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Der Schweizer Aids-Pionier Ruedi Lüthy über seine Arbeit in Simbabwe.

Wie der Schweizer Arzt Ruedi Lüthy in Simbabwe tausende Menschen vor dem Aids-Tod rettete

Interview
Ruedi Lüthy war einer der Pioniere der Aids-Medizin in der Schweiz. Seit 2003 lebt er hauptsächlich in Harare, wo er eine Aids-Klinik aufgebaut hat. Im Interview mit watson spricht er über seine erste Begegnung mit der Krankheit, seinen Umgang mit afrikanischem Aberglauben und die Entwicklung in Simbabwe seit dem Sturz von Diktator Mugabe. 
13.01.2019, 04:4113.01.2019, 21:44
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Anfang der 80er-Jahre war Ruedi Lüthy (77) einer der ersten Ärzte in der Schweiz, der sich mit Aids auseinandersetzte. Als Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten am Universitätsspital Zürich musste er zunächst zusehen, wie seine HIV-positiven Patienten wegstarben, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. In der zweiten Hälfte der 90er-Jahre war er mit dabei, als in der Schweiz grosse Fortschritte bei der Behandlung von HIV-positiven Menschen erzielt wurden.

2003 gründete Lüthy die Swiss Aids Care International (heute Ruedi Lüthy Foundation) und eröffnete in Simbabwes Hauptstadt Harare die Newlands Clinic.

Heute behandelt ein 75-köpfiges Team, davon 70 einheimische Mitarbeiter, jährlich rund 6500 Patienten aus ärmsten Verhältnissen. Die Stiftung bildet auch medizinisches Fachpersonal aus. Sie finanziert sich über Spenden und wird auch von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) unterstützt. Als zuständiger Bundesrat besuchte Aussenminister Ignazio Cassis während seiner Afrikareise am vergangenen Mittwoch die Newlands Clinic.

Herr Lüthy, Bundesrat Cassis lobte Sie und Ihr Team in den höchsten Tönen. Wie erlebten Sie die bundesrätliche Visite?
Ruedi Lüthy:
Das ganze Team und ich waren zutiefst geehrt vom Besuch von Bundesrat Cassis und noch viel mehr von seinen anerkennenden Worten. Seit 15 Jahren setzen wir uns mit Herzblut und Überzeugung für unsere Patientinnen und Patienten ein, und der Kampf gegen HIV/Aids muss mit aller Kraft weitergehen – davon bin ich überzeugt.

Weshalb?
In Simbabwe werden jedes Jahr rund 40'000 Menschen neu infiziert, und die Epidemie lässt sich nur mit gut ausgebildetem Fachpersonal bezwingen. Das lebensrettende Wissen wird im südlichen Afrika dringend gebraucht. Wir sind deshalb ausserordentlich dankbar für die grosse Unterstützung der Deza. Ohne diese Zusammenarbeit wäre alles, was wir bisher erreicht haben, gar nie möglich gewesen.

Ruedi Lüthy und Bundesrat Ignazio Cassis auf dem Gelände der Newlands Clinic.
Ruedi Lüthy und Bundesrat Ignazio Cassis auf dem Gelände der Newlands Clinic.Bild: andrew philip

Im Jahr 2003 waren Sie Abteilungsleiter am Unispital Zürich, Honorarprofessor, Präsident einer eidgenössischen Kommission und standen bloss drei Jahre vor der Pensionierung. Sie haben dieses angenehme Leben zurückgelassen und sind nach Simbabwe gegangen. Weshalb?
Damals lebten im südlichen Afrika zwei Drittel der weltweit mit HIV infizierten Menschen. Sie hatten damals keinen Zugang zu einer anständigen Therapie, obwohl uns diese Mittel in der Schweiz seit Mitte der 90er Jahre zur Verfügung standen. Hierzulande hatten wir seit der Einführung der sogenannten Dreierkombinations-Therapie beispiellose Erfolge erzielt im Kampf gegen HIV/Aids. Dass derweil im südlichen Afrika noch immer Abertausende an den Folgen von HIV starben, hielt ich für einen unhaltbaren Zustand. Hinzu kam ein emotionales Schlüsselerlebnis aus dem Jahr 2000.

