Wäre es ein Märchen, es liesse sich kaum schöner erzählen. Da ist Bergbauer Armin Capaul, der im Berner Jura einen Hof mit Kühen, Ziegen, Schafen, Eseln, Hunden und Katzen betreibt. Seine Tiere müssen glückliche sein, er hört mit ihnen Beatles und tanzt auch dazu. Das Tierwohl ist für den Bauer prioritär. Selbstverständlich leben seine Tiere, wie die Natur sie schuf: Mit Hörnern.
Bei drei Vierteln der Schweizer Kühe werden diese entfernt. Capaul wollte das ändern, weil er der Meinung ist, die Tiere würden ein Leben lang unter der Enthornung leiden. Der eigensinnige Bauer hat seinen Tieren vor Jahren versprochen, etwas zu unternehmen. Nachdem er im Parlament kläglich scheiterte, ist er durch die Schweiz getourt und hat 100 000 Unterschriften für die Initiative gesammelt. Mehrere hundert tausend Bürger sind dem Anliegen gefolgt. Am Schluss reichte es knapp nicht. Und deshalb bleibt die Geschichte des Bauers, der gegen die Institutionen antrat und für seine Überzeugung kämpfte ein Märchen der direkten Demokratie.
Dass die Initiative abgelehnt wurde, schmerzt im Hinblick auf das ausserordentliche Engagement des sympathischen Bauers. Doch gibt es freilich auch die weniger verklärte, unromantische Sicht auf Hörner: Sie verletzen die Bauern, die mit den Tieren arbeiten und sie verletzen sich in Rangkämpfen gegenseitig. Zudem führen Subventionen allzu oft zu Fehlanreizen: Weil die Rinder mit Hörner viel mehr Platz brauchen in den Laufställen, hätte es sicher auch Bauern gegeben, welche den platzsparenden Anbindestall vorgezogen hätten – was ein massiver Rückschritt in der Tierhaltung bedeuten würde.
Doch da behornte Tiere die Herzen der Städter offenkundig höher schlagen lassen, ist das Thema nicht vom Tisch. Gewiefte Bauern müssen die Tierhaltung, die Hörner und die daraus entstehenden Produkte besser vermarkten. Das Interesse daran scheint nach dem heutigen Resultat gross. Nicht nur der Staat auch der Markt kann Anreize schaffen, die das Tierwohl fördern.