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Tucker Carlson und Fox News: SMS zeigen, warum er gefeuert wurde

HOLLYWOOD, FLORIDA - NOVEMBER 17: Tucker Carlson speaks during 2022 FOX Nation Patriot Awards at Hard Rock Live at Seminole Hard Rock Hotel & Casino Hollywood on November 17, 2022 in Hollywood, Fl ...
Tucker Carlson war das Zugpferd von Fox News. Dann kam sein plötzlicher Fall.bild: getty

Warum Tucker Carlson bei Fox News wirklich gefeuert wurde

Der abrupte Rauswurf von Starmoderator Tucker Carlson bei Fox News liess viele Fragen offen. Nun sind Textnachrichten aufgetaucht, die sein verstörendes Weltbild aufzeigen.
04.05.2023, 14:0404.05.2023, 14:56
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Unter den Schreihälsen auf Fox News war Tucker Carlson der Quotenkönig. Fast drei Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten seine Show an Werktagen zur besten Sendezeit. Denn der 53-Jährige lieferte dem Publikum – überwiegend Fans von Donald Trump –, was es hören wollte, also Rassismus und Verschwörungstheorien.

Umso überraschender kam sein Rauswurf am vorletzten Montag, auch für Carlson selbst. Es sei «ein Schock» für ihn gewesen, berichtete die «Washington Post». Noch in seiner letzten Sendung am Freitag zuvor deutete nichts auf ein baldiges Ende hin. Gründe gab Fox News keine an, weshalb gerätselt wurde, warum der Starmoderator gehen musste.

Am Dienstag hat die «New York Times» Textnachrichten veröffentlicht, die eine Erklärung liefern könnten. Sie stammten aus den Unterlagen zum Verleumdungsprozess des Wahlmaschinen-Herstellers Dominion gegen Fox News. Darin wurden die SMS geschwärzt, doch der «New York Times» gelang es, an die Originale zu kommen.

«So kämpfen weisse Männer nicht»

Carlson hatte sie in den Stunden nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 an einen seiner Produzenten versandt. Sie zeigen sein verstörendes Weltbild. So beschreibt er ein Video, in dem Trump-Anhänger ein «Antifa kid» verprügelt hätten. Es waren drei gegen einen, und das sei unehrenhaft: «So kämpfen weisse Männer nicht.»

Nicht die Gewalttat hatte Tucker Carlson empört, sondern das Ungleichgewicht. Dennoch habe er begonnen, die Schläger anzufeuern und zu hoffen, sie würden den Mann «härter treffen, ihn töten», schrieb er weiter. Um sogleich einzuräumen, dass dies «nicht gut» sei: «Ich sollte mich nicht an seinem Leiden erfreuen. Ich sollte deswegen besorgt sein.»

Show oder Überzeugung?

Immer wieder wurde spekuliert, ob Carlson, einst ein durchaus respektierter Journalist, nur eine Show für sein Publikum abzieht, oder ob er sein Gerede vom «grossen Austausch» der weissen Amerikaner gegen «andersfarbige» Migranten wirklich glaubt. In einem anderen SMS aus den Dominion-Akten schrieb er, dass er Donald Trump «leidenschaftlich» hasse.

FILE - Rupert Murdoch introduces Secretary of State Mike Pompeo during the Herman Kahn Award Gala, in New York, Oct. 30, 2018. A voting technology company suing Fox News is arguing that Fox Corp. lead ...
Fox-Besitzer Rupert Murdoch soll sich zunehmend über Carlson geärgert haben.Bild: keystone

Die nun aufgetauchten Nachrichten deuten darauf hin, dass er zunehmend dem weissen Rassismus und Nationalismus verfallen war. Der Vorstand von Fox News bekam sie gemäss «New York Times» kurz vor Prozessbeginn zu sehen. Er sei dermassen schockiert gewesen, dass er eine renommierte Anwaltskanzlei mit Ermittlungen gegen Carlson beauftragte.

Angst vor Aussage vor Gericht

Offenbar war die Fox-Chefetage besorgt, dass der Moderator in den Zeugenstand gerufen werden könnte und seine Ausfälligkeiten ans Licht der Öffentlichkeit kämen. Dazu gehörten auch private SMS, in denen er das Management von Fox vehement kritisiert und eine weibliche Vorgesetzte mit vulgären und sexistischen Bemerkungen bedacht hatte.

Dieses drohende Szenario dürfte dazu beigetragen haben, dass Fox News in letzter Minute mit Dominion einen Vergleich über die happige Summe von 787 Millionen Dollar vereinbarte. Über das definitive Aus für Tucker Carlson soll die Besitzerfamilie am folgenden Wochenende entschieden haben, also Rupert Murdoch und sein Sohn Lachlan.

Murdoch greift zur Axt

Sie hatten ihrem Starmoderator lange die Treue gehalten, trotz dessen Hasstiraden und wiederholten Werbeboykotten. Der wichtigste Werbekunde in seiner Show war am Ende die Firma MyPillow des rechtsextremen Trump-Verehrers Mike Lindell. Dennoch trug Carlson einen beträchtlichen Teil zum finanziellen Erfolg des rechten Nachrichtensenders bei.

Ein ehemaliger hoher Kadermann von Rupert Murdochs News Corp. zeigte sich gegenüber der «Washington Post» überrascht, «dass ausgerechnet Tucker gehen musste». Murdoch wette nicht gegen sich selbst und verliere nicht gerne Geld, und Carlson habe viel davon generiert, «deshalb nehme ich an, dass es eine zutiefst persönliche Entscheidung war».

Angedeutetes Comeback

Der 92-jährige Milliardär habe zunehmend Mühe damit bekundet, wie weit sein Star ins rechtsextreme Lager abgedriftet sei, berichtete die «Washington Post» unter Berufung auf Quellen aus dem Umfeld des Australiers. In einer Sitzung bei Fox News habe sich Murdoch etwa lautstark über Carlsons Hetze gegen die US-Unterstützung für die Ukraine beklagt.

Die rassistischen Textnachrichten waren wohl der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Und zu Tucker Carlsons Rauswurf führte. Der gefallene Superstar der Rechten hat sich seither nur in einem Twitter-Video zu Wort gemeldet, in dem er gegen Politik und Medien in den USA pöbelte. Und vage ein mögliches Comeback andeutete.

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33 Kommentare
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Doppellottotreffer
04.05.2023 15:03registriert September 2021
Oh, der Vorstand von Fox News war schockiert als er vor Prozessbeginn erfahren hatte dass Tucker Carlson "zunehmend dem Rassismus und weissen Nationalismus verfallen war".
Neiaberau, das hätte nun ja wirklich niemand erahnen können!
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Monsterius1
04.05.2023 14:25registriert März 2023
Gut.
Aber er hätte ihn viel früher feuern müssen.
Ich glaube nicht, dass es persönliche moralische Gründe waren. Eher die Angst vor dem Imageschaden und (weiteren) Prozesskosten.
Tönt für mich wie sauber waschen, Image aufpolieren...durch Murdoch.
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insert_brain_here
04.05.2023 15:38registriert Oktober 2019
Ich weiss nicht warum exakt Tucker Carlson gefeuert wurde, vermutlich wird es die Öffentlichkeit nie zweifelsfrei erfahren. Nur eines weiss ich bestimmt: Es war keine Frage derEthik
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