Welches?
An einem internationalen Aids-Kongress in Durban sagte mir ein hoher südafrikanischer Richter: «Jeder Teilnehmer reist nach diesem Kongress mit dem Wissen nach Hause, dass in unserer Region 30 Millionen Menschen wegen Aids frühzeitig sterben. Wer trotzdem nichts dagegen tut, der handelt ähnlich wie jene Menschen, die während der Zeit des Nationalsozialismus nichts gegen die Judenverfolgung unternommen haben. Oder die weissen Südafrikaner, die nichts gegen die Apartheid unternahmen.» Diese Worte haben mich tief bewegt. Ich sagte mit Blick auf meine bevorstehende Pensionierung: «Ich will hier tun, was ich zu tun vermag.»

Wie war Ihre erste Begegnung mit Aids?
Daran erinnere ich mich noch genau. Es war im Jahr 1982, als ein junger, etwa 25-jähriger Mann mit einer Lungenentzündung zu uns kam. Wir konnten nicht feststellen, was die Lungenentzündung ausgelöst hatte. Von Aids wusste man damals noch nichts. Wir standen vor einem Patienten, der fast an einer Lungenentzündung starb, obschon er sonst scheinbar gesund war. Dieser junge Mann bildete den Auftakt zu einer ganzen Reihe junger Menschen – damals fast ausschliesslich Männer – die eine Komplikation nach der anderen hatten. Sie wurden immer kränker und am Ende starben sie, ohne dass wir ihnen helfen konnten. 1984 gelang es uns, dank guten Kontakten zu den führenden Aids-Forschern in den USA, zum ersten Mal HIV-Tests durchzuführen. Ab dann wussten wir, womit wir es zu tun hatten.

«Ich bin in einer sehr konservativen Familie aufgewachsen. Homosexualität wurde überhaupt nicht thematisiert.»

Am Anfang waren hauptsächlich homosexuelle Männer von Aids betroffen. Das führte teilweise zu einer Stigmatisierung dieser Gruppe. Wie haben Sie damals die gesellschaftlichen Aspekte der Krankheit wahrgenommen?
Der Umgang mit Aids-Betroffenen war nicht nur von medizinischen, sondern auch von sozialen, zwischenmenschlichen und psychologischen Faktoren geprägt. Genau das faszinierte mich. Ich bin in einer sehr konservativen Familie aufgewachsen. Homosexualität wurde überhaupt nicht thematisiert. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich 1985 auf Einladung eines Vereins homosexueller Studenten einen Vortrag an der Uni Zürich hielt. Im Vorlesungssaal sassen weit über hundert schwule Männer, darunter viele schmusende Paare. Das war ein dermassen starker Kontrast zum normalen Vorlesungsbetrieb. Das kannte ich sonst nicht. Diese nicht-medizinischen Aspekte sowie der Kontakt mit gesellschaftlichen Schichten, mit denen ich bisher wenige Berührungspunkte hatte, haben mich fasziniert und bei meiner Arbeit motiviert.

Aids findet immer in einem gesellschaftlich-kulturellen Kontext statt. Was waren hierbei im Vergleich zur Schweiz die grössten Unterschiede, als Sie 2003 nach Harare kamen?
Bei meiner Ankunft in Simbabwe war der Umgang und das Wissen über die Krankheit ähnlich wie in der Schweiz der 80er Jahre. Die Sexualität war ein enormes Tabu. Niemand in der Familie durfte wissen, dass ein Angehöriger HIV-positiv war. Die Leute haben sich geweigert, darüber zu sprechen, wie sie sich infiziert haben könnten. Hinzu kam, dass die Menschen einfach wegstarben. In jeder Familie gab es mindestens ein oder zwei Mitglieder, die wegen Aids gestorben sind. Und man konnte zunächst rein gar nichts dagegen tun. Das war zu einem Zeitpunkt, als wir in der Schweiz seit zehn Jahren eine höchst erfolgreiche Therapie anwendeten. Das war schockierend.

