Die Stimme aus dem Off klingt alarmierend, ein Donnergrollen unterstreicht die ernste Botschaft: «Dies ist ein dringender Weckruf: 5G ist eine Gefahr für Leib und Leben.» So beginnt ein Video, das derzeit auf WhatsApp verbreitet wird. Mehrere Leser meldeten sich, weil sie den Inhalt des Films irritierend fanden.
In professioneller Aufmachung ist darin ein vermeintlicher Nachrichtensprecher in einem Fernsehstudio zu sehen. In den Händen hält er seine Notiz-Karten, im Hintergrund unterstützen Symbolbilder und eingeblendete Schlagwörter die Dringlichkeit seiner Botschaft. In dem 7-minütigen Bericht warnt der Mann, dessen Name im Beitrag nicht eingeblendet wird, vor der nächsten Mobilfunkgeneration 5G.
Es fallen Worte wie «Strahlentsunami» und «Antennenwald». Die Installation von 5G sei eine Zwangsbestrahlung der gesamten Bevölkerung. Zudem bedeute die Aufrüstung auf 5G die totale Überwachung, weil dann «alles mit allem vernetzt wird und alles miteinander kommuniziert». Das 5G-Netz könne durch Wände und Häuser sehen und führe zu einer digitalen Überwachung jeder Person.
Seit der Publikation Ende Januar auf Youtube wurde das Video innert weniger Tage fast 200'000-mal angeschaut. In den Kommentaren beteiligen sich hunderte User an der Diskussion. Gerade weil der Beitrag so seriös wirkt, wird er offenbar von vielen als glaubwürdig eingeschätzt. Doch der Schein trügt.
Hinter dem Film steckt Ivo Sasek, eine der schillerndsten Figuren in der Schweizer Sektenlandschaft. In seinen jungen Jahren verkaufte er Autos, dann fand er zu Gott. Einem breiterem Publikum bekannt ist er als Gründer der Organischen Christusgeneration OCG. Laut dem Sektenexperten und watson-Kolumnisten Hugo Stamm sieht sich Sasek heute als Gesandter Gottes oder alleiniger Apostel, der die Rechtgläubigen vor der kommenden Apokalypse retten und ins Heil führen muss.
Saseks Weltbild setzt sich zusammen aus Verschwörungstheorien, religiösen Dogmen und rechtsextremer Ideologie. Zu Propagandazwecken hat er seit den 90er-Jahren verschiedene Medienprodukte aufgebaut, darunter Klagemauer TV, das auch Urheber des 5G-Videos ist.
Auf entsprechender Homepage findet sich dann auch das übliche Themenspektrum der Verschörungstheoretiker: Den Klimawandel gibt es nicht, Impfungen sind des Teufels, die Rothschilds kontrollieren die Welt und hinter dem 9/11 steht der amerikanische Geheimdienst. Aufgebaut sind die Nachrichten bei Klagemauer TV immer ähnlich: Fakten werden verdreht dargestellt und mit angeblich wissenschaftlichen Informationen kombiniert.
Auch bei dem Film über das 5G-Netz kommt diese Methode zur Anwendung. So werden im Beitrag tote Vögel zum Beweis für die Schädlichkeit von 5G herangezogen. Diese seien während eines Tests der neuen Mobilfunkantennen in Den Haag zu Dutzenden von den Bäumen gefallen.
Doch schon eine kurze Internet-Recherche zeigt, dass sich hier die Filmemacher eine eigene Wahrheit zusammengebaut haben. Mimikama, eine Nichtregierungsorganisation, die Fake News aufstöbert und entkräftet, fand heraus: Die toten Vögel hat es in Den Haag tatsächlich gegeben. Jedoch haben in der Stadt nie 5G-Tests stattgefunden.