Seit Segers Unterschrift unter den letzten Spieler-Vertrag seiner Karriere im vergangenen Februar ist beim ZSC viel passiert. Im Frühling zog sich der langjährige Sportchef Edgar Salis nach dem erneuten Playoff-Viertelfinal-Out zurück, seit Anfang Mai orchestriert Sven Leuenberger das Tagesgeschäft. Ein umfassendes House-Cleaning fand bei den Lions nicht statt, aber die Leitung der Organisation hat mehr als nur flankierende Massnahmen ergriffen.
Nach einer fundamentalen Selbstanalyse haben die Stadtzürcher ihrer Garderobe Frischluft zugeführt. Eine der Strukturbereinigungen betrifft primär den Hockey-Saurier Seger. Ein paar Wochen vor seiner 19. NLA-Saison in Oerlikon musste er sein Captain-Amt dem zwölf Jahre jüngeren Abwehrchef Patrick Geering überlassen.
Das generelle Signal ist klar: Die nächste Lions-Generation soll ab sofort deutlich Farbe bekennen. «Jetzt ist Leadership gefragt – und zwar von allen», fordert Leuenberger, der im Management des SC Bern während fast einer Dekade nach gleichem Grundsatz operiert hat.
Der neue starke Mann neben CEO Peter Zahner kennt die Tücken einer überaus breit und hoch dotierten Equipe. Nicht alle aktuellen und ehemaligen Tenöre kommen wie gewünscht auf ihre Kosten. Der 16-malige WM-Teilnehmer Seger beispielsweise ist im internen Ranking erheblich zurückgefallen. In der Defensive ringt der 39-Jährige um einen Platz im Spielkader; als Nummer 9 droht dem fünffachen Champion ein Sitzplatz auf der Tribüne.
«So läuft es im Sport», sagt Seger wenige Tage vor dem Start seiner letzten Kampagne zur Nachrichtenagentur SDA. Er beschönigt seine ungemütliche Ausgangslage nicht: «Zurzeit ist eigentlich klar, wer spielt. Mit der Eiszeit dürfte es für mich knapp werden.» Es sei momentan allerdings schwierig zu beurteilen, «wie es während der Saison dann effektiv aussieht».
Sein imposantes Palmares und die NLA-Rekordmarke von 1124 Partien sind für die ZSC-Anhänger ein Wert für die Ewigkeit. Im Umfeld geniesst der charismatische Ostschweizer eine riesige Wertschätzung. Im Rink sind die beeindruckenden Zahlen indes keine Garantie mehr für eine zentrale Aufgabe. «Ich muss das nun so annehmen und den Coaches keine Möglichkeit geben, auf mich zu verzichten.»
Leuenberger sagt zwar, dass der Ex-Patron für ihn «der Segi bleibt – ob mit einem C, A oder gar nichts mehr auf der Brust. Er bleibt nach wie vor im Captain-Team und wird dort eine ziemlich grosse Rolle spielen. Sein Erfahrungsschatz ist enorm, in Sachen Teamführung war er brillant. Das wollen wir ihm nicht wegnehmen», betont der Sportchef. «Es geht darum, wo sich Seger sportlich einbringen kann.»
Von einem drohenden «Fall Seger» will Leuenberger partout nichts wissen: «Mathias kann die Lage einschätzen. Er musste mit einem Kampf um seinen Platz rechnen. Es geht einzig und allein um das Leistungsprinzip.» Die emotionale Komponente sei ihm angesichts der Klub-Verdienste Segers durchaus bewusst: «Er ist in Zürich eine aussergewöhnliche Symbolfigur.» Aber letztlich sei die Vorgabe für alle klar: «Der Bessere spielt.»
Während der Vorbereitung und in der Champions League kam Seger in der mit dem NHL-Schwergewicht Kevin Klein verstärkten Defensive nur noch sporadisch zum Zug. In den beiden Highspeed-Begegnungen mit dem europäischen Titelhalter Frölunda verzichtete Trainer Hans Wallson auf eine Nominierung des Ostschweizers.
Eine schmerzhafte Abschiebung zu den GCK Lions droht Seger dennoch nicht. Dieses unfreundliche Szenario ist in der Planung der ZSC-Verantwortlichen nicht vorgesehen. Und einen freiwilligen Rückzug zieht der 305-fache Nationalspieler seinerseits nicht in Betracht: «Jeder kennt meinen Ehrgeiz. Entmutigen lasse ich mich nicht, ich ziehe das durch.»
Daran zweifelt auch sein neuer Vorgesetzter Sven Leuenberger nicht: «Er ist ein Top-Profi!» (ram/sda)