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Bundesratswahlen 2018: Diese 4 Kandidaten schicken CVP und FDP ins Rennen

CVP und FDP präsentieren Zweierticket – das musst du über die Bundesratskandidaten wissen

Die CVP und FDP haben sich am Freitagabend beide auf ein Zweierticket für die Bundesratswahlen geeinigt. Das sind die vier Kandidaten.
16.11.2018, 18:2717.11.2018, 11:24
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Viola Amherd (CVP)

ARCHIVBILD ZUM ENTSCHEID UEBER DIE BUNDESRATSKANDIDATUR VON VIOLA AMHERD, AM MITTWOCH, 24. OKTOBER 2018 - Die Walliser CVP-Nationalraetin Viola Amherd posiert, am Freitag, 12. Oktober 2018, in Bern. ( ...
Bild: KEYSTONE

Die Walliser CVP-Nationalrätin Viola Amherd sieht sich als Mittepolitikerin und Brückenbauerin. Der SVP ist die Anwältin und Notarin jedoch zu links und feministisch. Als Einzige der Bundesratskandidaten hat sie in jüngster Zeit für negative Schlagzeilen gesorgt.

Als Amherd ihre politische Karriere bei der Oberwalliser CVP im Jahr 1992 startetet, hätte sie niemals gedacht, dass sie eines Tages für den Bundesrat kandidieren würde. Und trotzdem wird die 56-Jährige heute als Nachfolgerin der scheidenden CVP-Bundesrätin Doris Leuthard gehandelt. Lange galt sie als klare Favoritin.

Dies hat sich in den letzten Wochen und Tagen allerdings geändert. Zunächst berichtete der «Walliser Bote» über eine Mietzinsaffäre, in welche die Erbengemeinschaft um Amherd verwickelt ist. Die Beteuerungen der Bundesratskandidatin, es handle sich bei dem Streit um ein Zivil- und kein Strafverfahren, und die Angelegenheit habe nichts mit ihrer politischen Arbeit zu tun, nützten wenig.

Die Affäre machte die Runde, und die «Weltwoche» setzte noch eins obendrauf. Sie warf Amherd vor, sie habe zwei Jungnotare um mehrere tausend Franken bringen wollen. Amherd bezeichnete die Aussagen der «Weltwoche» an ihrer Medienkonferenz in Brig, wo sie ihre Beweggründe für die Bundesratskandidatur darlegte, als «komplett falsch». Trotzdem dürften die Berichte Zweifel bei verschiedenen Parlamentarierinnen und Parlamentariern genährt haben.

Mit Nierensteinen im Spital

Ironie der Geschichte ist, dass Amherd wegen Nierensteinen zu einem Spitalaufenthalt gezwungen wurde. Ihre Bundesratskandidatur gab die Oberwalliserin am 24. Oktober vom Krankenbett aus per Communiqué bekannt. Dem «Blick» verriet sie, dass ihr «Gottekind» – die Tochter ihrer Schwester – sie zur Kandidatur ermuntert habe. Amherd ist ledig und hat selbst keine Kinder.

Zu Beginn ihrer politischen Karriere musste Amherd laut eigenen Aussagen eher dazu «überredet» werden, für ein Amt zu kandidieren. Die gelernte Juristin schaffte 1992 die Wahl in den Gemeinderat von Brig. Vier Jahre später wurde sie Vizepräsidentin der Stadt und 2000 Stadtpräsidentin. Dieses Amt bekleidete Amherd zwölf Jahre lang.

1999 misslang der Anlauf, als erste Frau in die Walliser Regierung einzuziehen. Amherd wurde hinter dem SP-Mann Thomas Burgener Zweite.

In die nationale Politik stieg Amherd 2005 durch die Hintertüre ein. Als erster Ersatz auf der Liste der CVP konnte sie Jean-Michel Cina im Nationalrat beerben, als dieser in den Walliser Staatsrat gewählt wurde.

Arbeit hinter den Kulissen

Als diskrete Politikerin bevorzugt Amherd die Arbeit hinter den Kulissen. Trotzdem schaffte sie es auf einem von der «SonntagsZeitung» 2017 erstellten Ranking der einflussreichsten Parlamentarier auf den 18. Platz.

