Im Bündnerland führt der sogenannte Heidi-Weg von Maienfeld ins Dörfchen Rofels hinauf. In der bekannten Kindergeschichte von Johanna Spyri muss Heidi den Aufstieg zu Fuss meistern. Heute wäre das nicht mehr nötig, denn bald will Postauto Schweiz auf der Strecke einen sogenannten Smart Shuttle testen: Ein selbstfahrendes Postauto, das die Passagiere ganz ohne Chauffeur die engen, kurvigen Strassen hinaufbringt.
Das Pilotprojekt ist nur ein Beispiel dafür, wie autonome Fahrzeuge langsam aber sicher in unser Leben vordringen. Auch andere Entwicklungen, wie das Aufkommen von Elektrofahrzeugen, stellen die Verkehrsplaner vor neue Herausforderungen. Im Bundeshaus geht nun die GLP in die Offensive – und deckt den Bundesrat mit einem ganzen Bündel an Forderungen zum Thema Mobilität ein. Darunter folgende:
Ergänzend zu den blauen Parkfeldern soll es in den Städten künftig auch «grüne Zonen» geben, verlangt die GLP-Fraktion in einer Motion. Die speziellen Parkplätze sollen für Elektrofahrzeuge reserviert und mit einer Ladestation ausgestattet sein. Vorgesehen ist eine längere Parkdauer als in der blauen Zone – damit die Fahrzeuge ihre Batterie voll aufladen können. Wer ein normales Auto mit Verbrennungsmotor im grünen Bereich parkiert, müsste mit Sanktionen rechnen.
«Der Bundesrat wird beauftragt die gesetzlichen Hürden zur Einführung autonomer Fahrzeuge abzuschaffen, sobald ein entsprechender Sicherheitsnachweis gegeben ist», heisst es in einer anderen Motion. Das Strassenverkehrsgesetz soll es den Verkehrsteilnehmern explizit erlauben, «das Lenkrad loszulassen». Versicherungen sollen die Möglichkeit erhalten, bei allfälligen Fehlern der selbstfahrenden Fahrzeuge den Hersteller haftbar zu machen.
Damit der geforderte Sicherheitsnachweis erbracht werden kann, fordert die Fraktion den Bundesrat in einem weiteren Vorstoss dazu auf, abzuklären, inwiefern Fahrassistenz-Systeme die Verkehrssicherheit verbessern und Unfälle reduzieren können.
Heute ist das ÖV-Netz in Land- und Berggebieten oft dünn – und teuer im Unterhalt. «Durch den effizienten Einsatz von selbstfahrenden Fahrzeugen könnten unrentable Linien ersetzt und Kosten gesenkt werden, während das Angebot gleichzeitig verbessert wird», sind die GLP-Verkehrspolitiker überzeugt. Ihnen schwebt vor, dass autonome Taxis die Passagiere von Bahnhöfen in die abgelegenen Regionen transportieren.
Die Vorschläge stammten aus der Ideenküche des «GLP Lab», sagt Parteipräsident Jürg Grossen. Das parteieigne Politlabor der Grünliberalen erarbeitete insgesamt neun Ideen für die Mobilität der Zukunft. Neben jenen, die nun in die parlamentarischen Vorstösse eingeflossen sind, findet sich in dem betreffenden Arbeitspapier etwa auch die Forderung, dass E-Lastwagen zeitlich befristet von der Schwerverkehrsabgabe befreit werden sollen.
Ein weiterer Vorschlag betrifft den Bau von Häusern: Künftig sollen in Neubauten und Tiefgaragen obligatorisch leere Rohre verlegt werden müssen. Der Clou: Durch diese können später günstig Elektroleitungen gezogen werden.
«An der Elektromobilität und den autonomen Fahrzeugen führt kein Weg vorbei», ist Jürg Grossen überzeugt. Die Politik könne deshalb «nicht früh genug» damit beginnen, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. «Wir wollen, dass die Schweiz bei der Planung der Mobilität der Zukunft eine Vorreiterrolle einnimmt und nicht einfach abwartet, wie andere Länder damit umgehen.»
Diametral anderer Meinung ist SVP-Verkehrspolitiker Walter Wobmann: «Es ist nun an der Forschung und der Wirtschaft, die Entwicklung im Bereich Mobilität voranzutreiben – der Staat soll sich da heraushalten.» Der Solothurner stört sich insbesondere daran, dass die Vorstösse sich so stark auf die Elektromobilität fokussieren. «Zumal die Herstellung der Batterien bislang alles andere als umweltfreundlich ist.»
Möglicherweise seien andere Antriebsarten – etwa Gas oder Wasserstoff – zukunftsträchtiger als die Elektromobilität, so Wobmann. «Wenn wir jetzt alle Karten auf die Förderung von E-Fahrzeugen setzen, würgen wir diese Alternativen ab.» Mit Massnahmen wie grünen Park-Zonen würden zudem auch die klassischen Autofahrer diskriminiert. «Wobei dieser Vorschlag wohl ohnehin primär als Marketing-Gag abzubuchen ist», so Wobmann.
Einverstanden ist der SVP-Verkehrspolitiker einzig damit, dass die Haftungsfrage bei den autonomen Fahrzeugen rasch geklärt werden muss. Auch andere Parteien haben sich bereits mit der Frage befasst, welche Gesetzesänderungen nötig sind, damit selbstfahrende Autos auf Schweizer Strassen zugelassen werden können. So debattiert der Ständerat nächste Woche über einen entsprechenden Vorstoss der FDP, auch eine Interpellation aus den Reihen der SP ist hängig.
GLP-Chef Grossen rechnet damit, dass die selbstfahrenden Autos in der Schweiz bereits in fünf bis zehn Jahren den Durchbruch schaffen könnten. «Selbstverständlich gibt es bis dahin aber noch viele offene Fragen zu klären – auch, was die Akzeptanz in der Bevölkerung betrifft.»
Darauf, welche Antriebsarten sich durchsetzen, habe die Schweiz nur einen «geringen Einfluss», so Grossen weiter. «Momentan scheinen die batteriebetriebenen Elektroautos die Nase vorne zu haben, wir Grünliberalen sind aber auch für andere erneuerbar betriebene Antriebsarten offen.»