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Problemkind Powerplay – die alte Leier mit den «speziellen» Eisgenossen

epa05955104 Players in a face-off during IIHF Ice Hockey World Championship 2017 group B preliminary round game between Switzerland and Belarus, in Paris, France, 10 May 2017. EPA/ETIENNE LAURENT
Vor allem im Powerplay passt bei den Schweizern noch nicht allzu viel zusammen.Bild: ETIENNE LAURENT/EPA/KEYSTONE

Problemkind Powerplay – die alte Leier mit den «speziellen» Eisgenossen

Die Schweizer Hockey-Nati könnte nach vier WM-Spielen mit der vollen Punktzahl dastehen – wenn das Unter- und vor allem Überzahlspiel besser funktionieren würden. Hier ist Patrick Fischer vor den Duellen gegen die Grossen gefordert.
11.05.2017, 11:2311.05.2017, 11:48
Marcel Kuchta / Nordwestschweiz
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Es ist keine neue Erkenntnis: Wenn die sich Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft an den grossen Turnieren schwertut, dann wird eher früher als später das Argument mit den ungenügenden «Special-Teams» hervorgekramt.

Special-Teams? Die Spezialteams sind die Überzahl- und Unterzahlformationen einer Mannschaft, welche im Powerplay und im Penalty Killing zum Einsatz kommen. Also in den Situationen, in welchen man auf dem Eis eine numerische Überzahl ausnützen, bzw. eine numerische Unterzahl schadlos überstehen sollte.

Patrick Fischer, head coach of Switzerland national ice hockey team, left, and his team during a training session during the Ice Hockey World Championship at the Accor Hotels Atena in Paris, France on ...
Patrick Fischer hat noch viel Arbeit vor sich.Bild: KEYSTONE

Die Schweiz nur Mittelmass

Es ist hinlänglich bekannt, dass gerade enge Spiele auf höchstem Niveau genau durch solche Konstellationen entschieden werden. Wenn sich zwei Mannschaften bei 5 gegen 5 Gegenspielern gegenseitig neutralisieren, dann machen die Special-Teams sehr oft die Differenz aus.

Powerplay-Effizienz bei der WM 2017:
1. Russland 69.23%
2. Lettland 50%
3. Deutschland 33.33%
4. USA 30.77%
5. Kanada 30%
6. Tschechien 23.08%
Ferner:
14. Schweiz 15%
Penalty-Killing-Effizienz bei der WM 2017:
1. Norwegen 93.33%
2. Frankreich 91.67%
3. Lettland 88.89%
4. Russland, Kanada, Schweden 88%
Ferner:
8. Schweiz 84.21%

Das mussten die Schweizer in den ersten vier WM-Spielen am eigenen Leib erfahren. Im ersten Turnierspiel gegen die Slowenen (5:4 nach Penaltyschiessen) kassierten sie zwei Treffer in Unterzahl und einen bei eigener Überzahl. Rein mit personellem Gleichstand hätten die Schweizer das Spiel mit 3:1 gewonnen.

Der Shorthander der Slowenen gegen die Schweiz.Video: streamable

Bei der Niederlage gegen Frankreich (3:4 nach Penaltyschiessen) gab es wieder einen Gegentreffer mit einem Mann mehr auf dem Eis, dazu trafen die Franzosen einmal selber im Powerplay. Zählt man nur die Tore, die bei 5 gegen 5 Feldspielern erzielt wurden, hätten die Schweizer also auch die Franzosen 3:1 besiegt.

Berücksichtigt man auch die 3:0-Siege gegen Norwegen und Weissrussland (mit je einem Powerplay-Treffer), dann stünden die Schweizer mit besseren Special-Teams, also mit einer makellosen WM-Bilanz da und wir dürften uns bereits damit auseinandersetzen, wer der Viertelfinalgegner der kommenden Woche sein könnte. Auch deshalb bilanziert Headcoach Patrick Fischer nach den ersten vier WM-Spielen: «Wir sind punkto Special-Teams noch nicht dort, wo wir hinwollen und wo wir hinmüssen.»

Der fehlende Killerinstinkt

Aber weshalb tun sich die Schweizer so schwer in diesen speziellen Situationen? Da gibt es zwei Ansätze:

  1. Auf den Schlüsselpositionen kommen in der NLA oft die ausländischen Spieler zum Zug.
  2. Auch der Kopf spielt eine entscheidende Rolle. Powerplays erfolgreich abzuschliessen hat mit Entschlossenheit zu tun. Die Schweizer ziehen wohl ein gefälliges Kombinationsspiel mit sehenswerten Passgirlanden auf. Aber der unbedingte Wille, der Killerinstinkt, den Puck auch mal ins Tor hämmern zu wollen, der fehlt. Was vielleicht auch eine Mentalitätsfrage ist.

Immerhin: Reto Schäppi gelang beim 3:0-Sieg gegen Weissrussland ein Powerplay-Treffer nach dem Gusto von Fischer: «Das ist die einfachste Variante. Schuss, Abpraller, und dann den Rebound versenken. Das müssen wir lernen.»

Schäppi erzielt gegen Weissrussland das erste Schweizer Powerplay-Tor.Video: streamable
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Letztlich steht diesbezüglich das Trainerteam in der Verantwortung – und dabei besonders Fischer. Er ist nicht nur der Mann der letzten (taktischen) Entscheidung, sondern auch der Mann, der das Schweizer Powerplay von aussen steuern soll. Klar ist: In den verbleibenden drei Vorrundenspielen gegen die grossen Teams aus Kanada, Finnland und Tschechien werden die «speziellen» Eisgenossen noch mehr gefordert werden als bisher.

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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länzu
11.05.2017 11:53registriert April 2014
Wieso die Verteidiger im Powerplay die Scheibe immer nur zirkulieren lassen oder sie sich vor einem Schuss noch lange die Scheibe zurechtlegen müssen ist mir ein Rätsel. Gestern war es einzig Untersander der entschlossen einen One-Timer spielte und so Schäppi den Rebound ermöglichte. Die aufgebotenen Verteidiger spielen übrigens in ihren Clubs meistens auch im 1. PP-Block, sollte also wissen, was getan werden muss. Und sonst muss es ihnen der Coach zwingend erklären.
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Muckerbucht
11.05.2017 12:54registriert April 2015
Im Boxplay waren sie gegen Slowenien und Frankreich etwas zu passiv in der Box. Und im Powerplay rächt sich hie und da die im internationalen Vergleich mangelhafte Präzision im Passspiel (sprich die Pucks so zu spielen, damit der Mitspieler diesen direkt "verarbeiten" kann) und die Schussqualität. Nicht dass die bisherigen Gegner diesbezüglich besser wären, aber macht die Sache nicht besser.
Mich grausen manchmal auch bei 5 gg 5 die verspringenden Pucks oder dass man einen kurzen Pass zu wenig präzise auf den Mitspieler bringt.
International rächt sich das dann gerne (im Gegensatz zur NLA).
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