
Sag das doch deinen Freunden!
Es ist eine eher düstere Prognose, die das Weltwirtschaftsforum (WEF) am Montag publiziert hat. Die «vierte industrielle Revolution», der Aufstieg der intelligenten Maschinen und smarten Fabriken, wird den Arbeitsmarkt umkrempeln – und Arbeitsplätze vernichten.
5,1 Millionen Stellen werden innerhalb der nächsten fünf Jahre in 15 der grössten Volkswirtschaften verschwinden. Das prognostiziert der WEF-Bericht «Die Zukunft der Beschäftigung», der auf einer Umfrage unter den Topmanagern der 350 grössten Konzerne weltweit beruht. Insgesamt dürften gemäss den WEF-Experten sogar 7,1 Millionen Arbeitsplätze abgebaut werden, doch diesem Verlust sollen immerhin rund zwei Millionen neu geschaffene Jobs in verschiedenen Branchen gegenüberstehen.
Diese Zahlen klingen alarmierend. Doch wenn man sie – wie es der britische Autor Tim Worstall im Wirtschaftsmagazin «Forbes» tut – zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer in den analysierten Volkswirtschaften in Beziehung setzt, ändert sich das Bild. Wie der Bericht selber festhält, betreffen seine Daten rund 1,86 Milliarden Arbeitnehmer, was nicht weniger als 65 Prozent der Werktätigen weltweit entspricht.
Der Rechtsausleger Worstall – er ist Mitglied der rechtspopulistischen UKIP und des rechtsliberalen Adam Smith Institute – nennt den Befund des WEF-Berichts deshalb «ein triviales Resultat ohne jede Bedeutung». Die Experten hätten etwas herausgefunden, was «unzweifelhaft bis zu einem gewissen Grad wahr» sei, aber kaum jemanden wirklich betreffe. 5,1 Millionen abgebaute Stellen weltweit entsprächen einer um nur gerade 0,3 Prozent gestiegenen Arbeitslosigkeit. Das Problem mit diesem Report sei, dass die beschriebenen Effekte mithin kaum ins Gewicht fielen.
Worstall mag mit seinem Einwand recht haben. Dennoch ist jedem denkenden Menschen klar, dass der technologische Wandel und die fortschreitende Digitalisierung über kurz oder lang zahllose Jobs überflüssig machen werden. Ob neu geschaffene Stellen diese Verluste werden kompensieren können, steht dagegen in den Sternen.
Es stellt sich allerdings nicht nur die Frage, wie viele Arbeitnehmer vom Stellenabbau bedroht sind. Es fragt sich auch, welche Bereiche der Arbeitswelt der digitale Wandel am stärksten beuteln wird. Ob die vierte industrielle Revolution die Benachteiligung der Frauen am Arbeitsplatz verringern oder gar verstärken wird. Und schliesslich, welche Länder am besten mit dem Wandel zurechtkommen werden. Hier gibt der WEF-Bericht Hinweise:
Im Gegensatz zu früheren Innovationswellen wird die vierte industrielle Revolution weniger die Arbeiter in den Fabrikhallen treffen – dort wurde in der Vergangenheit schon kräftig automatisiert. Diesmal frisst der Fortschritt die Arbeitsplätze in den Büros: Zwei Drittel der eingesparten Stellen werden voraussichtlich im Büro- und Verwaltungsbereich anfallen.
Potenzial haben laut den WEF-Experten dagegen Arbeitsplätze, die in Zusammenhang mit Mathematik, Computern (IT) oder Ingenieurtätigkeiten stehen.
Nach wie vor sind die technischen und naturwissenschaftlichen Berufe sowie die Informatik eine Männerdomäne, auch wenn die Frauen in letzter Zeit etwas aufgeholt haben. Genau diese Berufsbereiche dürften durch den digitalen Wandel an Bedeutung gewinnen, während ausgerechnet jene Bereiche, in denen Frauen übervertreten sind, besonders leiden werden: Büro, Verwaltung, Vertrieb.
Die WEF-Experten rechnen denn auch damit, dass die Frauen durch die Stellenverluste besonders hart getroffen werden. Zwar verteilen sich die 5,1 Millionen Arbeitsplätze, die der Digitalisierung netto zum Opfer fallen werden, nahezu gleichmässig auf Männer (52%) und Frauen (48%). In Wahrheit bedeutet schon dies eine Benachteiligung der Frauen, da sie deutlich weniger als die Hälfte der Werktätigen stellen.
In absoluten Zahlen werden die Männer 4 Millionen Stellen verlieren, aber dafür 1,4 Millionen neu geschaffene dazugewinnen. Für je drei verlorene Jobs kommt so immerhin ein neuer dazu. Dagegen werden die Frauen 3 Millionen Arbeitsplätze verlieren, aber nur 0,55 Millionen hinzugewinnen. Das sind mehr als fünf verlorene Stellen für jede neu geschaffene.
Zum Vorteil der Frauen könnte indes die weitere Automatisierung des Haushalts gereichen – eine Verringerung der gegenwärtigen Doppelbelastung könnte ihnen erlauben, ihre Fähigkeiten stärker in die Wirtschaft einzubringen, wie die WEF-Experten schreiben.
Neben sieben Industrieländern – die USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien und Australien – analysierten die WEF-Experten auch die Schwellenländer China, Indien, Brasilien, Mexiko, Südafrika und die Türkei sowie die Wirtschaftsräume der südostasiatischen Nationen (ASEAN) und des Golf-Kooperationsrates (GCC). Die Schweiz wurde nicht untersucht.
Einige dieser Volkswirtschaften, namentlich der ASEAN-Verband, die USA, Japan und auch Mexiko, sind laut dem WEF-Bericht besser aufgestellt, um mit dem digitalen Wandel zurechtzukommen. Verloren gegangene Jobs können sie eher mit der Schaffung von neuen Stellen kompensieren.
In Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Brasilien dagegen wird der Stellenabbau die Zahl neu geschaffener Arbeitsplätze übertreffen, wie die folgende Grafik zeigt: