Der Geruch machte uns süchtig, jetzt fehlt der grosse «Kick» – wie mir Panini meine Kindheits-Erinnerungen klaut
Irgendwann im Mai 1994. Der kleine Zappella ist soeben fünf Jahre alt geworden. Und wie das bei Buben halt so ist, dreht sich so ziemlich alles um Fussball. Als dann Papa Zappella für einmal Panini nicht bloss als Nachtessen, sondern auch zum Einkleben nach Hause bringt, entsteht eine grosse Liebesgeschichte.
Seither weckten die Klebebilder pünktlich zur Einstimmung auf Fussball-Grossevents im Zwei-Jahres-Rhythmus Erinnerungen. Die Panini-Bilder sind eine Reise zurück in die eigene Jugend.
Panini-Bilder seit 1970, Teil 1, 1970–78
Doch woher kommt die Sucht nach diesem Produkt? Es ist weder das Sammelfieber – sonst hätte ich auch Briefmarken oder Kieselsteine gesammelt – noch das Tauschen. Auch wenn beides Spass macht, die Abhängigkeit hat noch zwei andere Gründe, die Panini in diesem Jahr kaputt gemacht hat.
Wenn das Glitzern kein Kribbeln mehr auslöst
Das Öffnen der Päcklein war immer das Highlight: Manche haben es sich für zuhause aufgespart, ich habe sie jeweils noch direkt im Kiosk aufgerissen, weil ich es einfach nicht abwarten konnte. Und dann dieses Gefühl, wenn es auf einmal im Päcklein glitzerte und du wusstest, dass du gut gezogen hast. Schliesslich hatten goldene oder silbrige Wappen auf dem Bildli-Transfermarkt den Wert von 5–20 «normalen» Spielerkarten.
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Heute Morgen habe ich mich beim Öffnen des ersten Päckleins gefreut, als wäre Weihnachten und Geburtstag zusammen: Da hat's gleich vierfach geglitzert, was für ein Glück ich nur habe. Als ich auch beim zweiten und dritten Päcklein dieses unverschämte Glück habe, realisiere ich: Alle Porträts glänzen, rund die Hälfte der Bildli sind also silbern. Der Reiz die Päcklein langsam zu öffnen und auf das Glitzern zu hoffen entfällt damit. Langweilig!
Panini-Bilder seit 1970, Teil 2, 1982–1990
Die Geschmäcker aus Modena
Der wahre Grund für die Panini-Sucht vieler 80er- und 90er-Kinder ist jedoch ein anderer: Es ist dieser vertraute, angenehm leimige Geruch, der uns beim Öffnen der Päcklein schon als Kinder völlig zugedröhnt hat. Alleine der Name «Panini» verpflichtet ja eigentlich schon zu gutem Geschmack. Es ist der Duft von Frühling, EM oder WM, der Geruch von ewiger Jugend. Er ist weg.
Die neuen Bildli riechen chemisch. Ich assoziiere den Geschmack weniger mit all den Frühlingen, in denen ich die Finger nicht mehr davon lassen konnte, sondern mehr mit einer defekten Entsorgungsmaschine einer ungarischen Kartonfabrik. Modena hat zwei Geschmäcker, die wir lieben: Aceto Balsamico und der Duft von frisch geöffneten Panini-Päckchen. Es bleibt uns nur noch der Balsamico. Aber was wollen wir mit dem Essig während der EM?
Panini-Bilder seit 1970, Teil 3, 1994–2002
Deine Meinung interessiert uns: Riechen die Panini-Bildli tatsächlich anders? Und kaufst du dir trotzdem wieder fleissig Päcklein?
