Der nächste US-Präsident wird eine gespaltene Nation regieren. Sie oder er wird sich mit Verschwörungstheorien aller Art auseinandersetzen und täglich neue Enthüllungen via Wikileaks befürchten müssen. Dazu ist der Ruf des FBI im Eimer.
Das alles ist zu einem guten Teil das Werk des russischen Geheimdienstes. Darüber bestehen heute kaum noch Zweifel. Michael McFaul, ehemaliger US-Botschafter in Russland, erklärt in der «Financial Times» denn auch: «Zum ersten Mal sehen wir Bedrohungen unserer nationalen Sicherheit bei dem Eingreifen einer fremden Regierung in unsere Wahlen.»
Die politischen Experten sind sich auch einig, dass Wladimir Putin höchstpersönlich hinter diesen Angriffen steckt. Er wolle sich dafür rächen, dass es nach seiner Wiederwahl zum Präsidenten im März 2012 zu heftigen Protesten gekommen ist, heisst es. Putin sei überzeugt, dass diese Demonstrationen von den Amerikanern angezettelt worden waren, und dass die damalige US-Aussenministerin Hillary Clinton eine Schlüsselrolle spielte.
Es dürfte also kein Zufall sein, dass vor allem die Demokraten unter dem russischen Geheimdienst leiden. Zuerst wurde via Wikileaks enthüllt, dass das Democratic National Committee Hillary Clinton zulasten von Bernie Sanders bevorteilte. Die Vorsitzende Debbie Wassermann musste daraufhin zurücktreten.
Danach folgten in regelmässigen Abständen neue Enthüllungen über Clintons verschwundene E-Mails. Sie enthielten zwar keine wirklichen Skandale, sie dienten aber dem Trump-Lager und Medien wie Fox News dazu, den Verdacht zu schüren, dass die Demokratin etwas zu verbergen habe und daher «Crooked Hillary» sei.
Trump hingegen wurde von Enthüllungen verschont. Dabei hätte es an Material nicht gefehlt. Sein ehemaliger Wahlkampfmanager Paul Manfort musste zurücktreten, weil er enge Beziehungen zu Moskau und dem Ex-Diktator der Urkraine, Wiktor Janukowitsch, hatte. Ebenso gibt es zahlreiche Spekulationen über Trumps geschäftliche Beziehungen zu Russland.
Für Putin ist Trump ein «nützlicher Idiot», wie sich Michael Hayden ausdrückt. Er war Chef des CIA unter George W. Bush. «Er wird in Moskau verachtet, aber seine Unterstützung wird dankend angenommen.»
Der russische Präsident will sich nicht nur rächen, er verfolgt auch politische Ziele. Eine beschmutzte US-Demokratie ist für ihn ein wunderbarer Vorwand, um seine «gelenkte» Demokratie zu rechtfertigen.
Putin hat daher alles Interesse daran, dass die Schlammschacht in den USA auch nach den Wahlen weitergehen wird. «Sollte Hillary Clinton gewinnen, dann ist es gut möglich, dass die Russen weiterhin mehr Informationen über sie enthüllen werden, um so ein allfälliges Impeachment-Verfahren auszulösen», spekuliert das «Wall Street Journal».
Mehr noch: Nach den erfolgreichen Störaktionen in den US-Wahlen könnte Putin versuchen, auch in Europa mit der gleichen Methode zu punkten. Sein Interesse daran ist offensichtlich. «Die deutschen, die französischen und andere Wahlen im kommenden Jahr haben alle grosse geopolitische Implikationen für Russland», sagt Pasi Eronen von der Denkfabrik Foundation for Defense of Democracies in Washington.
Erste Anzeichen dazu gibt es bereits. Cyber-Experten sprechen schon jetzt von mehreren Hackerangriffen auf die Server von deutschen Parteien.