Im Nationalrat engagiert sich die seit sieben Jahren amtierende Vizepräsidentin der CVP-Fraktion für Kinder und Jugendliche. Amherd kämpft aber auch für die Interessen der Rand- und Berggebiete.

Amherd sieht sich gerne als «Brückenbauerin» und beansprucht für sich einen Platz in der Mitte des politischen Spektrums. Unterstützung geniesst die Walliserin von links wie von rechts. Die Grünen gaben ihr 2015 anlässlich der Wahl von Guy Parmelin (SVP) 16 Stimmen. Das bürgerliche Lager ist allerdings weitaus weniger begeistert von der CVP-Politikerin Amherd. Vor allem in der SVP wird sie als zu links und zu feministisch wahrgenommen.

Heidi Z'graggen (CVP)

ARCHIVBILD - ZUR CVP-BUNDESRATSKANDIDATIN HEIDI Z'GRAGGEN STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - Die CVP Bundesratskandidatin Heidi Z'graggen anlaesslich der CVP Delegiert ...
Bild: KEYSTONE

Frau, Innerschweizerin und bereit für die Landesregierung: Die 52-jährige Urner CVP-Justizdirektorin Heidi Z'graggen hat zwar keine Erfahrung als Bundesparlamentarierin. Sie blickt aber auf eine lange Politkarriere zurück und hat ein breites Netzwerk.

2004 hatte sie im Urnerland für eine Überraschung gesorgt: Ihre Wahl in die Kantonsregierung schaffte Heidi Z'graggen aus dem nichts mit einem Glanzresultat. Die damals 38-Jährige arbeitete zuvor als Primar-und Sekundarlehrerin und studierte und doktorierte in Politikwissenschaften an der Universität Bern.

Sechs Jahre nach ihrer Wahl in die Urner Exekutive wollte die CVP-Politikerin dann einen Schritt weiter – nordwärts. Sie liebäugelte mit dem Sprung nach Bern. Die Wahl in den Ständerat verpasste sie dann aber und musste ihrem Regierungskollegen, dem parteilosen Finanzdirektor Markus Stadler, den Vortritt lassen.

Sawiris Wegbegleiterin

Dass sie nun als Bundesratskandidatin keine Erfahrungen als Bundesparlamentarierin vorweisen kann, sieht sie, wie sie selber sagt, nicht als Handicap. Als Regierungsrätin seien ihr die bundespolitischen Themen bestens vertraut.

Heidi Z'graggen sass unter anderem von 2007 bis 2016 im Parteipräsidium der CVP Schweiz, 2016/2017 präsidierte sie die Zentralschweizer Regierungskonferenz. Und seit Anfang Jahr ist sie Präsidentin der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission.

Von sich reden machte sie auch immer wieder im Zusammenhang mit dem Tourismusresort in Andermatt. Denn als Justizdirektorin ist sie auch Vorsitzende der regierungsrätlichen Planungskommission und damit zuständig für das Projekt und die Skigebietsentwicklung in Andermatt.

Nicht selten wurde sie auch als Wegbegleiterin des ägyptischen Investors Samih Sawiris bezeichnet. Sie setzte sich zwar kräftig für den Naturschutz ein, ebnete ihm aber den Weg für sein gigantisches Projekt, das gerade bei den Einheimischen nicht von Anfang an willkommen war. Z'graggen regelte, dass die Einschränkungen der Lex Koller und der Zweitwohnungsinitiative für das Sawiris-Resort nicht gelten.

Im Wirtschaftsflügel

Heidi Z'graggen gilt als eine eher konservative Politikerin. In einem Hearing kritisierte sie die Tonalität der EU, die immer Forderungen stelle. In Zeitungsinterviews betonte sie, dem Wirtschaftsflügel der Partei anzugehören.

Z'graggen ist es ein Anliegen, dass die Innerschweiz in der Landesregierung vertreten ist. Noch wichtiger ist für sie aber, dass es der Kanton Uri sein wird – er war es nämlich noch nie. Sie steht auch für die Frauen ein und sagt: «Nur wenn Frauen sich auch zur Verfügung stellen, können sie nominiert und gewählt werden.»