Ruedi Lüthy bei der Visite. 
Ruedi Lüthy bei der Visite. Bild: zvg

Wie hat sich Ihre Wahrnehmung, Ihre Beziehung zu Aids verändert, seit Ihrer ersten Begegnung mit der Krankheit?
In den ersten zehn Jahren meiner Arbeit war es eine Krankheit, die Leute umbrachte. Ohne Ausnahme. Das hat mir persönlich schwer zu schaffen gemacht. Die Leute, die wir medizinisch betreut haben, sind einfach weggestorben. Das hat mir die Bedeutung der Palliativmedizin vor Augen geführt und mich und andere Ende der 1980er Jahre dazu bewogen, das Sterbehospiz Zürcher Lighthouse zu gründen. Während Jahren sind alle Menschen, die zu uns ins Lighthouse kamen, innert kurzer Zeit gestorben. Das änderte sich 1996 innerhalb weniger Monate radikal.

Weshalb?
Wir konnten die Dreierkombinations-Therapie flächendeckend anwenden. Plötzlich bedeutete eine HIV-Infektion nicht mehr den sicheren Tod, sondern konnte mit einer Therapie behandelt werden. Im Lighthouse gab es plötzlich Patienten, die nicht mehr dort starben, sondern wieder nach Hause gehen konnten. Das war ein fundamentaler Wandel, der mich emotional beeindruckt hat. Ich denke, das gab mir die Kraft, 2003 nach Simbabwe zu gehen. Denn ich wusste: Wir können wirklich etwas bewirken! Das war ein motivierender Gedanke.

Nach den Fortschritten in der Schweiz setzten Sie sich in Simbabwe noch einmal dem Leid und Tod von unheilbar kranken HIV-Patienten aus. Mit welchen Emotionen?
Gerade in meiner Anfangszeit starben noch sehr viele Menschen, weil die Hilfe für sie schlicht zu spät kam. Trotzdem überwogen die positiven Eindrücke: Zu beobachten, wie es vielen schwer kranken Leuten innerhalb weniger Wochen so viel besser ging, oder zu sehen, wie unendlich dankbar sie sind. Das waren wunderbare Erlebnisse.

«Viele Simbabwer meinen, ihre Lebenskraft werde ihnen geraubt, weil sie beispielsweise ihre Ahnen nicht ausreichend verehrt haben. Oder noch schlimmer, weil sie von einer anderen Person verwünscht worden sind.»

Im südlichen Afrika sehen manche HIV-Infizierte ihre Krankheit als eine «Strafe der Dämonen». Wie gehen Sie mit diesem Aberglauben um?
Es ist schwierig, das zu verallgemeinern. Krankheiten werden hier von vielen Menschen primär als Verlust ihrer Lebenskraft wahrgenommen. Und dieser Verlust an Lebenskraft wird häufig nicht mit rationalen Kausalitäten wie etwa Viren, Bakterien oder einem Tumor erklärt. Viele meinen, ihre Lebenskraft werde ihnen geraubt, weil sie beispielsweise ihre Ahnen nicht ausreichend verehrt haben. Oder noch schlimmer, weil sie von einer anderen Person verwünscht worden sind.

Wie ist es Ihnen gelungen mit rationalen, medizinischen Argumenten zu überzeugen?
Am Anfang war das Verständnis für diese Krankheit überhaupt nicht da. Die Leute sagten sich: «Ich wurde verwünscht, damit muss ich jetzt leben.» Erst als sie in ihrem Umfeld miterlebten, wie schwerkranke Menschen dank unserer Behandlung wieder gesund wurden, begannen sie an die Wirkung der Medikamente zu glauben. Damit gelang es uns, diesen uralten Glauben an die Ursache der Krankheiten ein Stück weit zu überwinden. Am stärksten war die Wirkung, wenn kranke Kinder wieder gesund wurden. Es gab keine besseren Werbeträgerinnen wie Mütter, die ihrem Umfeld überglücklich von der Genesung ihrer Kleinen erzählten.

Was ist der schwierigste Aspekt Ihrer Arbeit in Simbabwe?
Ich denke, es ist die Armut der Menschen hier und die Art und Weise, wie sie von ihrer Regierung behandelt werden. Es ist dieses unnötige Leiden, verursacht durch die politische und wirtschaftliche Situation in Simbabwe. Wenn Leute krank werden und sterben, konnte ich mich damit abfinden. Ich reagiere jedoch mit Wut und Unverständnis, wenn Menschen an den Folgen einer Hungersnot sterben, weil die Regierung Farmer enteignet und vertreibt und dadurch der Nahrungsmittelbedarf plötzlich nicht mehr gedeckt werden kann.

