Wirtschaft
Analyse

Trump ist sauer – und zwar so was von!

U.S. President Donald Trump arrives to attend a commemoration ceremony for Armistice Day, 100 years after the end of the First World War at the Arc de Triomphe in Paris, France, Sunday, November 11, 2 ...
Stand in Paris schwer im Regen: Donald Trump.Bild: AP/Reuters POOL
Analyse

Trump ist sauer – und zwar so was von!

Ein katastrophaler Paris-Trip, Chaos im Weissen Haus und die Erkenntnis, dass er die Midterms verloren hat, drücken mächtig auf die Laune des Präsidenten.
15.11.2018, 16:0015.11.2018, 17:12
Mehr «Wirtschaft»

Der Must-read in den USA, der Artikel, den man unbedingt gelesen haben muss, ist derzeit eine Geschichte der Washington Post. Darin wird detailliert geschildert, wie der Präsident über das vergangene Wochenende anlässlich der Feier zum Ende des Ersten Weltkrieges mehrmals die Nerven verlor.

Schon auf dem Hinflug beschimpfte Trump die britische Premierministerin am Telefon aufs Übelste. Das Vereinigte Königreich unternehme nicht genug, um die Sanktionen gegen den Iran durchzusetzen, tobte Trump.

President Donald Trump meets with French President Emmanuel Macron inside the Elysee Palace in Paris Saturday Nov. 10, 2018. Trump is joining other world leaders at centennial commemorations in Paris  ...
Nicht mehr beste Freunde: Trump und Macron.Bild: AP/AP

Dann stellte er ihre Brexit-Verhandlungen in Frage und jammerte einmal mehr darüber, dass Europa von unfairen Handelsverträgen mit den USA profitiere. Selbst Trumps Mitarbeiter seien seine Ausfälle peinlich gewesen, schreibt die «Washington Post», zumal May ihn angerufen habe, um ihm zu dem Erfolg bei den Midterms zu gratulieren.

Trumps Paris-Trip entwickelte sich in der Folge von schlimm zu katastrophal. Zu einer Ehrung der amerikanischen Gefallenen auf einem Militärfriedhof tauchte er nicht auf, weil es zu stark geregnet habe und der Helikopter nicht habe landen können, wie die offizielle Begründung lautet. Es war ein PR-Desaster erster Güte, denn Angela Merkel und Emmanuel Macron liessen sich vom Wetter nicht abschrecken.

A child holds up a placard in front of a inflatable blimp depicting President Donald Trump in Republique square in Paris, Sunday Nov. 11, 2018 ahead of an anti-Trump gathering. President Trump joined  ...
Proteste gegen Trump in Paris.Bild: AP/AP

Später liess sich Trump in der Limousine chauffieren, während Merkel & Co. trotz strömendem Regen zu Fuss erschienen. Schliesslich legte sich Trump auch noch mit dem Gastgeber Emmanuel Macron an. Dieser hatte in seiner Feierrede den aufkommenden Nationalismus stark kritisiert. Trump empfand dies als persönliche Attacke und reagierte wie immer: mit einer Serie von Tweets gegen den französischen Präsidenten.

Zurück im Weissen Haus hellte sich die Laune des Präsidenten keineswegs auf. Er musste erfahren, dass seine Entlassung des Justizministers Jeff Sessions und die Einsetzung des dubiosen Matthew Whitaker massiven Widerstand ausgelöst hatte. Sein Plan, die Homeland-Security-Ministerin Kirstjen Nielsen ebenfalls zu feuern, stösst anscheinend auf energischen Widerstand seines Stabschefs John Kelly.

Schliesslich hat die First Lady durchgedrückt, dass die stellvertretende Sicherheitsberaterin Mira Ricardel strafversetzt wird. Sie ist eine enge Vertraute des neuen Sicherheitsberaters John Bolton.

Der Hauptgrund für Trumps miese Laune sind jedoch die Ergebnisse der Midterms. Zunächst schien es, als ob die Demokraten nur einen bescheidenen Sieg im Abgeordnetenhaus einfahren konnten. Je mehr Stimmen ausgezählt werden, desto klarer wird, dass es tatsächlich eine «blaue Welle» gegeben hat.

