Im Jahr 1433 brach eine chinesische Flotte unter dem berühmten Admiral Zheng He von der ostafrikanischen Küste auf und kehrte nach China zurück. Es war für viele Jahrhunderte der letzte Besuch einer chinesischen Expedition auf dem afrikanischen Kontinent. Zur gleichen Zeit, da die Chinesen sich zurückzogen, stiessen die Portugiesen an der afrikanischen Westküste vor – Vorboten der europäischen Kolonisierung des Schwarzen Kontinents.
Heute, Jahrzehnte nach dem Ende der Kolonialzeit, ist China zurück in Afrika. Die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt ist seit 2009 Afrikas grösster Handelspartner. Das Handelsvolumen stieg bis 2014 nahezu unablässig auf über 200 Milliarden Dollar an. Nach einem Einbruch in den beiden Folgejahren nimmt es seit Anfang 2017 wieder kräftig zu.
Die Chinesen liefern vornehmlich Maschinen und Elektronik und importieren dafür Rohstoffe wie Eisenerz, Kupfer, Mineralien, Kohle und Erdöl. Der Wert der chinesischen Importe von Erz und Mineralien stieg allein von 2000 bis 2009 um das rund Zwanzigfache; von 350 Millionen Dollar auf 7 Milliarden Dollar. Mehr als 40 Prozent davon stammte aus der Demokratischen Republik Kongo.
Mit Blick auf den enormen Rohstoffhunger der chinesischen Wirtschaft wird dem Reich der Mitte gern vorgeworfen, es gehe ihm lediglich um die Ausbeutung der afrikanischen Bodenschätze. Besonders die westliche Welt betrachtet die chinesische Präsenz in Afrika mit Argwohn. Doch Peking importiert nicht nur Rohstoffe, sondern investiert mittlerweile auch in grossem Massstab – vor allen Dingen in Infrastrukturprojekte, aber auch in die verarbeitende Industrie.
Der Bergbau macht nur noch etwa 20 Prozent des chinesischen Engagements in Afrika aus; ungefähr denselben Anteil nimmt die Verarbeitungsindustrie ein. Dienstleistungen – inklusive Infrastrukturprojekte – kommen dagegen auf rund 60 Prozent. Chinesische Firmen bauen nicht weniger als 50 Prozent der auf dem afrikanischen Kontinent international ausgeschriebenen Projekte.
Die internationale Beratungsfirma Ernst & Young in London schätzt, dass die Volksrepublik seit 2005 mehr als 66 Milliarden Dollar in Afrika investiert und so über 130'000 Jobs geschaffen hat. Nach Angaben der UNO sind allein 2016 mehr als 36 Milliarden Dollar an Direktinvestitionen von China nach Afrika geflossen – mehr als aus der EU oder den USA. Das macht Peking zum grössten Investor in Afrika. Dabei hatten die chinesischen Kredite bis 2015 nie die Grenze von 17 Milliarden US-Dollar überschritten.
Im Gegensatz zu den westlichen Staaten verfolgen die Chinesen bei ihrem Engagement in Afrika eine Politik der «Nicht-Einmischung in innere Angelegenheiten». Das heisst, dass Peking die Vergabe von Krediten nicht an Bedingungen wie Einhaltung von Menschenrechten, «good governance» oder Entwicklung der Demokratie knüpft.
Zugleich bemüht sich die Volksrepublik, parallele Finanzierungs-Institutionen neben Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank zu etablieren. Und im Rahmen dieser «Süd-Süd-Kooperation» unterstützt das ehemalige Entwicklungsland China die afrikanischen Staaten in internationalen Organisationen.
Neben dem chinesischen Staat und seinen riesigen Betrieben suchen allerdings auch zunehmend private Unternehmer aus dem Reich der Mitte ihr Glück in Afrika. Gemäss Schätzungen der Unternehmensberater-Firma McKinsey dürften es mittlerweile gegen 10'000 sein. Im Schlepptau der Firmen ist auch eine grosse Zahl von Arbeitern aus China nach Afrika gezogen. Insgesamt leben heute schätzungsweise mehr als eine Million Chinesen auf dem Schwarzen Kontinent.
Ihr Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung ist nicht unproblematisch. Viele – vornehmlich jene, die nur für eine bestimmte Zeit nach Afrika gekommen sind – empfinden den Kontinent als fremd. Entsprechend findet in vielen Fällen kaum eine sprachliche und kulturelle Anpassung statt. Viele Chinesen suchen zudem Anschluss an Landsleute, die aus derselben chinesischen Region stammen.
Dafür ist das chinesisch-afrikanische Verhältnis unbelastet von einer kolonialen Vergangenheit. Freilich ist China längst kein Entwicklungsland mehr, und es gibt in Afrika auch Stimmen wie jene des damaligen nigerianischen Notenbankchefs Lamido Sanusi, der China 2013 vorwarf, es spiele auf dem afrikanischen Kontinent heute die Rolle des Kolonialisten.
Gleichwohl ist das chinesische Image in Afrika nicht schlecht. 2016 bezeichneten 24 Prozent der Befragten in einer Umfrage in 36 afrikanischen Staaten das Reich der Mitte als Modell für die nationale Entwicklung ihres jeweiligen Landes. Nur die USA schnitten mit 30 Prozent besser ab, während die ehemaligen Kolonialmächte mit 13 Prozent und Südafrika mit 11 Prozent das Nachsehen hatten.
In drei von fünf afrikanischen Regionen lag China sogar vor den USA. Insgesamt sagten 63 Prozent der Befragten, China übe einen «einigermassen» oder «sehr» positiven Einfluss auf ihr Land aus.