Sexuelle Gewalt, Folter, Mord – vielen der 270'000 Schweizer Spenderinnen und Spendern von WWF erging es diese Woche ähnlich wie Regula Bachmann-Steiner, Sektionspräsidentin des WWF Aargau. Sie traute ihren Augen nicht, als sie die Schlagzeilen über ihre Organisation las.
In Ländern wie Kongo, Kamerun oder Nepal sollen vom WWF bezahlte Wildhüter gefoltert und gemordet haben, bei ihrem Kampf gegen die Wilderei Menschenrechte mit Füssen getreten haben.
Die WWF-Kantonalsektionen zwischen Basel und St. Gallen geben sich bedeckt. Regula Bachmann-Steiner von der Aargauer Sektion ist eine der wenigen Sektionspräsidentinnen, die sich äussern mögen. «Der WWF muss der Sache unbedingt auf den Grund gehen. Das wühlt uns in den Sektionen sehr stark auf, und ich will unbedingt wissen, was da genau vor sich gegangen ist», sagt sie auf Anfrage.
Am Mittwoch habe sie sich deswegen in einer E-Mail an die WWF-Zentrale in Zürich gewandt und darauf hingewiesen, die Vorkommnisse seien unbedingt auch innerhalb der Schweizer Organisationen zu thematisieren.
Solche Meldungen an die Zentrale gingen auch aus anderen Sektionen ein. Und schon morgen Samstag werden die Menschenrechtsverletzungen Thema an der WWF-Präsidentenkonferenz in Bern, an der alle 23 Schweizer Sektionen vertreten sind.
Der WWF-Schweiz-CEO Thomas Vellacott werde dort über die Anschuldigungen und die versprochene Aufarbeitung informieren. Das habe WWF Schweiz in einer Mail an die Regionalpräsidenten geschrieben, sagt Jörg Häfliger, Präsident der WWF-Sektion Luzern.
Die Kantonalsektionen fürchten um den guten Ruf ihrer Organisation. Diese ist auf Spenden angewiesen. Letztes Jahr waren es in der Schweiz knapp 40 Millionen Franken.
Der Skandal um die mordenden Wildhüter trifft die Organisation ins Herz, geht es doch um ihr Steckenpferd, den Schutz von grossen Wildtieren wie etwa Nashörnern oder Tigern. Sie sind aus keinem der Magazine wegzudenken, die der WWF vierteljährlich an seine Mitglieder verschickt.
Das Engagement für Nashorn und Co. ist nicht nur bedeutend für die weltweite Artenvielfalt, sondern auch für die Einnahmen des WWF, der laut eigenen Angaben grössten Umweltorganisation der Schweiz.
Die Verärgerung der Mitglieder ist bereits spürbar, wenn auch erst vereinzelt. «Heute hatten wir 13 Austritte, die wir im Kontext des Buzzfeed-Artikels sehen», schreibt WWF Schweiz gestern Abend auf Anfrage.
Das Online-Medium Buzzfeed hatte zusammen mit Partnern die aufwendige Recherche veröffentlicht. Andere Mitglieder, so WWF Schweiz, seien beunruhigt wegen der Reputation des WWF. «Sie bitten uns, die Vorwürfe schnell und sauber aufzuarbeiten.»
Das hat der WWF versprochen. Eine gründliche Aufarbeitung erwarten aber nicht nur die Mitglieder in den Sektionen, sondern auch wichtige Geldgeber aus der Wirtschaft. Bis zu sechs Millionen Franken jährlich erhält der WWF Schweiz allein von Migros und Coop zusammen. Beide halten an der Partnerschaft mit dem WWF fest. Sie verweisen auf die Schweizer Projekte, bei denen sie involviert sind.
Andere bekannte Geldgeber des WWF heissen Emmi, Ikea, Lidl oder Swisscom. Keiner der insgesamt elf Firmenpartner will zum jetzigen Zeitpunkt die Partnerschaft beenden. (aargauerzeitung.ch)