Der Videobeweis im Fussball ist ein voller Erfolg – zumindest, wenn man die nackten Zahlen betrachtet. In Italien beispielsweise wurde die Fehlerquote der Schiedsrichter in der Serie A und in der Coppa Italia dank VAR (Video Assistant Referee) deutlich gesenkt, wie aktuelle Zahlen belegen. Nur noch bei 0,98 Prozent aller Entscheide lagen die Unparteiischen falsch. Vor der Einführung des Videobeweises war das noch bei 6,05 Prozent all ihrer Pfiffe der Fall.
In diesen 4 Fällen darf der VAR eingreifen:
1. Bei Toren oder Regelverstössen bei deren Entstehung. 2. Bei Penalty-Entscheidungen. 3. Bei Roten Karten (nicht bei zweiten Gelben Karten). 4. Wenn die falsche Person die Gelbe oder Rote Karte sieht.
Damit der Videobeweis zum Zug kommen kann, muss eine klare Fehlentscheidung des Platz-Schiedsrichters vorliegen.
Gemäss Gazzetta dello Sport wurde der Videobeweis in insgesamt 346 Spielen bis und mit 33. Spieltag 1736 Mal angewandt: 916 Mal bei Toren, 464 Mal bei Penaltys und 356 Mal bei Platzverweisen. 105 Entscheidungen wurden geändert, davon 17 zu Unrecht. Acht von diesen Fehlentscheiden hatten später auch Einfluss aufs Resultat. In Italien belegen die Statistiken zum VAR ausserdem, dass es seit seiner Einführung weniger Fouls, Proteste und Simulationen gegeben hat.
VAR in Italien nach 346 Spielen: – 1.736 Checks, 105 Entscheidungen geändert, 17 zu Unrecht – Fehlerquote: 6,05% ohne VAR, 0,98% mit VAR – Abnahme von Fouls (–8,8%), Protesten (–19,3%), Simulationen (–43%) – Zunahme von Elfmetern (+4,3%)https://t.co/BYZYGNzUhr (via @nic_hh)
Ähnlich sind die Zahlen in Deutschland. Bis und mit 28. Spieltag wurden in der Bundesliga in 234 Partien gemäss der «Bild»-Zeitung 63 Schiri-Entscheide durch den Videobeweis revidiert. Davon waren 11 VAR-Korrekturen falsch, allesamt ereigneten sich in den ersten 15 Spieltagen.
Aus den Statistiken ist eindeutig herauszulesen: Der Fussball ist seit der Einführung des Videobeweises gerechter geworden. Trotzdem hat dieser nach wie vor einen schlechten Ruf.
Dafür gibt es drei Gründe:
Keine absolute Gerechtigkeit möglich Die Entscheidungen des Video-Schiedsrichters beruhen nach wie vor auf subjektiven Einschätzungen. Fehler können deshalb nie gänzlich vermieden werden. Die Akzeptanz beim Publikum für Fehlentscheidungen ist mit Videobeweis aber tiefer geworden. Schliesslich können die Unparteiischen dank VAR auf Zeitlupen und Wiederholungen zurückgreifen.
Zu lange Entscheidungsfindung Zwar wurde hier nachgelegt, aber nach wie vor dauert es schlicht zu lange zwischen Aktion und endgültiger Schiri-Entscheidung. Gemäss dem regelbestimmenden International Football Association Board (IFAB) im Schnitt 68 Sekunden, wenn sich der Schiedsrichter die Szene am Bildschirm selbst anschaut. Falls nicht, verkürzt sich die Zeitspanne auf durchschnittlich 35 Sekunden. Doof, wenn dazwischen der Pausenpfiff liegt, wie beim Spiel zwischen Mainz und Freiburg.
Fehlende Transparenz Wann und warum der Video-Schiedsrichter einschreitet, ist meist weder für die Zuschauer im Stadion noch zuhause am TV nachvollziehbar. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Alle müssen sofort wissen: Es erfolgt eine Videokontrolle, die getroffene und im Moment bestehende Entscheidung könnte revidiert werden. Schliesslich darf der Fussball seine grösste Stärke – eine einfache und für alle auf Anhieb zu verstehende Sportart zu sein – nicht verlieren.
Noch immer befindet sich der Videobeweis in der Testphase, in den Kinderschuhen sozusagen. Spätestens an der WM im Sommer in Russland, wo der Videobeweis erstmals bei einem grossen Turnier zur Anwendung kommt, müssen diese Probleme behoben sein. Sonst droht dem Videobeweis ein Debakel – und das, obwohl der den Fussball eigentlich gerechter macht.
Das offizielle Poster der WM 2018 – und seine Vorgänger
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Das offizielle Poster der WM 2022 und seine Vorgänger
WM 2022 in Katar – die einheimische Künstlerin Bouthayna Al Muftah hat acht Plakate entworfen, dieses ist das Hauptmotiv. Es zeigt nebst einem Fussball das traditionell in Katar getragene Kopftuch.
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Die beliebtesten Kommentare
Theor
27.04.2018 07:35registriert Dezember 2015
Beim American Football funktioniert der Videobeweis tadellos, also kann er auch im Fussball richtig umgesetzt werden. Und wenn dadurch das ganze Schmierentheater um die Schwalben eingedämpft werden kann (siehe Text), dann ist der Videobeweis meines Erachtens das Beste, was dem Sport passieren konnte. Wegen dem ganzen rumgepusse, geschwalbe und diskutierens mag ich Fussball nämlich nicht mehr.
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