Die «New York Times» brachte die Nachricht gestern als Erste, und sie verbreitete sich in Windeseile um die Welt: US-Präsident Donald Trump wird das WEF in Davos besuchen. Und wie alles, was Trump tut und sagt, polarisiert auch seine Reise in die Alpen.
Heftig reagieren die Jungsozialisten (Juso), deren langjähriger Protest gegen die «Elite-Veranstaltung» von Davos in den vergangenen Jahren eingeschlafen war, nun aber wieder erwachen könnte. Juso-Präsidentin Tamara Funiciello sagt: «Es ist eine Katastrophe, dass dieser Typ kommt.» Sie kündigt an, sich mit anderen kapitalismuskritischen Organisationen zu vernetzen, um Trumps Besuch zu verhindern. «Trump in Davos? Das geht nicht!», sagt Funiciello.
"Donald Trump kommt nach Davos ans WEF"
— Tamara Funiciello (@Tamarafuniciell) January 9, 2018
Das werden wir ja noch sehen.....
Anders beurteilt SP-Präsident Christian Levrat die Ankündigung. Der Ständerat ist Mitglied der aussenpolitischen Kommission und sagt zur «Nordwestschweiz»: «Der Besuch bietet die Möglichkeit, mit Trump ins Gespräch zu kommen. Bundespräsident Alain Berset wird sicher versuchen, ihn zu treffen.» Das sei richtig. Denn die Schweiz suche auch den Dialog mit Regimes wie der Türkei, Russland oder China.
«Es gibt keinen Grund, nicht auch den Präsidenten der USA zu treffen.» Der Baselbieter SP-Nationalrat und Aussenpolitiker Eric Nussbaumer fordert von Parteikollege Berset, falls ein Treffen mit Trump zustande kommt, «dass unser Bundespräsident kritische Dinge anspricht – wie das Versagen der USA beim Klimaschutz und die Diskriminierung der Muslime mit dem Einreisebann».
Der WEF-Kenner und Sprecher der globalisierungskritischen Bewegung «Public Eye», Oliver Classen, ist sich nicht sicher, ob Trump auf Einladung von WEF-Gründer Klaus Schwab nach Davos kommt – oder ob er sich nicht selber eingeladen hat.
«Trumps Besuch hat seine ganz eigene Ironie: Bislang demonstrierten die Anti-Globalisierer vor den Mauern des WEF, nun spricht der wirkungsmächtigste Vertreter des Protektionismus drinnen – als politischer Sprengsatz vor den Chefs der 1000 grössten globalisierten Konzerne.» Es war Trumps Ex-Stratege Steve Bannon, mit dem er sich überworfen hat, der das WEF noch vor kurzem als «Hort der feigen globalen Elite» bezeichnete.
Für die linken Anti-WEF-Kreise ist Trump trotz seiner globalisierungskritischen Haltung das perfekte Feindbild: «Für sie ist er ein verlogener Neoliberaler, ein Rassist und Sexist», sagt Classen. «Niemand sonst hat das Potenzial, in Davos oder anderswo in der Schweiz derart für Gegenveranstaltungen und Proteste zu mobilisieren.»
Die Sicherheitskräfte sind an verschiedenen Fronten gefordert. «Der Hotspot Davos ist nicht das Hauptproblem, diesen kann man nötigenfalls abriegeln. Brennen könnte es aber in Zürich oder Bern», sagt ein Sicherheitsspezialist, der viele Jahre in Davos tätig war. Der Bündner Sicherheitsdirektor, Regierungsrat Christian Rathgeb, betont, dass die Armee, die Polizeikorps aller Kantone und der grossen Städte sowie Liechtensteins am WEF seit Jahrzehnten erfolgreich zusammenarbeiten. Im letzten Jahr sei der Besuch von Chinas Präsident Xi Jinping ohne Zwischenfälle über die Bühne gegangen.
Doch ein US-Präsident bringt eigene Herausforderungen mit sich. Das sah man bei Bill Clinton, der im Jahr 2000 als erster und bislang einziger US-Präsident nach Davos reiste. Und Trump ist im Gegensatz zu Clinton für viele das zurzeit grösste Feindbild auf diesem Planeten. Er wird eigene Sicherheitsleute mitbringen und «mit eigenen Mitteln fliegen», wie es ein Insider formuliert. Chinas Präsident wollte aus Sicherheitsgründen nicht mit dem Helikopter von Zürich nach Davos fliegen. «Trump wird eigene Helikopter mitbringen», vermutet der gut informierte Sicherheitsspezialist.
Ex-Armeechef André Blattmann, der in seiner Amtszeit regelmässig am WEF war, ist überzeugt: «Trumps Besuch wird sicherheitsmässig problemlos verlaufen.»