Schweiz
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SVP auf dem Vormarsch: Rotgrün setzt auf Referenden

Martina Bircher, SVP, (links) und Andreas Glarner, SVP, freuen sich ueber die Wahl in den Aargauer Regierungsrat, fotografiert am Sonntag, 20. Oktober 2024 in Aarau. (KEYSTONE/Christian Beutler)
Doppelte Freude am Sonntag bei der Aargauer SVP: Martina Bircher verteidigte den zweiten Sitz im Regierungsrat, Präsident Andreas Glarner konnte fünf Sitzgewinne im Grossen Rat verbuchen.Bild: keystone
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Rechtsrutsch in den Kantonen: Rotgrün will mit Referenden kontern

Ein Jahr nach den nationalen Wahlen zeigt sich: Die SVP legt auch in den Kantonen stark zu. Grosse Verlierer sind die Öko-Parteien. Sie hoffen auf Abstimmungserfolge.
21.10.2024, 15:5421.10.2024, 17:15
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Die SVP ist kaum zu stoppen. Bei den nationalen Wahlen vor einem Jahr war die Volkspartei die grosse Siegerin, auch wenn sie ihr Rekordergebnis von 2015 verpasste. Seither wurde in sieben Kantonen gewählt, und auch dort legte die SVP zu, besonders in St.Gallen (+7 Sitze), Schwyz und Aargau (je +5). Selbst im linken Basel-Stadt kam ein Sitz hinzu.

Der einzige Ausreisser in der Gegenrichtung war der Kanton Thurgau, wo die SVP sogar drei Sitze im Kantonsparlament verloren hat. Erklärt wird dies mit der historisch tiefen Wahlbeteiligung von rund 30 Prozent, und die Partei trat ohne Listenverbindungen an. Die SVP konnte es verschmerzen, sie ist mit 42 Sitzen immer noch doppelt so stark wie die Mitte auf Platz 2.

Regierungsraetin Esther Keller, GLP, Mitte, nimmt zur Kenntnis, die Wiederwahl im ersten Wahlgang verpasst zu haben, neben ihren ParteikollegInnen Grossrat Serge Meyer, links, und Grossraetin Claudia  ...
Lange Gesichter bei der GLP im Aargau und in Basel-Stadt, wo Esther Keller (Mitte) als einziges bisheriges Regierungsmitglied in den zweiten Wahlgang muss.Bild: keystone

Für den Politanalysten Mark Balsiger hat die SVP «so viel Schwung wie im eidgenössischen Wahlherbst 2015, als die Flüchtlingskrise das wichtigste Thema war», wie er gegenüber CH Media erklärte. Auch jetzt würden Asyl und Zuwanderung sehr viele Leute umtreiben. Ganz im Gegensatz zum Klima, das Grüne und Grünliberale vor vier Jahren beflügelt hatte.

Ärger über Klimakleber

Jetzt mussten die beiden Öko-Parteien Federn lassen. Im besten Fall konnten sie ihre Sitze halten. Die GLP hat in Uri zwar drei Sitze gewonnen, doch sie war im Innerschweizer Urkanton auch erstmals mit einer eigenen Sektion angetreten. Für Mark Balsiger zeigt dies, dass viele den Ärger über Klimakleber höher gewichten als die Gefahr des Klimawandels.

Das wirkt bizarr, denn gerade in diesem Jahr hat sich letztere in der Schweiz sehr deutlich gezeigt. Mehrere Gebirgsregionen wurden von heftigen Unwettern heimgesucht, und die Gletscher haben trotz vermeintlich guter Voraussetzungen Eis verloren. Doch weite Teile der Bevölkerung scheinen in den Verdrängungsmodus geschaltet zu haben.

Grünen-Präsidentin ist frustriert

Dafür rücken materielle Sorgen in den Vordergrund, seien es die je nach Versorger teilweise stark gestiegenen Strompreise oder die zunehmend schwierige Suche nach einer bezahlbaren Wohnung. Hinzu kommt die instabile Weltlage mit zahlreichen Krisen. Dies hilft einer Partei wie der SVP, die auf «Heimatschutz» und eine alteidgenössische Igelmentalität setzt.

Für Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone ist dies frustrierend, wie sie im Interview mit der «Schweiz am Wochenende» erklärte. Nach einem Jahr Rechtsrutsch im Parlament stelle man fest, «dass es zu massiven Rückschritten kommt». Diese zu bekämpfen, sei aktuell die Hauptaufgabe der Grünen: «Es ist Zeit, Klartext zu sprechen. Und laut zu sein.»

Der «Präzedenzfall» von 2016

Mazzone kündigte eine «Referendumslegislatur» an. Einen Vorgeschmack erhält man schon am 24. November. Gegen alle vier Vorlagen, über die abgestimmt wird, wurde von rotgrüner Seite das Referendum ergriffen. Auch auf kantonaler Ebene dürfte dieses Instrument vermehrt zum Einsatz kommen, im Aargau etwa in Form des Behördenreferendums.

