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Totgesagte leben länger. Für niemanden im Tenniszirkus trifft dieses Sprichwort mehr zu als für Roger Federer. Immer wieder wurde er nach unerwarteten Niederlagen, kleinen Durststrecken oder Verletzungen abgeschrieben, jedes Mal belehrte er die Zweifler eines besseren: 2008 nach der Finalniederlage in Wimbledon gegen Rafael Nadal, 2011 nach dem Achtelfinal-Aus an gleicher Stelle gegen Jo-Wilfried Tsonga, 2013 während der verkorksten Saison mit den Rückenproblemen genauso wie 2015 nach der frühen Niederlage am Australian Open gegen Andreas Seppi.
Doch jetzt sind selbst am Himmel der grössten Optimisten dunkle Wolken aufgezogen. Via Facebook musste Federer 10 Tage vor der Eröffnung seinen Verzicht auf die Olympischen Spiele in Rio verkünden. Mehr noch: Der «Maestro» verzichtet gleich auf den kompletten Rest der Saison, um seinem im Februar wegen eines Meniskusrisses operierten, linken Knie und seinem Körper die dringend nötige Erholung zu gewähren.
Das ist ein herber Rückschlag. Für die Spiele, für die Schweizer Olympia-Delegation, für den Tennis-Zirkus, für seine Fans, aber allermeisten für ihn selbst. Mit Olympia verband Federer eine ganz besondere Liebesbeziehung. Nicht nur, weil er 2000 in Sydney seine Frau Mirka kennen und lieben gelernt hat. Für die Schweiz auf Medaillenjagd zu gehen, war für ihn eine Herzensangelegenheit. Viel wichtiger als die nicht immer in den Terminkalender passenden Auftritte im Davis Cup.
I wish a full and speedy recovery to the GOAT of tennis ! @rogerfederer
— Boris Becker (@TheBorisBecker) 26. Juli 2016
Dass Federer nach Doppel-Gold mit Stan Wawrinka 2008 in Peking und Einzel-Silber 2012 in London nochmals die Chance auf olympisches Edelmetall bekommt, scheint derzeit utopisch zu sein. Wenn 2020 die Sommerspiele in Tokio anstehen, ist der 17-fache Grand-Slam-Sieger bereits 39 Jahre alt.
Zurückkommen wird Federer nach der ersten mehrmonatigen Pause seiner Karriere auf jeden Fall. Dass er von einem Rücktritt noch nichts wissen will, hat er in seinem Statement deutlich geschrieben. Er sei so motiviert wie eh und je, heisst es da. Er werde all seine Energie einsetzen, um 2017 stark, gesund und in Form wieder anzugreifen.
Doch der Weg zurück an die Weltspitze wird kein leichter sein. Ob ihn Federer zurücklegen kann? Grundvoraussetzung dafür ist, dass er sich körperlich komplett erholt. Danach wird es darum gehen, schnellstmöglich das Vertrauen in den eigenen Körper wiederzufinden.
Dass so etwas möglich ist, hat Rafael Nadal 2012 bewiesen. Mitte Juli gab der Spanier damals wegen einer Knieverletzung seinen Verzicht auf Olympia bekannt, auch er liess danach den Rest der Saison aus.
Nach seiner siebenmonatigen Pause kehrte Nadal 2013 aber wie Phoenix aus der Asche an die Weltspitze zurück. Er gewann zehn Turniere, darunter das French Open und das US Open und er eroberte im Oktober sogar die Nummer-1-Position von Novak Djokovic zurück.
Im Gegensatz zu Nadal damals ist Federer aber nicht mehr 27 Jahre alt, sondern bald 35. Und auch er weiss, dass sich seine Karriere dem Ende entgegen neigt, dass die Chancen auf den Gewinn des 18. Grand-Slam-Titel von Turnier zu Turnier sinken. Doch der «Maestro» will nicht aufgeben. Zu gross sind die Freude am Tennis und der Ehrgeiz noch.
Ob er für seine Anstrengungen belohnt wird und ob Federer seine Karriere wie Pete Sampras 2002 mit einem Major-Titel beenden kann, steht derzeit in den Sternen. Wenn alles so funktioniert, wie Federer es sich vorstellt, ist dies durchaus denkbar. In den zwei Wochen, die ein Grand-Slam-Turnier dauert, müsste allerdings alles für ihn laufen.
Doch momentan ist eher davon auszugehen, dass der Triumph in Wimbledon 2012 sein letzter Grand-Slam-Titel bleiben wird. Schlimm? Nein! Die Tennisfans sollten froh sein, dass sie Federer ab 2017 wieder bei dem zusehen dürfen, das er vielleicht nicht mehr so erfolgreich, aber dennoch so schön kann wie kein anderer auf diesem Planeten.