Anders als ein Arzt, der seine Patienten fragt, ob diese zuerst die gute oder die schlechte Nachricht wollen, fangen wir einfach knallhart mit dem Negativen an. Diese fünf Dinge sind uns in den ersten NHL-Runden negativ aufgefallen oder haben uns schlichtweg enttäuscht.
Die «beste Schweizer NHL-Saison der Geschichte» haben wir euch noch vor den ersten Spielen versprochen. Unsere Söldner in Nordamerika sollten so viele Skorerpunkte sammeln wie noch nie zuvor. Während einige Spieler schon munter dabei sind, hapert es bei den anderen doch deutlich. Kevin Fiala hat nach zehn Spielen erst ein Tor und zwei Assists auf dem Konto, Nino Niederreiter in neun Partien nur zwei Assists.
«Im Moment ist es sehr frustrierend», sagt Niederreiter gegenüber dem nordamerikanischen Newsportal The Athletic. «Ich komme nicht so oft zum Schiessen, wie ich mir das eigentlich gewohnt bin.» Der Churer geniesst aber weiterhin das Vertrauen von Coach Bruce Boudreau, der alles versucht, damit sein Schützling den Tritt wieder findet. Niederreiter war schon immer ein Spieler, der zwischendurch längere Durststrecken durchmachte. Er wird sich auch dieses Mal wieder erholen.
Auch Fiala hat ein Problem mit der Produktivität. Der Ostschweizer schiesst weniger aufs Tor als noch letzte Saison (7,13 Schüsse pro 60 Minuten Eiszeit gegenüber 9,31 Schüssen in der vergangenen Spielzeit). Er generiert aber auch weniger Chancen für seine Mitspieler als man das von ihm gewohnt ist. Der Lichtblick für den Stürmer der Predators: Letzte Saison wartete er 16 Spiele auf seinen ersten Treffer und schloss die Saison dennoch mit beinahe 50 Punkten ab.
Eigentlich haben wir die Kings vor dem Saisonstart als Playoff-Mannschaft betrachtet. Doch die letzten Wochen haben gezeigt: Diese Meinung müssen wir vielleicht revidieren. Der Start von Los Angeles war eigentlich nicht schlecht. Man bezwang Detroit und Montreal und musste sich gegen die Cup-Anwärter Winnipeg und San Jose nur knapp geschlagen geben.
Doch seither geht es stetig abwärts mit den Kings. Fünf Niederlagen in Folge hatten den Absturz ans Tabellenende der Pacific Division zur Folge. Es fehlt an allen Ecken und Enden: Die Stürmer schiessen keine Tore. (Wenn du die Playoffs erreichen willst, darf Alex Iafallo nicht dein Topskorer sein.) Man lässt pro Spiel rund 33 ungeblockte Schüsse zu. Und ausgerechnet jetzt zieht Goalie Jonathan Quick (4,55 Gegentore pro Spiel, 84,5% Fangquote) einen miserablen Saisonstart ein.
Nein, Erik Karlsson ist nicht schlecht in die Saison gestartet. Aber Erik Karlsson ist auch nicht in die Saison gestartet, wie man das von einem Erik Karlsson erwartet. In den bisherigen Partien scheint der Weltklasseverteidiger die Chemie mit seinen neuen Teamkollegen noch nicht richtig gefunden zu haben. Fünf Assists in neun Spielen entsprechen wohl auch nicht seinen eigenen Erwartungen. Die gute Nachricht für alle Sharks-Fans: Der Mannschaft läuft es auch ohne einen überragenden Karlsson ziemlich gut.
Ein weiterer Playoff-Kandidat der bislang enttäuscht hat, sind die Florida Panthers. In der Tabelle sieht das gar nicht so tragisch aus. Dank drei Overtime-Niederlagen haben die «Cats» nur drei Punkte Rückstand auf einen Playoff-Platz. Doch die eigentliche Bilanz ist verheerend: Von acht Spielen hat Florida nur zwei gewonnen.
Das Problem steht zwischen den Pfosten und die Lösung eben nicht. Stammtorhüter Roberto Luongo ist derzeit verletzt und weder James Reimer (87,7 Prozent Fangquote) noch Michael Hutchinson (83,9 Prozent Fangquote) können den 39-Jährigen adäquat ersetzen, dabei machen die Feldspieler alles Mögliche, um ihre Goalies zu unterstützen. Die Fans der Panthers müssen sich grosse Sorgen machen. Selbst wenn Luongo irgendwann zurückkommt: In seinem biblischen Hockeyalter wird er dann nicht den Rest der Saison einfach durchspielen.
Vor zwei Jahren war er einer der besten Torschützen der Liga, nun ist Vladimir Tarasenko wie die gesamte Mannschaft der St.Louis Blues stockend gestartet. Zwei Tore aus acht Spielen sind für einen Mann von seiner Qualität nicht gut genug. Immerhin scheint es beim Russen nur eine Frage der Geduld: Er kommt von allen Blues zu den meisten Abschlüssen aus gefährlichen Positionen. Früher oder später werden auch die Tore folgen.
