Es war nicht das erste Mal, dass Alt-Bundesrat Christoph Blocher von Roger Schawinski zum Duell gefordert wurde. Die beiden begleiten sich schon während ihrer gesamten Karriere.
Doch weit gefehlt, wer denkt, den beiden seien über all die Jahre die Diskussionsthemen ausgegangen. Trifft ein exzellenter Rhetoriker wie Blocher auf einen leidenschaftlichen Provokateur wie Schawinski, so ist eine spannende Unterhaltung schon fast eine Garantie.
Schon der Einstieg macht dies deutlich. Wie immer in seiner Sendung fragt Schawinski seinen Gast zu Beginn: «Wer sind Sie?» Er will, dass sich sein Gegenüber mit den eigenen Worten beschreibt.
Blocher kennt das Spiel. Trotzdem lässt er es sich nicht nehmen, Schawinski etwas in den Senkel zu stellen. «Sie wissen doch, wer ich bin. Schliesslich haben Sie mich doch eingeladen», sagt er – und das Vergnügen über den Streich ist ihm anzusehen.
Mehrmals thematisiert Schawinski Blochers aggressive Tonalität, die über die Jahre nicht abgenommen habe, sondern sogar noch angriffiger geworden sei. Das sei vor allem jetzt spürbar, wo es um die wohl letzte grosse Schlacht von Blocher, dem institutionellen Rahmenabkommen, gehe.
Schawinski provoziert Blocher mit der Frage, ob er denn Angst habe, dass er nicht mehr gehört werde, nicht einmal mehr von der eigenen Partei.
Da wird Blocher ganz ernst. «Wissen Sie, es gibt Momente, da müssen Sie die Wahrheit sagen.» Aber er, Schawinski, er verstehe das halt nicht. Er gehöre schliesslich ja auch zu der anderen Seite.
Blocher benutzt Begriffe wie «Gaunersyndikat», um die drei Staatsgewalten in der Schweiz zu kritisieren. Doch er habe da, bei diesen Gaunern, jahrelang selbst mitgemacht, wirft ihm Schawinski vor: «Nämlich als Nationalrat – und noch schlimmer – als Bundesrat!»
Er fragt: Wenn es so schlimm ist, und alle solche Gauner seien, dann müsse Blocher ja nicht mitmachen. Doch natürlich müsse er das und habe das als Bundesrat gemusst, wirft Blocher ein. Es sei eben wichtig, um Gegensteuer zu geben.
An Fahrt nimmt die Diskussion auf, als Schawinski macht, was er am besten kann: Seinen Diskussionspartner mit einem Vorwurf herauszufordern.
Er sagt: «Herr Blocher, Sie machen Nazi-Vergleiche. Und es ist nie gut, Nazi-Vergleiche zu machen.» So habe Blocher über Bundesrat Ignazio Cassis in der «Sonntagszeitung» gesagt, dass wenn es 1939 einen solchen Bundesrat gegeben hätte, sich die Schweiz rasch dem dritten Reich angeschlossen hätte.
Das lässt Blocher für einen Moment in seiner Argumentationslinie taumeln. Er versucht, den Angriff mit einem Gegenangriff abzuwehren und beschuldigt Schawinski, er sei es, der die SVP während Jahren mit Nazis verglichen habe. Das will Schawinski aber nicht auf sich sitzen lassen. Er reagiert gereizt und ruft aus: «Noch nie habe ich das gemacht!»
Dass die SVP am vergangenen Wochenende in weiten Teilen des Kantons Zürich an Stimmen verloren hatte, spielte Schawinski in die Hände, es bot eine Angriffsfläche. Er fragte: «Warum? Warum erleidet die SVP eine solche Niederlage?»
Für Blocher sei das Ergebnis der jüngsten Wahlresultate nicht ganz unerwartet. Nach den Siegen der vergangen Jahren, insbesondere als die SVP 2015 die stärkste Partei im Land war, habe sie den Grosserfolg nicht vertragen. «Viele Sektionen sind fast eingeschlafen, die kantonale Partei läuft nicht mehr so, wie sie sollte», so Blocher.
Es gäbe viele in der Partei, die bequem geworden seien: «Die wollen nur ein Kaderjöbli und dann Karriere machen.» Blocher selbst habe immer gesagt: Wer Politik machen wolle, müsse dies aus dem Antrieb heraus tun, zu schauen, dass es der Schweiz gut gehe. Für ihn sei die Niederlage auch ein Weckruf. Jetzt müsse man intern über die Bücher gehen.
Vielleicht ist es, wie Blocher sagt, und die kürzliche SVP-Wahlschlappe liegt an der Bequemlichkeit, die sich innerhalb der Partei breit gemacht hat. Vielleicht aber hat es die SVP auch ganz einfach verpasst, auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren. Das zeigt der nächste Diskussionspunkt.
Schawinski erwähnt die neu gebildeten Komitees, die Organisationen, die sich in den letzten Jahren gebildet haben, um gegen die SVP anzutreten. Die Operation Libero etwa, die erfolgreich die Durchsetzungsinitiative bekämpft hat, oder die vielen kleinen Gruppen, die sich gegen die No-Billag-Initiative stark gemacht hatten. Schawinski meint: «Die Zivilgesellschaft hat sich organisiert.»
Und Blocher? Nun er kann mit diesen neuen – wie heissen sie noch alle? – «wilden Komitees» nicht viel anfangen. Er erinnert sich auch nicht mehr an den Namen seiner Kontrahentin während der Durchsetzungsinitiative.
Es scheint, als wären diese neuen zivilgesellschaftlichen Bewegungen für Blocher etwas Diffuses, gar schon Dubioses. Die Operation Libero könne sich jetzt fünf fest angestellte Mitarbeiter leisten, sagt er in verschworenem Ton.
Über Crowdfunding, sagt Schawinski.
Finanziert von der Economiesuisse, sagt Blocher.
Zuletzt aber gesteht Blocher ein, dass man sich diese Veränderungen gut anschauen müsse. Er sagt: «Offenbar fehlt vermehrt das Vertrauen in die grossen Parteien.» Das müsse geändert werden.
Damit kann davon ausgegangen werden, dass Blocher der Politik noch einige Jahre erhalten bleibt.