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Leuthard fordert baldige EU-Abstimmung – Levrat wettert gegen «Praktikanten»-Cassis

President of the Swiss Confederation Doris Leuthard addresses a media conference at EU headquarters in Brussels on Thursday, April 6, 2017. (AP Photo/Virginia Mayo)
Bundespräsidentin konnte die Wogen mit der EU nicht glätten. Bild: AP/AP

Leuthard fordert baldige EU-Abstimmung – Levrat wettert gegen «Praktikanten»-Cassis

Die Schweiz ist im Zwist mit der EU arg in Bedrängnis geraten. Jetzt schiesst SP-Präsident Levrat scharf gegen Aussenminister Cassis. Derweil hat Leuthard einen Plan. 
24.12.2017, 06:1824.12.2017, 09:28
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Eskalation statt Entspannung: Punkto EU-Beziehungen steht Bundespräsidentin Doris Leuthard zum Ende ihres Amtsjahres vor einem Scherbenhaufen. Wie konnte es soweit kommen? 

«Gewisse EU-Länder werfen uns in den gleichen Topf mit Grossbritannien und möchten ein 
Exempel statuieren», sagt Leuthard in einem Interview mit dem Sonntagsblick. Andere Staaten wollten verhindern, dass der Schweizer Bankenplatz gestärkt werde oder empfänden die Schweiz als Rosinenpicker. «Uns fehlen die Freunde», bilanziert Leuthard. Sie vermisst den früheren deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble bei den Verhandlungen schmerzlich, der immer ein offenes Ohr für Schweizer Anliegen gehabt habe. 

«Der Schweiz fehlen die Freunde»
Doris Leuthard

Leuthard wünscht sich eine baldige Volksabstimmung über die EU-Beziehungen. Der bilaterale Weg sei wichtig für die Schweiz. «Wir müssen unser Verhältnis zu Europa daher klären! Wir müssen wissen, in welche Richtung wir gehen. Dazu wäre eine grundlegende Abstimmung hilfreich. Denn es gibt keine Alternative zur EU.»

Cassis will EU-Staatssekretariat

Wie die Zeitung weiter schreibt, will  der neue Aussenminister Cassis ein neues Staatssekretariat für Europa schaffen. Damit könnte er einen Neuanfang im verkachelten EU-Dossiert starten und die bisherige Chefunterhändlerin Pascale Baeriswyl auswechseln. 

Doris Leuthard bestätigte der Zeitung, dass Cassis dem Bundesrat entsprechende Ideen informell vorgestellt habe. Chef der neuen Behörde soll Roberto Balzaretti werden. Der ehemalige Schweizer Vertreter in Brüssel betreibe hinter den Kulissen kräftig Lobbyarbeit für das neue Staatssekretariat.

Levrat bezeichnet Cassis als Praktikanten

Nach dem Crash mit der EU fährt derweil SP-Chef Christian Levrat schweres Geschütz gegen den neuen Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) auf: Er betitelt Cassis als aussenpolitischen «Praktikanten», wie die Sonntagszeitung berichtet. 

Seine harschen Worte begründet Levrat wie folgt: «Der Bundesrat hat kapitale Fehler gemacht, die den Konflikt mit der EU haben eskalieren lassen». Er spricht von einer «Kakofonie in der Landesregierung», die nicht vom Aussenministerium geführt werde. Zudem, so Levrat, «war das «Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker miserabel vorbereitet. Es hat die Schweiz unter Zugzwang gebracht».

Schliesslich bezeichnet er die Krisensitzung des Bundesrats als «totale Überreaktion», die die Situation nur noch weiter verschärft hat. So könne es nicht weiter gehen: «Cassis muss jetzt aus seiner Praktikantenrolle rauskommen und endlich Verantwortung übernehmen», sagt er.

(amü)

Interview mit Bundesrätin Doris Leuthard

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129 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Snegurotschka
24.12.2017 07:27registriert September 2017
Der Schweiz fehlen Freunde. Mag sein. Dafür ist man aber immer selber verantwortlich.
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DonPedro
24.12.2017 08:39registriert April 2016
Noch keine zwei Monate ist IC Aussenminister und schon wird er von Levrat zum Praktikanten abgestempelt
Was ist dann Frau Bundesrätin Simonetta S mit Ihrer verfehlten Flüchtlingspoltik oder Alain B mit seiner gigantischen Rentenreform, die kläglich gescheitert ist?
Mit Levrats Wortwahl wären diese beiden Bundesräte wohl "Dauerpraktikanten"
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Lai Nair
24.12.2017 10:17registriert Dezember 2016
Wenn Cassis ein Praktikant sein soll, dann wäre Levrat demzufolge sein untauglicher Lehrling
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