«Ich han en mega Hass uf Mensche, wo irgendwie nöd schnalled, dass Nöchsteliebi s'Wichtigscht isch.»
Fabrizio Behrens
Fabrizio wird eins mit einem Elefanten aus dem Elefanten-Altersheim.Bild: 3plus
Heute wird es ein bisschen traurig. Und ernst. Es ist leider ein bisschen zu viel passiert, als dass ich jetzt einfach mit heiterer Fiktion über die ganze Sache drüberfegen kann.
Fabrizio predigt Nächstenliebe, nachdem ihm Verena von ihrer Vergangenheit erzählt hat. Von ihrer gewalttätigen Mutter, von ihrem gewalttätigen Exfreund, von ihrem Leben als Missbrauchsopfer, das erst lernen musste, dass es Gewalt nicht verdient. Und ein paar Wochen später, nachdem die Sendung abgedreht ist, bezeichnet er Verena nach einem für beendet geglaubten TikTok-Livestream als eine von drei «Bitches» und «gotttverlassenen Miststücks». Und das Irritierende daran ist nicht einmal dieser haarsträubende Plural. Und auch nicht die sonderbare Wahl des Adjektivs.
Video: watson
Es ist die Selbstverständlichkeit, mit der man es aufnimmt. Man ist es sich schon so gewohnt, dass man fast geneigt ist, es einfach zu übergehen. Man denkt sich: Wen wundert's, dass er nicht so ist, wie er sich vor der Kamera gibt. Oder: Wer in dieser Sendung mitmacht, ist eh ...
Ja und wir, die wir sie schauen, darüber schreiben, reden und urteilen? Sind wir so viel besser? Gibt es diese Sendung nicht überhaupt nur, weil wir sie schauen, darüber reden, schreiben und urteilen?
Darum kann ich mich jetzt auch nicht aus der Verantwortung stehlen und wie gewöhnlich, von meinem erhabenen Bürostuhl aus, irgendeinen fidel überheblichen Text erdichten über dieses abgeranzte «Bachelor»-Universum, als würden in ihm keine echten Menschen leben.
Es ist beelendend. All diese Geschichten über Heime, abwesende Väter, sadistische Mütter, all diese verletzten, verprügelten Seelen, die obsessiv twerken, als könnten sie so den ganzen Vergangenheitsdreck wegwackeln, der an ihnen klebt. All diese Frauenfeindlichkeit, die Frauen gegenüber Frauen zeigen – XY ist eine Hure und eine billige Bitch –, all diese Frauenfeindlichkeit, die der Bachelor gegenüber seinen Kandidatinnen zeigt, die er vordergründig Ladys und hintergründig «Miststücks» nennt.
Verena und Fabrizio bei ihrem Stranddate.Bild: 3plus
So viel Verletzung und so wenig Nächstenliebe. Das «Bachelor»-Universum scheint wahrlich gottverlassen.
Es ist aber auch genau der Ausschnitt, den wir aus dem Leben dieser Menschen sehen. Und wenn wir das schon tun, sollten wir vielleicht mal nicht über die weniger spassigen Dinge hinwegschauen. Für einmal nicht über die polyesternen Glitzerkluften oder die abenteuerlichen Satzbauten lachen, sondern stattdessen laut sagen, was schief läuft.
Es ist nicht in Ordnung, Frauen zu beschimpfen. Sie zu schlagen und zu demütigen. Es ist nicht in Ordnung, niemals und nirgendwo.
Anlaufstellen für Opfer von häuslicher Gewalt
Unter häuslicher Gewalt versteht man körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt innerhalb einer Familie oder in einer aktuellen oder aufgelösten Paarbeziehung.
Betroffene können sich bei den kantonalen Opferhilfestellen melden, die auf der Website der Opferhilfe Schweiz zu finden sind. Die Beratung ist kostenlos, vertraulich und anonym. Sollten sich Frauen zu Hause nicht mehr sicher fühlen, finden sie in Frauenhäusern eine sichere Unterkunft. Weitere Unterstützung bietet das Frauen-Nottelefon. Betroffene Männer können sich an die Anlaufstelle Zwüschehalt oder an das Männerbüro Zürich wenden.
Bei Straftaten im Ausland können Schweizer Staatsangehörige die Helpline des EDA kontaktieren: +41 800 24 7 365.
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In Anbetracht der ganzen Dunkelheit grenzt es fast an ein Wunder, dass am Ende die Sonne doch noch ins Paradies zurückfindet. Und zwar in Gestalt von Yara, der puzzliversessenen Ex-Bachelorette. Ihre Rolle aber ist heute vielmehr die einer auferstandenen Naturgöttin. Die von Yoni, der weiblichen Urkraft, der Schöpferin allen Lebens.