Bundesrat Ignazio Cassis, Ruedi Lüthy und seine Tochter Sabine, die Geschäftsführerin der Stiftung.
Bundesrat Ignazio Cassis, Ruedi Lüthy und seine Tochter Sabine, die Geschäftsführerin der Stiftung.Bild: andrew philip / ruedi lüthy foundation

Sie sind nicht nur in einem der weltweit ärmsten und am stärksten von Aids betroffenen Ländern tätig, sondern auch in einem der korruptesten. Wie geht man damit um?
Wir werden durch private Spendengelder finanziert sowie durch Beiträge der Deza. Dadurch sind wir unabhängig vom simbabwischen Gesundheitsministerium. Zudem haben wir von Anfang an völlig klar kommuniziert, dass wir niemals Schmiergelder bezahlen werden. Daran halten wir uns eisern und das wird respektiert. Bei uns ist die Behandlung gratis und sie erfolgt alleine nach medizinischen Standpunkten. Das wissen alle.

Die Regierung gilt nicht nur als korrupt, sondern auch als unfähig. Leidet die Qualität Ihrer Klinik darunter?
Wir arbeiten mit den simbabwischen Behörden zusammen, bleiben jedoch autonom. Wir tun das, was wir für richtig halten. So haben wir beispielsweise angefangen, kindergerechte Aids-Medikamente herzustellen, damit die Dosierung stimmt. Das Gesundheitsministerium wollte uns das damals verbieten. Wir haben es trotzdem gemacht. Manchmal braucht es einfach etwas Zivilcourage.

Im Herbst 2017 wurde der Langzeitherrscher Robert Mugabe entmachtet. Was hat sich mit seinem Sturz geändert – für das Land und für Ihre Klinik?
Für die Klinik hat sich nichts geändert, der Betrieb läuft reibungslos. Im Land gab es nach Mugabes Entmachtung eine kurze Periode grosser Hoffnung. Die Vorbereitungen auf die Wahlen im Sommer 2018 verliefen anders als gewohnt, positiver. Polizei und Armee hielten sich zurück, die Leute gingen auf die Strasse und äusserten frei ihre Meinung. Nach den Wahlen wurde Emmerson Mnangagwa zum Sieger erklärt, der zuvor Teil des Mugabe-Regimes war. Der unterlegene Oppositionskandidat akzeptierte das Wahlergebnis nicht. Am Folgetag wurden seine Anhänger bei einer Demonstration auf offener Strasse von der Armee erschossen. Das beendete diese kurze, hoffnungsvolle Phase wieder. Und seither hat sich die eh schon katastrophale ökonomische Situation nochmals massiv verschlechtert.

«In meinem ganzen vorherigen Berufsleben als Arzt konnte ich nie eine solche Wirkung erzielen, nie so vielen Menschen dabei helfen, gesund zu werden, wie das in Simbabwe mit eigentlich überschaubarem Aufwand möglich ist.»

Was war rückblickend ausschlaggebend für den Erfolg Ihres Lebenswerks in diesem schwierigen Umfeld?
Es hat einerseits sicher geholfen, dass ich einen  «sturen Grind» habe und nicht so schnell aufgebe (lacht). Andererseits hatte ich das Glück, ein Team aufzubauen, das dem Projekt gegenüber unglaublich loyal war. Wir haben eine Equipe, die zusammenhält, für das Wohl der Patienten sorgt und immer am selben Strick zieht.

Wie haben Sie in den schwierigen Phasen der 15-jährigen Geschichte der Klinik die Hoffnung und den Optimismus bewahrt?
Ich denke, die Unterstützung meiner Familie war entscheidend. Und das, was die Patienten zurückgeben. In meinem ganzen vorherigen Berufsleben als Arzt konnte ich nie eine solche Wirkung erzielen, nie so vielen Menschen dabei helfen, gesund zu werden, wie das in Simbabwe mit eigentlich überschaubarem Aufwand möglich ist. Hinzu kommt: Als unabhängige Stiftung kann man selbständigere Entscheidungen fällen, als dies etwa an einem Unispital der Fall ist. Auch diese Freiheit ist eine Motivation.

