Eines steht fest: Einem Mann wäre diese Frage in der gleichen Situation niemals gestellt worden.
Kaum war die 37-jährige Jacinda Ardern in ihrem neuen Amt als Chefin der Labour Partei Neuseeland bestätigt, fragte sie ein Moderator, ob sie einmal Kinder wolle. «Ich habe eine Frage und wir diskutieren heute, ob ich diese stellen darf oder nicht», sagte Jesse Mulligan, Moderator der TV-Sendung «The Project» am Dienstagabend. Sie habe keine Probleme damit, reagierte Ardern höflich, die bereits früher geäussert hatte, dass sie sich gut vorstellen könne, eine Familie zu gründen.
Am nächsten Morgen folgte ein weiteres Interview und wieder drehte sich alles um die Kinderfrage. In der «The AM Show» sagte Co-Moderator Mark Richardson: «Ich denke es ist eine legitime Frage für Neuseeland. Sie könnte die nächste Premierministerin von diesem Land werden.» Als Unternehmer müsse man von den Babyplänen von den Frauen, die man einstelle, wissen. Wegen dem Mutterschaftsurlaub, den man gewähren müsse. «So lautet die Frage: Ist es okay, wenn eine Premierministerin während ihrer Amtszeit Mutterschaftsurlaub nimmt?»
This makes me so mad: lets focus on the fantastic new labour leaders policies, not her looks or potential baby planshttps://t.co/Yrgg8t0nK0
— Sarah Wyse (@SarahTheWyse) 2. August 2017
Mit seiner Aussage machte Richardson die neue Leaderin der Oppositionspartei offensichtlich wütend. «Ich habe entschieden, über dieses Thema zu reden – es war meine Entscheidung.» Danach drehte sie ihren Stuhl in Richtung des Moderators, zeigte mit ihrem Zeigefinger auf ihn und sagte: «Es ist total inakzeptabel im Jahr 2017 zu sagen, Frauen müssten an ihrem Arbeitsplatz auf diese Frage antworten. Es ist inakzeptabel.» Sie verteidigte das Recht der neuseeländischen Frauen, ihre Kinderpläne vor ihrem zukünftigen Arbeitgeber geheim zu halten.
Für dieses Statement gab es Applaus von der Co-Moderation Amanda Gilles, die schon während ihr Kollege die Frage formulierte «nein, nein, nein, nein, nein» dazwischen rief: «Es ist die Entscheidung der Frauen, ob sie sich für Kinder entscheiden und es sollte keinen Einfluss darauf haben, ob sie einen Job kriegen.»
@jacindaardern you should totally win this election, become Prime minister, get pregnant and breastfeed in parliament.
— Jennie Scott (@jennie_scotty) 2. August 2017
Auch in der Schweiz gilt: Eine bestehende oder geplante Schwangerschaft gilt als Privatsache und somit ist die Frage bei einem Vorstellungsgespräch nicht zulässig. Wird sie dennoch gestellt, gilt das Notwehrrecht der Lüge. Sprich: Wenn mich mein zukünftiger Arbeitgeber nach meinen Familienplänen befragt, darf eine Frau sagen, dass sie sich voll auf die Arbeit konzentrieren will und Kinder derzeit nicht infrage kommen – auch wenn dies nicht stimmt.
Es gibt aber Ausnahmen: Und zwar dann, wenn sich eine Schwangere um einen Job bewirbt, in dem sie eine körperliche oder gefährliche Tätigkeit ausüben müsste oder wenn sie den Job wegen ihrer Schwangerschaft nicht ausüben kann. Zum Beispiel als Model. In diesen Fällen darf der zukünftige Arbeitgeber fragen, ob man schwanger ist.
Auch in der Schweiz wurde schon diskutiert, ob eine Bundesrätin mit einem Baby zulässig wäre. In einem Interview 2009 mit der Zeitung «Blick» sagte die damalige SVP-Vizepräsidentin Jasmin Hutter: «Ich könnte Bundesrat und Baby nicht miteinander vereinbaren. Weder zeitlich noch mit meinem Gewissen.»
Anderer Ansicht ist Isabelle Moret: Als die Vizepräsidentin der FDP 2009 Bundesrätin werden wollte, sah sie ihre damals dreijährige Tochter nicht als Hindernisgrund. «Wenn ein Mann Vater eines kleinen Kindes ist, fragt auch niemand, ob das mit dem Bundesrat vereinbar wäre», sagte sie damals zum «Blick». «Warum dann bei einer Frau? Das ist absurd.»