Die Demokraten könnten mittlerweile bis zu 40 zusätzliche Sitze gewonnen haben. Auch der vermeintliche Sieg der Grand Old Party im Senat hat sich relativiert. Ob Rick Scott die Senatswahlen in Florida tatsächlich gewonnen hat, ist unsicher. Fakt ist jedoch, dass in Arizona die Demokratin Kyrsten Sinema gewählt ist. Sie hat sich gegen die Republikanerin Martha McSally durchgesetzt.

Sinemas Sieg ist kein gewöhnlicher. Der «New Yorker» spricht vom «wahrscheinlich wichtigsten Triumph der Demokraten in der Ära Trump». Die Begründung dafür lässt sich wie folgt zusammenfassen: Arizona war ein halbes Jahrhundert lang eine konservative Bastion. Mit Sinema hat sich nun eine Frau durchgesetzt, die offen bisexuell ist, sich für einen Ausbau von Medicare einsetzt und die Abschaffung der Grenzschutzbehörde ICE fordert.

U.S. Sen.-elect Kyrsten Sinema, D-Ariz., smiles after her victory over Republican challenger U.S. Rep. Martha McSally, Monday, Nov. 12, 2018, in Scottsdale, Ariz. Sinema won Arizona's open U.S. S ...
Hat sich in Arizona durchgesetzt: die Demokratin Kyrsten Sinema. Bild: AP/FR157181 AP

Trump hatte sich stark für die Republikanerin und ehemalige Kampfjet-Pilotin McSally eingesetzt. Dass er ihr nicht zum Sieg verhelfen konnte, ist ein Zeichen, dass auch im Süden die Mittelschicht in den Vorstädten sich von den Republikanern abzuwenden beginnt. Trump ist offenbar nur noch für die Landbevölkerung attraktiv. Für die Wahlen 2020 ist das ein ganz schlechtes Omen.

Schliesslich dämmert es Trump auch, dass die neuen Machtverhältnisse im Kongress ihm ganz persönlich gefährlich werden können. Die Demokraten haben unmissverständlich erklärt, dass sie seine Machenschaften untersuchen wollen.

Wahrscheinlich wird sich auch Sonderermittler Robert Mueller bald wieder melden. Es wird mit neuen Anklagen gerechnet. Am meisten genannt werden dabei die Namen des langjährigen Trump-Vertrauten Roger Stone – und Donald Trump jr. So schnell dürfte sich die Laune des Präsidenten nicht bessern.

Trump gerät in Rage und verbannt CNN-Reporter

Video: srf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
74 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
AfterEightUmViertelVorAchtEsser___________________
15.11.2018 16:21registriert August 2017
"...Emanuel Macron an. Dieser hatte in seiner Feierrede den aufkommenden Nationalismus stark kritisiert. Trump empfand dies als persönliche Attacke und reagierte wie immer:"

Wie ich das gehört habe, war das effektiv ein direkter (und auch berechtigter) Seitenhieb gegen Trump.

Macron: "Wer sagt 'Unsere Interessen zuerst, ganz egal was mit den anderen passiert', der löscht das Wertvollste aus, das eine Nation haben kann, das eine Nation groß macht und das Wichtigste ist: seine moralischen Werte".
49821
Melden
Zum Kommentar
avatar
D(r)ummer
15.11.2018 16:13registriert Mai 2016
Drohnald braucht Hilfe.

Es läuft nicht nach seinem Geschmack und seine bisherige Strategie Probleme zu "lösen" funktioniert auch nicht mehr.
24812
Melden
Zum Kommentar
avatar
ujay
15.11.2018 17:30registriert Mai 2016
Sogar ein Ignorant wie Trump fühlt, wie sich die Schlinge langsam zuzieht. Midterms verloren, einen Handelskrieg entfacht, die Presse gegen sich aufgebracht: Er hat Tretminen auslegt und vergessen, sie zu kartografieren. Ein Loser halt.
14210
Melden
Zum Kommentar
74
Erstes Mal seit 17 Jahren: Japans Zentralbank hebt Zinsen an

Die japanische Zentralbank hat ein Ende ihrer jahrelangen Negativzinspolitik beschlossen. Die Bank of Japan (BoJ) entschied am Dienstag nach zweitägiger Sitzung, die Spanne für die kurzfristigen Zinssätze geringfügig auf null bis 0,1 Prozent anzuheben.

Zur Story