2002 wechselte Wirtschaftsminister Pascal Couchepin (FDP) ins als anspruchsvoller geltende Innendepartement EDI. 2010 tat es ihm Doris Leuthard gleich: Sie tauschte das Wirtschaftsdepartement gegen das mächtige Infrastrukturdepartement Uvek ein.
Als Schlüsseldepartement, als Departement mit besonderem Gewicht galt das Wirtschaftsdepartement (WBF) bisher nicht. Im Unterschied etwa zum Finanzdepartement oder zum Uvek.
Jetzt ist das plötzlich anders: Es herrscht Grossandrang auf das Wirtschaftsministerium, das Johann Schneider-Ammann (FDP) Ende Jahr aufgibt. Das hat auch damit zu tun, dass 2013 Bildung und Forschung vollständig im WBF integriert wurden.
Am Freitag, zwei Tage nach den Ersatzwahlen in den Bundesrat, wird die neu zusammengesetzte Landesregierung die Departemente verteilen. Mindestens vier der sieben Bundesräte, so ist absehbar, sind an der departementalen Verlassenschaft von Schneider-Ammann interessiert.
Da ist SVP-Verteidigungsminister Guy Parmelin, der Wechselgelüste hegt. Er will nach drei Jahren weg vom VBS, das ihm wenig Erfolg und viel Ärger brachte. Die Kampfjetbeschaffung harzt, dafür schlägt sich Korporal Parmelin mit Spesenexzessen seiner Generäle herum. Im WBF, wo auch die Landwirtschaft angesiedelt ist, fühlte sich der gelernte Weinbauer heimischer.
Ebenfalls als stark am WBF interessiert gilt die wahrscheinliche neue Bundesrätin Karin Keller-Sutter (FDP). Sie ist eine Frau der Wirtschaft, sitzt in wichtigen Wirtschaftsgremien und Verwaltungsräten.
Ein Auge auf das Wirtschaftsdepartement geworfen hat Justizministerin Simonetta Sommaruga (SP). Im WBF werden die Weichen für Bildung und Forschung gestellt, für die Landwirtschaft, für die Arbeitspolitik. Auch Preisüberwacher und Konsumentenschutz sind dort angesiedelt. Alles Bereiche, die der ehemaligen Konsumentenschützerin am Herzen liegen.
Nicht zuletzt werden auch Bundespräsident Alain Berset (SP) Ambitionen auf das Erbe von Schneider-Ammann nachgesagt. Er würde wohl das als neoliberal geltende Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) etwas anders ausrichten wollen.
Warum ist das WBF so begehrt? SP-Nationalrätin und Gewerkschafterin Barbara Gysi (SG) sagt: «Das WBF führt zahlreiche Dossiers, die gerade jetzt wichtig sind und die das Departement interessant machen: Europa, Freihandel, Landwirtschaft, Bildung und Forschung, ETH. Und natürlich der ganze Bereich Arbeit. Hier könnten auch Pflöcke zugunsten der Frauen eingeschlagen werden. Es ist auch aus SP-Sicht ein interessantes Departement.»
Aber klar ist auch: Die FDP und die Wirtschaft wollen das WBF nicht den Linken überlassen.Berset selbst gilt ohnehin als schlecht positioniert für einen Wechsel: Als Bundespräsident muss er dafür sorgen, dass die Verteilung einvernehmlich über die Bühne geht, eigene Ambitionen wird er wohl zurückstellen. Zudem hat er die Chance, Finanzminister zu werden, falls Ueli Maurer 2019 geht.
Simonetta Sommaruga sähe sich laut Insidern auch im Infrastrukturdepartement, das Doris Leuthard aufgibt.
Schlechte Karten hat Guy Parmelin. Er solle zuerst im VBS Nägel mit Köpfen machen, mahnen einige Insider an.
Als derzeit wahrscheinlichste Variante gilt heute für Beobachter, dass Karin Keller-Sutter die nächste WBF-Chefin wird, Sommaruga ins Uvek geht und die neue CVP-Bundesrätin ins Justizdepartement. (aargauerzeitung.ch)