Jetzt ist es also passiert. Das Verbot, das direkt ins Eigenheim hineinfingert, und «Mei-Mei» zu Steinwüsten sagt. In Solothurn dürfen ab 1. Oktober 2024 keine mit Vlies versiegelten Schotterflächen mehr das heimische Land zieren.
«Ein Angriff auf die Freiheit! Mein Heim, meine Entscheidung! Der Staat wird immer schlimmer!», so wird gepoltert. Und ja, zu Recht. Verbote sind böse, ich bin grundsätzlich auch dafür, dass man Menschen als mündige Wesen behandeln sollte.
Unglücklicherweise zeichnet sich aber in besorgniserregendem Masse immer mehr ab, dass wir das nicht unbedingt sind. Und dass wir am Ende mit zu viel Freiheit nicht umgehen können. Verdammt dazu seien wir, meinte schon Sartre. Aber Sartre war Franzose. Einem Volk von königstreuen Zentralisten entsprungen! Sowas gab's und gibt's in der Schweiz nicht und wird es auch niemals geben, so haben wir uns das 1291 geschworen. Tod vor Knechtschaft!
Ok, gut. Wir wollen unsere Freiheiten behalten. Sie kommen aber mit einer Verantwortung. Und wenn wir diese nicht wahrnehmen, dann kommt der Staat. Ein Staat, dessen Parlament wir hierzulande glücklicherweise selbst gewählt haben. Ihn als Feind zu sehen, ist verständlich, aber verfehlt, sofern man die Demokratie nicht grundsätzlich in Frage stellen will. Er ist vielmehr der nervige Vater, der uns zu beschützen versucht. Der glaubt, er wisse, was gut ist für uns.
Manchmal weiss er es. Und manchmal nicht. Nie wird man alle seine Entscheidungen gutheissen. Am Ende aber ist er es, der unsere Freiheit überhaupt erst garantiert – mit seinen Gesetzen und der Sicherstellung ihrer Befolgung. Ausserhalb dieser dem Frieden verschriebenen Zone herrscht Naturzustand. Das Recht des Stärkeren, der «Krieg aller gegen alle», wie Thomas Hobbes schrieb. Denn einen freien Naturzustand des Menschen gibt es nicht, da ist kein universaler Raum, in dem er frei wäre.
So genug der Staatsphilosophie, die interessiert die aufgebrachten Schottergärtenbesitzer wahrscheinlich herzlich wenig. Und auch das zu Recht.
Vielleicht aber hilft es, sich das Verbot einmal genau anzusehen:
Zuerst einmal muss man klar zwischen Steingärten und den mit Plastikfolie, Vlies oder gar Beton hermetisch abgeriegelten Schotterwüsten unterscheiden, um die es im Solothurner Verbot geht: Erstere können biologisch sehr wertvoll sein, viele einheimische Ruderalpflanzen – also Hungerkünstler, die trockene, heisse Standorte lieben – wie beispielsweise das Eisenkraut, der Steinklee, der Natternkopf oder die Wilde Malve fühlen sich darin wohl und bieten Eidechsen und Insekten ein wertvolles Zuhause.
In den Schotterwüsten aber kann nichts und niemand leben. Nicht einmal Eidechsen. Weil sie sich wegen der Vliesbarriere nicht in den Boden eingraben können, ist eine solche Einöde selbst für sie absolut nutzlos.
Steinsäulen ragen wie Grabsteine aus jenem Totenreich, über das einzig eine Libanon-Zeder wacht, dem einen Loch in der Folie entstiegen und mit ihren gespenstisch verrenkten Armen das Nichts umarmend, das sie umgibt. Immergrün und scheinbar unsterblich steht sie da, die Untote, und hört in der Totenstille, wie unter ihr die Würmer ersticken in der fruchtlosen Erde und das Wasser weint, weil es nicht richtig absickern kann. Und über jener höllischen Wüstenei staut sich die Hitze, wabert wie ein Feuernebel hinaus auf die Strasse und versengt jeden, der daran vorübergeht.
Die Frage lautet also: Wer will ein solches Totenreich am Leben erhalten? Am Ende ist es doch so: Leben bedeutet Kreislauf. Mit Plastikfolien unterbricht man ihn. Verhindert Umwandlung, Wiederverwertung und damit die Entstehung neuen Lebens. Wenn die Natur stirbt, sterben auch wir. Denn auch wenn wir sie immer wieder ausbeuten, verschandeln und zerstückeln, sind wir ein Teil von ihr.
Wer also will für die Freiheit kämpfen, die Natur im eigenen Garten abtöten zu dürfen? Wahrscheinlich niemand, wenn man es so formuliert.
Das Schottergarten-Verbot ist im Grunde Ausdruck der Verzweiflung. Eine solche kommt auf, wenn die Aufklärungsarbeit versagt hat, die Anreize zu gering sind und einfach keine Zeit mehr bleibt. Wenn der Wille zum Guten an der Trägheit des Menschen gescheitert ist, müssen solche «Notstandsgesetze» her.
Und natürlich nerven sie, und umso mehr, je näher sie an den eigenen Gartenzaun rücken. Nur scheint mir dieses um einiges dringlicher als so manche Verordnung, die die Fassadenfarbe eines Hauses oder dessen fehlende Fenstersprosse betrifft. Man schützt die Historie, man schützt das Ortsbild mit tausenden Bauvorschriften, warum also nicht die Natur?
Was macht es mit einem Ortsbild, wenn es zugepflastert wird mit grauem Schotter, in das wiederum ein paar schlecht kopierte römische Amphoren und zu diesem Zwecke eigens halbierte Pflanzkübel ihr strahlend weisses Carrara-Marmorkies hineinkotzen?
Ein Eigenheim ist keine reine Zone der Freiheit, es ist Teil des Ganzen. Das merk ich allein an den Blicken, die ich im Herbst für meinen von Laub übersäten Garten ernte. An der Frage des mit Laubbläser bewaffneten Anwohners, wann ich dann gedenke, den Rechen in die Hand zu nehmen. Dass ich das bis zum Frühling überhaupt nicht tue, kommt nicht sonderlich gut an. Ausser bei den Igeln, Mäusen, Würmern, Spinnen, Käfern, Raupen und Faltern. Für den Rest bin ich diejenige, die das Quartierbild mit ihrer ungepflegten Wildnis ruiniert.
Aufgeräumt muss der Garten sein, das ist das schweizerische Urbild im Kopf des Eigenheimbesitzers. Dass man in den Wäldern längst nicht mehr alles wegräumt, dass Totholz nicht tot ist und dass Laub für viele Tiere ein willkommener Unterschlupf für die kalten Winternächte ist, scheint dagegen wenig Anerkennung zu finden.
Die Krönung dieser gartentechnischen Makellosigkeit scheint mir eben jener Schottergarten zu sein. Denn der produziert nicht einmal Laub. Da ist kein Platz für Unordnung. Tote Dinge machen sowas nicht.
Und solange jener Friedhof der Krabbeltiere als erstrebenswert gilt, ist dieses Verbot leider nötig. Solange ich Sätze höre wie: «Wenn ich dein Haus gekauft hätte, hätte ich als erstes alle Bäume gefällt», ist dieses Verbot leider richtig.
Denn wer ein Haus besitzt, besitzt auch ein Stücklein Erde, für das er verantwortlich ist. Und wenn unsere Bäuerinnen und Bauern 3,5 Prozent ihrer Ackerflächen in sogenannte Biodiversitätsförderflächen umwandeln müssen, dann ist es nur gerecht, wenn auch alle anderen ihren Teil dazu beitragen.
Nicht erwaehnt wurde der ekende Mikroplastik durxch das Vlies, aus Gründen schwer abbaubar.
Bitte verwendet in Gärten nur unbehandeltes Holz, Stein, nicht lackiertes Metall zur Not. Mehr brauchts nicht, ausser bitzli Recherche wie konstruktiver Bauschutz geht.