Nun, da wir das Negative hinter uns gelassen haben, kommen wir zu den positiven Aspekten. Die NHL bietet auch dieses Jahr wieder all die Dinge, aufgrund derer wir Eishockey lieben: schöne Tore, spektakuläre Paraden, packende Fights und natürlich Heldengeschichten von Teams und Einzelspielern. Diese fünf Dinge sind uns in den ersten NHL-Runden positiv aufgefallen oder haben uns schlichtweg begeistert.
Hand aufs Herz: Wer hätte Colorado vor der Saison einen solchen Start zugetraut?
Die Avalanche sind hinter Nashville momentan das zweitbeste Team im Westen und das drittbeste der ganzen Liga. Der Erfolg hat seinen Ursprung in vier Spielern. Namentlich: Nathan MacKinnon, Gabriel Landeskog, Mikko Rantanen und Semyon Varlamov. MacKinnon, Landeskog und Rantanen sind momentan wohl die beste Sturmlinie der Liga. Die drei haben gemeinsam 43 Skorerpunkte gesammelt und damit nur einen weniger als der gesamte Rest des Teams.
Und im Tor hält Varlamov beinahe alles, was auf ihn zufliegt. Der 30-Jährige hat von bisher 235 Schüssen auf seinen Kasten 224 abgewehrt. Seine Fangquote liegt bei 95,3 Prozent. Er kassiert nur 1,56 Tore pro Spiel. Doch die Avalanche sind gewarnt: Falls Varlamovs Topform irgendwann vorbei ist und die Toplinie weniger skort, stehen sie plötzlich vor Problemen.
Mit acht Punkten aus neun Spielen ist Timo Meier momentan der beste Schweizer Skorer in der NHL. Die fünf Tore sind gleichbedeutend mit dem Bestwert in der teaminternen Wertung der San Jose Sharks. Die grösste Stärke des Herisauers ist, dass er mit jedem seiner Teamkollegen zusammenspielen kann und immer zu seinen Torchancen kommt. Aktuell ist Meier auf Kurs für mehr als 40 Tore in dieser Saison.
Die Nashville Predators und die Tampa Bay Lightning waren schon vor den ersten Spielen die meistgenannten Anwärter auf den Stanley Cup. Der Eindruck täuschte nicht. Die Predators grüssen seit Saisonbeginn von der Tabellenspitze. Von zehn Spielen haben Roman Josi und Co. deren acht gewonnen.
Tampa Bay hat erst acht Spiele auf dem Konto, weshalb die Mannschaft aus Florida in der Pacific Division nur auf dem dritten Rang liegt. Von diesen acht Partien hat sie aber nur eine nach 60 Minuten verloren. Dazu stehen noch sechs Siege und eine Niederlage nach Verlängerung auf dem Konto. Die «Bolts» überzeugen, obwohl Steven Stamkos bislang nicht auf Touren kommt.
Es gibt einen Grund, warum Anaheim in der Pacific Division gut gestartet ist. Dieser Grund heisst John Gibson. Was der Torhüter der Ducks zu Saisonbeginn zeigt, ist unglaublich. Obwohl er von seinen Vordermännern sträflich im Stich gelassen wird, führte er sie zu bislang fünf Siegen – auch wenn es zuletzt vermehrt Niederlagen gab.
335 Schüsse hat Gibson in neun Spielen auf seinen Kasten kassiert. Das sind 72 Schüsse mehr als Henrik Lundqvist, Nummer zwei in dieser Statistik. Dennoch kassiert Gibson nur etwas mehr als zwei Tore pro Spiel. Die Fangquote des 25-Jährigen liegt bei exakt 94 Prozent. Wenn heute über die Awards abgestimmt würde, Gibson erhielte wohl die Hart Trophy (MVP) und die Vezina Trophy (bester Torhüter).
Montreal, Ottawa und Vancouver. Die drei kanadischen Teams hatten wir vor der Saison eigentlich bereits abgeschrieben. Dieses Jahr würden sie allesamt leer ausgehen im Kampf um die Playoff-Plätze. Aber siehe da, nach den ersten Wochen darf die kanadische Hockey-Seele zumindest hoffen.
Vancouver überrascht mit einem starken Start. Auch nach der Verletzung von Supertalent Elias Pettersson punkten die Canucks fleissig weiter und grüssen mittlerweile von der Spitze der Pacific Division. Montreal hat aus neun Spielen immerhin fünf Siege geholt. Und Ottawa ist keineswegs der chaotische Haufen, den man eigentlich erwartet hat.
Dass die drei kanadischen Teams am Ende der Regular Season dann tatsächlich in den Playoffs stehen, zweifeln wir zum jetzigen Zeitpunkt immer noch an. Aber mit ihrem Saisonstart haben sie definitiv unsere Erwartungen übertroffen.
Was ist dir in den ersten NHL-Runden aufgefallen? Was hat dich begeistert, was enttäuscht? Lass es uns in der Kommentarspalte wissen.