Heidi Z'graggen ist unverheiratet, hat keine Kinder und lebt seit 10 Jahren in einer Partnerschaft mit dem Zürcher SVP-Politiker und ZKB-Bankrat Bruno Dobler. In ihrer Freizeit ist sie oft auf Wanderungen, fährt Ski und Velo, tankt Kraft in den Urner Bergen. Bezeichnend betitelte der «SonntagsBlick» sie kürzlich als «Gipfelstürmerin».

Karin Keller-Sutter (FDP)

ARCHIVBILD - ZUR FDP-BUNDESRATSKANDIDATIN KARIN KELLER-SUTER STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - Karin Keller-Sutter, Council of State member FDP-SG and first vice president of t ...
Bild: KEYSTONE

Karin Keller-Sutter galt früh als Favoritin für die Nachfolge von Johann Schneider-Ammann und steht vor dem letzten entscheidenden Schritt: Nach der Nomination durch die Fraktion wartet nun noch das Wahlprozedere der Bundesversammlung am 5. Dezember.

Alles scheint wie am Schnürchen zu laufen: Vor einem grossen Medienaufgebot hatte die St.Galler Ständerätin am 9. Oktober im heimatlichen Wil bekanntgegeben, dass sie für den Bundesrat kandidieren will.

Seither wurde sie von der Kantonalpartei nominiert, absolvierte mit den anderen beiden Kandidierenden der FDP eine Art Roadshow quer durchs Land. Und nun steht nur noch das Wahlprozedere durch die Bundesversammlung mit all seinen Unwägbarkeiten bevor.

Es habe Zeiten gegeben, in denen sie sich diesen Schritt nicht vorstellen konnte, sagte sie im Wiler Stadtsaal. Zu den Tiefpunkten in ihrem Leben zählt sie die Niederlage 2010 in Bern, als sie für die Nachfolge von Hans-Rudolf Merz bis fast am Schluss gut im Rennen lag. Doch dann zog ihr die Mehrheit im zweitletzten Wahlgang Jean-François Rime (SVP) vor, der danach in der Ausmarchung Johann Schneider-Amman unterlag.

Klassische Politkarriere

Vielleicht hat diese Enttäuschung für die 54-jährige Politikerin deshalb so viel Gewicht, weil sich sonst in ihrer politischen Laufbahn keine grossen Rückschläge finden lassen. Karin Keller-Sutter absolvierte bisher eine schnörkellose Politkarriere mit allen klassischen Stationen.

1992 wurde sie für die FDP ins Wiler Gemeindeparlament gewählt, das sie 1997 präsidierte. Politisiert wurde sie durch ihr Faible für Aufklärung und Liberalismus und konkreter durch die Diskussionen um die Fristenlösung. Unter anderem dort zeigten sich weltanschauliche Differenzen zur CVP, der traditionell-dominanten Kraft in Wil.

Im Eiltempo ging es danach auf kantonaler Ebene weiter. Nach nur vier Jahren im Kantonsrat kandidierte sie im Jahr 2000 für den Regierungsrat und holte einen zuvor an die SP verlorenen Sitz für die FDP zurück. Danach leitete sie während ihrer gesamten zwölfjährigen Zeit als Regierungsrätin stets das Sicherheits- und Justizdepartement.

Agendawechsel im Ständerat

Regelmässig gelang es ihr, sich mit den Themen Migration und Fussballhooligans auf der nationalen Bühne zu profilieren. Erst nach der problemlosen Wahl in den Ständerat 2011 veränderte sich ihre politische Agenda. Nicht mehr Sicherheitsthemen stehen seither im Fokus, sondern die Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Spätestens seit dem 8. Oktober in Wil ist klar, dass Karin Keller-Sutter mehr erreichen will als den bisherigen Höhepunkt ihrer Karriere, das Präsidium im Ständerat: Acht Jahre nach dem ersten Anlauf soll es nun am 5. Dezember doch noch klappen mit der Wahl in die Landesregierung.

