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Zum ersten Mal seit den späten 1970er Jahren sind sich am Samstagabend in Biel wieder zwei Hockeyteams aus dem Bernbiet in einem Spitzenkampf auf Augenhöhe begegnet. Das Berner Derby ist inzwischen beinahe ein gewöhnliches Spiel geworden.
Zu oft treten Biel, Bern und Langnau im Laufe einer Qualifikation gegeneinander an. Und doch war dieses letzte Berner Derby am Samstagabend in Biel sozusagen ein «Jahrhundert-Spiel.»
Der SCB ist in allen Derbys des 21. Jahrhunderts als Favorit angetreten. Als Spitzenteam. Es hat immer wieder dramatische Partien gegeben, auch diese Saison. Der SCB hat auf eigenem Eis gegen Langnau und gegen Biel nach einer 3:0-Führung noch verloren.
Aber noch nie seit dem Wiederaufstieg Langnaus (1998, dann erneut 2015) und der Rückkehr Biels in die höchste Liga (2008) war ein Derby ein Spitzenkampf. Langnau und Biel waren bisher immer Aussenseiter. Manchmal ganz keck und erfolgreich. Aber spielerisch nie auf SCB-Niveau.
Ein Sieg Biels oder Langnaus hatte immer etwas Einmaliges, Sensationelles, oft taktisch Schlaues – aber nie wäre es den Langnauern oder Bielern in den Sinn gekommen, sich nach einem Sieg auf der Höhe des Titanen aus der Hauptstadt zu sehen.
Und nun der erste echte Spitzenkampf. Meister und Tabellenführer Bern gegen das drittplatzierte Biel. Nie in diesem Jahrhundert standen zwei Berner Teams im Januar so weit oben in der Tabelle. Es ist auch statistisch der erste echte bernische Spitzenkampf des 21. Jahrhunderts.
Berns unangefochtene Tabellenführung überrascht nicht. Der SCB ist Titelverteidiger und wirtschaftlich das erfolgreichste Hockey-Unternehmen im Land. Biels Spitzenposition ist hingegen eine veritable Sensation.
Zumindest auf den ersten Blick. Aber auf den zweiten Blick zeigt sich, dass wir wahrscheinlich die Bieler in den letzten Jahren unterschätzt haben – und die Bieler sich selbst auch. Die Besonderheit dieser Saison ist ein Erwachen aus einem Dornröschenschlaf. Im Dornröschenschlaf liegen bedeutet, vor sich hin zu träumen, über lange Zeit unverändert zu bleiben oder Entwicklungen zu verschlafen. Im Falle von Biel bedeutet dies: Die Bieler waren bisher zu bescheiden.
Sie wissen zu gut, woher sie kommen, wie schwierig es war, nach einer 13-jährigen Verbannung in der Zweitklassigkeit wieder in die NLA zu kommen. Und welche wirtschaftlichen und politischen Anstrengungen notwendig waren, um den Klub finanziell zu sanieren und schliesslich von einem Lotterstadion in einen Hockeytempel umziehen zu können. Ein Geheimnis dieser grossen Hockey-Erfolgsstory ist gerade diese Bescheidenheit.
Aber es heisst auch: Bescheidenheit ist eine schöne Zier, aber manchmal kommst du weiter ohne ihr. Die Trainer, die Biel bisher geführt haben, wussten um die Limiten. Sie waren in diesem Hockeyunternehmen gross geworden. Aufstiegstrainer Heinz Ehlers, dann über Jahre Kevin Schläpfer und schliesslich Mike McNamara. Keiner dieser Chefs konnte sich Biel als Spitzenteam vorstellen.
Nun ist mit Antti Törmänen erstmals ein Trainer gekommen, der nie zur Bieler Hockey-Familie gehörte. Der keine Vergangenheit in den alten Zeiten der Bieler Hockeynot hat. Der Fubbe ist es gewohnt, gross zu denken. Er war in Bern Finalist und Meister und wurde als Titelverteidiger gefeiert. Die Nordamerikaner sagen, «Think Big» sei eine Voraussetzung zum Erfolg. In Biel ist eine neue Mentalität spürbar. Die Bieler sind so selbstsicher geworden, dass sie nicht mehr in Panik geraten, wenn der Puck nicht ihren Weg gehen will. Sie treten auf wie ein Spitzenteam. Der SCB führte 2:0 und konnte das Bieler Selbstvertrauen nicht erschüttern. Das hat viel mit dem Trainer zu tun.
Antti Törmänen ist ohne Komplexe nach Biel gekommen und lässt nun ein Hockey ohne Komplexe spielen. Und siehe da: Die Bieler haben inzwischen 13 der letzten 16 Partien gewonnen. Die Partie gegen den SCB war intensiv, spannend, dramatisch – ganz einfach hochstehend. Beide Teams zelebrierten jenes Hockey, das so viele ausländische Beobachter als das spektakulärsten Ligahockey Europas bezeichnen. Januar-Hockey ist in der Regel in keiner Liga der Welt richtig gut – auch in der NHL nicht. Deshalb ist der hochstehende samstägliche Spitzenkampf in Biel umso bemerkenswerter.
Die Besonderheit des Bieler Hockeys, das unter Antti Törmänen attraktiv ist wie nie seit dem Wiederaufstieg: Das konstruktive Spiel, das er von seinen Verteidigern verlangt. Beat Forster ist in den letzten Partien richtiggehend aufgeblüht und gegen den SCB hat er sein bestes Hockey zelebriert (1 Tor/1 Assist). Wenn eine Mannschaft die Verteidiger mutig in ihr Offensivspiel einbezieht, dann bekommt das Spiel die Dynamik, die wir in diesem ersten bernischen Spitzenkampf dieses Jahrhunderts gesehen haben. Beim SCB ist dieses «totale» Hockey seit Jahren Alltag. Bei Biel ist es neu.
Auch der äussere Rahmen ist inzwischen in Biel anders geworden. Selbst in den Jahren des Ruhmes (Meister 1978, 1981 und 1983) gab es keine rauschenden Hockeyfeste. Biel galt als «Stadt der kalten Hockey-Herzen».
In der neuen Arena entwickelt sich nun eine neue Hockeykultur. Eine neue Hockeybegeisterung. Beim Spitzenkampf gegen den SCB hat der neutrale Chronist zum ersten Mal seit dem Wiederaufstieg von 2008 das Gefühl bekommen, dass die Bieler Hockey in ihrem Tempel richtiggehend zelebrieren.
Oder ist alles nur ein Strohfeuer? Nein. Biel hat den Schritt vom Aussenseiter zum Spitzenteam geschafft. Auf und neben dem Eis. Wirtschaftlich und sportlich.