Frohnatur und Naturgöttin Yara is back! <3Bild: instagram/yaraisabella._/bearbeitung watson
Sie kommt, um aus den um einen Mann buhlenden Frauen einen Zirkel der Eintracht zu formen, ein Matriarchat fast, in dem Harmonie, gnadenlose Offenheit und Sicherheit herrscht. In dieser Frauenrunde nun werden die eigenen Bedürfnisse beim Sex behandelt, während Marcelline regelmässiges Beckenbodentraining für mehr Genuss beim Liebesspiel bewirbt. Und dann wird die Sache mit dem Fake-Orgasmus besprochen. Die Tatsache, dass jede Frau ihren Höhepunkt schon einmal vorgetäuscht hat, sei es, um das Mannesego nicht zu kränken oder einfach, damit es schnell vorbei ist.
Und da ist es wieder. All das, was noch immer so falsch läuft in der (heterosexuellen) Geschlechterbeziehung.
«Wia stellend ihr euch so s'Glied vo ihm vor?»
Yara beim Sextalk mit den Ladys
Antwort: gross.Bild: 3plus
Aber damit nicht genug. Die Göttin will mehr sehen. Mehr wissen und spüren von den Ladys. Und darum:
Mir zeichned hüt ...
Bild: watson
«Ich finde, dass mir i de hütige Ziit eifach kli zwenig drüber redend und i mein, miar sind alles Fraua, miar sind schöni Wesa und deshalb kann ma das au mol ufs Papier bringa.»
🙌🏽Yara🙌🏽
Und wie sie das tun:
Yaras Vulva ist ein Schmetterling.Bild: 3plus
Die von Rina heisst Chanel und hört Musik.Bild: 3plus
Julia nennt sie ihre Blume und Damaris Vulva ist so mysteriös, dass sie sie gar nicht erst zeichnet.Bild: 3plus
Und dann kommt Marcellines Auftritt:
Bäm.bild: 3plus
«... Es goht vo une ufe bis zum Tor, und dänn do obe chunt denn so d'Explosion, so das ‹Oooooo›, er weiss denn i dem Moment nüme, a was er denkt, er gspürt nur no d'Explosion. Si isch eifach ä Bombe.»
Marcellines Beschreibung ihrer Vulva
Überhaupt ist die ganze Marcelline eine Bombe. Das findet auch Yara, die nach deren Vulva-Ausführungen schwärmt: «Wow, da wött mor grad sälber no ina, so schön beschriebsch das.»
Und es stimmt. Es ist eine einzige wohlige Frauenhöhle, die Yara und die Ladys sich da geschaffen haben. Da ist eine Verschwisterung im Gange, die es gerade sehr dringend braucht.
Und man denkt sich: Streicht den Bachelor einfach da raus und macht ein Tantra-Seminar nur für Frauen draus!
Stattdessen aber streicht er die Frauen raus, Marcelline und Verena, reisst damit Cousinen auseinander und zerhackt Freundschaftsbänder, sodass am Ende alle Ladys weinen.
Rosa.Bild: 3plus/bearbeitung watson
Jenni. Bild: 3plus/bearbeitung watson
Die allgemeine Stimmung, die der Bachelor in dieser Rosennacht kreiert.bild: 3plus
Und dann stellt Fabrizio sein Glas hin und geht.
Er scheint seine eigene Show nicht mehr zu ertragen.
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Die beliebtesten Kommentare
Tabeah
20.11.2023 23:20registriert September 2019
Liebe Anna Besten Dank für das kurz Innehalten. So sehr es auch amüsant sein mag - so gar manchmal sind diese Reality Shows aus dem Ruder gelaufen, und es ist nicht mehr gut, was hier als selbstverständlich angenommen wird. Ein Sub-Universum, das Sachen als gegeben annimmt, obwohl man dringend intervenieren sollte.
Obwohl ich die Sendung nicht schauen kann, weil ich es schlichtweg nicht aushalte, sei doch daran erinnert, dass es gaaaanz früher mal durchaus normale Bachelors gegeben hatte. Irgendwann kamen die Produzenten aber offenbar zum Schluss, dass das Publikum abstumpft bzw. stets neue Extreme braucht. Ab da wurden dann nur noch Dummbeutel engagiert, die erst noch alle den gleichen Coiffeur haben (Seiten rasiert), und die man keine verblödeten Texte hersagen lassen muss, weil sie quasi „naturblöd“ sind. Vermutlich geben ihnen die Einschaltquoten recht. Was kommt danach?
Solche Sendungen sind echt unter aller Sau, egal ob Bachelor oder Bachelorette. Ich komme im Leben nicht auf 30 Sekunden total geschauter Sendezeit, welche sich beim Zappen über die Jahre angesammelt haben. Berichte wie dieser bestärken mich darin, solchen Schrott auch künftig zu meiden. Jede und jeder, die diese Sendungen schauen, unterstützen si, was ich in keiner Weise unterstützenswert finde.
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