Hans Wicki (FDP)

ARCHIVBILD - ZUM FDP-BUNDESRATSKANDIDATEN HANS WICKI STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - Der Nidwaldner FDP Staenderat , Hans Wicki anlaesslich einer Pressekonferenz zur Bundesra ...
Bild: KEYSTONE

Führungserfahrung in Politik und Wirtschaft: Dies kann der Nidwaldner Bundesratskandidat Hans Wicki vorweisen. Der smart auftretende FDP-Ständerat gilt zwar als Aussenseiter. Er ist aber überzeugt, dass das Risiko zum Erfolg gehört.

Der 54-jährige Wicki wohnt mit seiner Frau, der ehemaligen Skirennfahrerin Monika Hess, und seinen zwei Kindern in Hergiswil. Er war dort Gemeinderat und Gemeindepräsident.

Wickis politische Karriere verlief schnell, die Nidwaldner schienen seine zupackende Art zu schätzen. 2010 wurde er im ersten Wahlgang in die Kantonsregierung gewählt, wo er bis 2016 politisierte. 2015 wurde er Ständerat des Halbkantons. Dabei schaffte der Freisinnige das Kunststück, dieses Mandat erstmals überhaupt der CVP zu entreissen.

Ungeduldiger Macher

Ist der durchschnittliche Nidwaldner Politiker doch etwas knorrig und regional ausgerichtet, zeigt Wicki Weltläufigkeit. Als Regierungsrat erwarb er sich den Ruf als Macher, der oft aber – etwa in den Debatten im Landrat – auch etwas ungeduldig wirkte.

Wicki ist nicht nur ein Politiker, sondern auch ein Mann der Wirtschaft. Er arbeitete als Devisenhändler und bei der Elektrotechnikgruppe Pfisterer, für die er die Gesellschaften in der Schweiz und in Südafrika leitete.

Wicki ist Verwaltungsratspräsident der Titlisbahnen und gehört weiteren Verwaltungsräten an. Er präsidiert den Branchenverband Bauenschweiz und ist Vorstandsmitglied der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz.

Nationale Medien geholt

Wicki ist aber auch ein guter Selbstverkäufer. Als er Mitte Oktober seine Kandidatur für den Bundesrat bekannt gab, tat er dies nicht mit einem Communiqué, sondern er rief die nationalen Medien in das Rathaus von Stans.

Ein Bundesrat habe ein komplexes Jobprofil, sagte Wicki den Journalisten und liess keinen Zweifel daran, dass er dieses erfülle. Er habe sowohl politische wie unternehmerische Erfahrung und ein klar liberales Profil. Er habe bewiesen, dass er Herausforderungen anpacken und bewältigen könne.

Würde Wicki Bundesrat, wäre er der erste Zentralschweizer seit Kaspar Villiger (1989 bis 2003) und der erste Nidwaldner überhaupt. Neben der haushohen Favoritin Karin Keller-Sutter werden Wickis Chancen indes von Beginn weg als klein eingestuft.

Seine Kandidatur sei ernst gemeint, bekräftigte Wicki aber. Am Anfang jeden Erfolges stehe das Risiko. Nicht überzeugen konnte der Nidwaldner Ständerat in Stans mit seinen Französischkenntnissen. Doch auch hier zeigte er sich zupackend und selbstbewusst: Seit der Schule habe er zwar nicht mehr viel Französisch gesprochen, könne dies aber wieder lernen, sagte er den skeptischen Journalisten. (cma/sda)

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Daniel Jositsch (SP/ZH).
quelle: keystone / lukas lehmann
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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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goldmandli
16.11.2018 16:18registriert November 2014
Andere Idee. Stattdessen kriegen die Grünen einen Sitz im BR.
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xTuri
16.11.2018 19:00registriert Januar 2015
Mein Beileid an die CVP. Z‘graggen, die nicht zu ihrer Depp-Beleidigung mit eingeschaltenen Mikro steht und Am Herd, die Z’graggen noch deckt und somit lügt. Alles mit Bild und Ton festgehalten.
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H. L.
16.11.2018 18:04registriert März 2018
Ich möchte Frau Keller-Sutter nicht im Bundesrat. Weder ihrer politischen Haltung noch ihrer Persönlichkeit kann ich etwas abgewinnen. Da wären mir sogar noch ein paar Jährchen Schneider-Ammann lieber, der auf mich immerhin menschlich wirkt.
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