Damit soll der Rechtsrutsch gebremst werden. Hoffnung macht ein «Präzedenzfall», der acht Jahre zurückliegt. Die SVP hatte bei den Wahlen 2015 die 30-Prozent-Marke nur knapp verfehlt und im Dezember mit Guy Parmelin den zweiten Bundesratssitz zurückgeholt. Und im Februar 2016 schien mit der Durchsetzungsinitiative der nächste Erfolg programmiert.

Kein ähnlicher Effekt in Sicht

Es kam bekanntlich ganz anders. In einem der denkwürdigsten Abstimmungskämpfe der Geschichte wurde die Volksinitiative, mit der die SVP eine knallharte Umsetzung ihrer 2010 angenommenen Ausschaffungsinitiative erzwingen wollte, mit fast 60 Prozent Nein klar abgelehnt. Dieser schwere Rückschlag stürzte die SVP in ein jahrelanges Formtief.

Abstimmungsplakate fuer und gegen die Durchsetzungsinitiative haengen am Montag, 8. Februar 2016 im Hauptbahnhof in Zuerich. Die Abstimmungsplakate gegen die Durchsetzungsinitiative wurden von einem K ...
Das bekannte Sujet half der SVP nicht: Die Durchsetzungsinitiative scheiterte klar.Bild: KEYSTONE

Ein ähnlicher Effekt ist derzeit nicht in Sicht. Zwar sind gleich drei kontroverse Volksinitiativen in der Pipeline, die von der SVP oder aus ihrem Umfeld lanciert wurden: die Neutralitätsinitiative, die sogenannte Nachhaltigkeitsinitiative («Keine 10-Millionen-Schweiz!») und die Grenzschutzinitiative. Für letztere werden noch Unterschriften gesammelt.

Abnehmender Problemdruck

Die Neutralitäts- und die Antizuwanderungsinitiative hat der Bundesrat vor den Sommerferien ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfohlen, doch nun müssen sie durchs Parlament, wo heftige Diskussionen programmiert sind. Vor 2026 wird es sicher nicht zu einer Abstimmung kommen, und dann stehen schon die nächsten Wahlen vor der Tür.

Ein «Wunder» wie bei der Durchsetzungsinitiative ist vorerst nicht absehbar, wobei die SVP in der Folge auch darunter «litt», dass die Asylgesuche und die Zuwanderung rückläufig waren und der Problemdruck abnahm. Jetzt gibt es in Europa Bestrebungen, das Asylrecht zu verschärfen, doch die Arbeitsmigration dürfte wegen der Demografie hoch bleiben.

Schwindende Stabilität

Allerdings ist auch bei der Klimakrise keine Entspannung in Sicht, ganz im Gegenteil. Deshalb könnten Grüne und GLP wieder zulegen. Offen ist auch, wie sich SP, FDP und Mitte positionieren werden, deren Wahlbilanz durchzogen ist. Die Freisinnigen versuchen offenbar, sich mit einem harten Kurs in der Asylpolitik als Alternative zur SVP zu empfehlen.

Stabilität war während langer Zeit das Markenzeichen der Schweizer Politik. Davon ist wenig geblieben. In der Sozialpolitik etwa liegt die Deutungshoheit bei der Linken, der mit dem Ja zur 13. AHV-Rente und dem Nein zur BVG-Reform zwei spektakuläre Abstimmungserfolge gelungen sind. Gleichzeitig gebärdet sich die SVP zunehmend wie eine «normale» Partei.

Die Schweiz ist politisch nicht mehr das, was sie mal war, könnte man etwas polemisch behaupten. Die direkte Demokratie aber bleibt ein starker Hebel, um Machtgelüste in die Schranken zu weisen. Deshalb darf man trotz des SVP-Vormarschs Ruhe bewahren.

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Santacruz
21.10.2024 16:04registriert August 2021
"Nach einem Jahr Rechtsrutsch im Parlament stelle man fest, «dass es zu massiven Rückschritten kommt». Diese zu bekämpfen, sei aktuell die Hauptaufgabe der Grünen: «Es ist Zeit, Klartext zu sprechen. Und laut zu sein.»"

LOL

Und sie haben genau GAR NICHTS begriffen und machen weiter wie bisher.
20087
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SBRUN
21.10.2024 16:10registriert September 2019
Mazzone kündigte eine «Referendumslegislatur» an, es bleibt ihr auch gar nichts anderes übrig. Aber ob das Referendum als Drohkulisse aus der aktuellen Position der Grünen wirklich zum Erfolg führt, ich glaub's nicht.
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7immi
21.10.2024 16:41registriert April 2014
Rechtsrutsch? nach einem Grünrutsch ist das wohl eher eine Korrektur, als ein "Rechtsrutsch". Letzteres passierte in Schweden bei den letzten Wahlen, nachdem 50 Jahre Links regierte. Hier sieht sich Grün/Links etwas zu wichtig und nimmt nun eine Opferrolle ein. Ein etwas schräges Demokratieverständnis...
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