, also bis zur letzten Minute. Denn der Austritt wird am 29. März fällig. Die Abgeordneten sollen die Wahl haben zwischen zwei Optionen.

In this image taken from video, Britain's Prime Minister Theresa May gives a statement about progress on Brexit talks to members of parliament in the the House of Commons, London, Tuesday Feb. 12 ...
Theresa May bat am Dienstag im Unterhaus einmal mehr um Geduld.Bild: AP/House of Commons via PA

Die eine ist der Austrittsvertrag, den May mit der EU ausgehandelt hat und der im ersten Anlauf im Unterhaus deutlich durchgefallen ist. Die zweite ist eine Verschiebung des Brexit, womöglich auf unbestimmte Zeit. Dies müsse man den Abgeordneten «einreden», soll Olly Robbins laut dem ITV-Reporter gesagt haben. Man gehe davon aus, dass Brüssel die Verschiebung akzeptieren werde.

Hardliner im Visier

Die Strategie ziele auf die Brexit-Hardliner in Mays konservativer Partei, schreibt der «Guardian». Sie sträuben sich bislang gegen den EU-Deal wegen des umstrittenen Backstop für die irische Grenze. Gleichzeitig fürchten sie, dass der Brexit scheitern könnte, wenn es zu einer Verzögerung kommt. Deshalb sollen sie ihren Widerstand gegen den Deal aufgeben, so das Kalkül.

Ein Sprecher der britischen Regierung sagte dem «Guardian», man habe nicht vor, «sich zu angeblichen Bemerkungen aus einem privaten Gespräch zu äussern». Nachvollziehbar aber ist das Szenario allemal, denn bei den «Realos» in der konservativen Partei setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass ein No-Deal-Brexit verheerende Folgen für die Wirtschaft haben dürfte.

«Wir wollen die EU mit einem Deal verlassen», bekräftige Handelsminister und Brexit-Befürworter Liam Fox am Montag bei seinem Besuch in Bern. Theresa May sagte am Dienstag im Unterhaus, man dürfe «jetzt nicht die Nerven verlieren». Die Gespräche seien in einer entscheidenden Phase, sie brauche aber noch Zeit und Unterstützung für Änderungen am Brexit-Abkommen.

Video: srf

Als neue Deadline nannte die Regierungschefin den 26. Februar. Die Aussagen von Olly Robbins in der Brüsseler Bar aber deuten darauf hin, dass May die entscheidende Abstimmung erst nach dem EU-Gipfel vom 21. März ansetzen könnte, also kurz vor dem Austrittsdatum. Sie würde das Parlament damit unter maximalen Druck setzen, ihr Abkommen zu genehmigen.

Widerstand im Kabinett

Labour-Chef Jeremy Corbyn warf May am Dienstag vor, sie wolle Zeit schinden in der Hoffnung, «dass die Abgeordneten sich erpressen lassen, für einen zutiefst mangelhaften Deal zu stimmen». Eine Gruppe von Parlamentariern aus allen Parteien plant für die nächste Brexit-Debatte am 27. Februar einen Antrag, der die Regierung verpflichten will, einen vertragslosen Austritt zu verhindern.

Auch im Kabinett soll Theresa Mays Zocker-Strategie auf Widerstand stossen. Ihre Kritiker fürchten, dass jeder zusätzliche Tag Unsicherheit die Risiken für Jobs und Unternehmen in Grossbritannien erhöht. Mehrere Staatssekretäre würden laut dem «Guardian» den Rücktritt erwägen für den Fall, dass die Premierministerin ihr Zeitspiel über Ende Februar hinaus fortsetzen will. (pbl)

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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Firefly
13.02.2019 12:28registriert April 2016
In Wirtschaft und Politik wird scheinbar immer mehr gezockt... volles Risiko and Bang... ausbaden dürfens dann die anderen. Ist das eigentlich die neue Leitkultur? Dann gute Nacht... Good Night and good Luck!
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Magnum
13.02.2019 14:00registriert Februar 2015
Die sture Uneinsichtigkeit von Theresa May und ihre schiere Unaufrichtigkeit - von wegen das Gespräch mit Labour suchen, um eine im Parlament mehrheitsfähige Lösung zu finden. Es läuft auf eine Vogel-friss-oder-stirb-Strategie hinaus. Habe heute gerade den Faltvelo-Hersteller Brompton im Westen von London besucht, und dort lösen die Stichworte Brexit und end of March nur ein grosses Augenrollen aus. Die Wirtschaft braucht Planungssicherheit und kein Hochrisiko-Gamble von karrieregeilen Politikern, die sich gegenseitig das Zahnweh nicht gönnen.
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Platon
13.02.2019 12:48registriert September 2016
Wie kann man nur so lernresistent sein. Die DUP wird die Lösung nicht akzeptieren. Gleichzeitig wird Irland und die EU nichts mehr an der Irlandlösung ändern wollen. Mays Strategie wurde wohl auch in einer Bar ausgearbeitet, im Vollsuff.
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