Ruedi Lüthy beim Unterricht in der Newslands Clinic.
Ruedi Lüthy beim Unterricht in der Newslands Clinic.Bild: zvg

Sie mussten manchmal ethisch schwierige Entscheidungen treffen. Etwa angesichts beschränkter Ressourcen darüber befinden, welche Patienten eine Therapie bekommen und welche nicht. Wie lernt man, solche Entscheide zu treffen?
Auf diese Situationen kann einem das Studium nicht vorbereiten. Ganz wichtig ist: Solche Entscheide treffen wir im Team. Ich achte sehr darauf, was meine simbabwischen Ärztekolleginnen und -kollegen sagen, auch aufgrund ihres kulturellen Hintergrunds. Auch hier ist die Loyalität unseres Teams dem Projekt und dem Patientenwohl gegenüber von unschätzbarem Wert. Wir alle wissen: Einerseits sind unsere Mittel beschränkt, andererseits wollen wir allen so gut wie möglich helfen.

Können Sie ein Beispiel für eine solche Situation nennen?
Wir haben vor zwei Jahren entschieden, HIV-Patienten, die einen Tumor haben, in unser Programm aufzunehmen und gratis zu behandeln. Die Onkologen in Simbabwe haben das ebenfalls mitbekommen und überweisen uns ihre Patienten. Wir haben dann gemerkt: Hoppla, all diese Untersuchungen und Krebsbehandlungen, das können wir uns schlicht und einfach nicht leisten. Doch es kann ja dann nicht darauf hinauslaufen, dass ich oder ein anderer Arzt willkürlich entscheidet, wer eine Therapie bekommt und wer nicht. Wir haben dann gemeinsam einen Grundsatz festgelegt: Die Erfolgsaussichten, mit einer Therapie noch ein paar vernünftige Lebensjahre zu ermöglichen, sind entscheidend, ob ein Patient ins Programm aufgenommen wird oder nicht. Solche Fragen sind verdammt schwierig. Ich würde sie deshalb nie alleine beantworten können und wollen.

«Ich musste sicher lernen, nicht damit zu hadern, dass ich manchmal nichts tun kann.»

Was haben Sie in diesen schwierigen Situationen über sich selber gelernt?
Es gibt ein Gebet, das Franz von Assisi zugeschrieben wird: «Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.» Der letzte Teil ist der schwierigste. Ich musste sicher lernen, nicht damit zu hadern, dass ich manchmal nichts tun kann.

Sie haben 2014 die administrative und vor zwei Jahren auch die medizinische Leitung abgegeben. Warum sind Sie in Harare geblieben?
Ich sage das ganz offen: Das Loslassen ist mir schwergefallen. Wenn man Verantwortung abgibt, gibt es auch immer wieder Entscheidungen, die man selber anders gefällt hätte. Aber meine Nachfolger in der Klinik leisten hervorragende Arbeit. Dies gilt auch für meine Tochter, die in Bern die Stiftung leitet und mit ihrem Team dafür sorgt, dass wir Jahr für Jahr genügend Spenden sammeln. Denn nur mit dieser Unterstützung aus der Schweiz ist es möglich, unseren Patientinnen und Patienten ein zweites Leben zu schenken.

Welche Aufgaben nehmen Sie wahr, jetzt wo Sie kürzer treten?
Ich habe heute die Funktion eines sekuru, eines alten Mannes mit weissen Haaren, der Respekt geniesst und überall ein bisschen nach dem Rechten schaut (lacht). Ich bin dankbar, dass ich weiterhin drei Viertel des Jahres in Harare sein kann und von Leuten umgeben bin, die mich gerne haben und die ich gerne habe.

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18 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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abishot
13.01.2019 08:34registriert November 2015
WOW was für ein toller Mensch. Bitte mehr solche Portraits.
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Kollani
13.01.2019 08:47registriert Januar 2017
Beeindruckender Mann! Tolles Interview!
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Art Peterson
13.01.2019 08:54registriert Dezember 2018
Danke Herr Lüthy, es ist grossartig was sie für diese Ärmsten leiten. Ich bereiste in den 90iger für längere Zeit dieses Land, dessen Regierung so gar nicht zu der Freundlichkeit der Bevölkerung und Schönheit der Landschaft passte. Ich sah großes Elend, weil Aids damals Millionen Menschen wie die Pest dahin raffte. Mutige und selbstlose Menschen,wie Sie Herr Lüthy geben diesem verarmten Land wieder etwas Hoffnung zurück.
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