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Herr Brotschi, vor genau einer Woche ist ein F/A-18-Pilot am Susten ums Leben gekommen. Was ging Ihnen als erstes durch den Kopf, als sie vom jüngsten Unfall der Schweizer Luftwaffe hörten?
Meine Gedanken gingen sofort zum Piloten, ob er hoffentlich den Schleudersitz betätigen konnte und am Leben ist. Und dann ehrlicherweise auch ein «Schon wieder …», obwohl ich weiss, dass es früher sehr viel mehr Flugunfälle gegeben hat.
Seit 2013 hat die Luftwaffe vier Jets verloren, davon drei F/A-18. Das fühlt sich nach einer ausserordentlichen Häufung an. Trügt der Schein?
Vor der jüngsten Serie gab es fünfzehn Jahre lang keinen einzigen Unfall mit einem Kampfjet. Der letzte passierte im Frühling 1998 mit einer F/A-18 im Wallis. Deshalb kommt einen die jetzige Serie wie eine Häufung vor. Aber das ist eigentlich eine Täuschung.
Gibt es für diese Häufung eine Erklärung?
Nein. Ich denke eher, dass die anderthalb Jahrzehnte ohne Absturz eines Kampfjets eine glückliche
Phase war, die es so leider nicht immer gibt.
Sie haben das Buch «Gebrochene Flügel» geschrieben, sich mit all den Unfällen intensiv befasst.
Können Sie eine historische Einordnung der Unfälle machen?
Die Flugsicherheit hat sich deutlich verbessert, wobei anzumerken ist, dass auch die Zahl der
geflogenen Flugstunden deutlich abgenommen hat. Die Zeiten mit intensivem Flugdienst, also im
Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg, brachten auch viele Flugunfälle. So gab es innerhalb einer
Woche im August 1943 vier Unfälle mit sieben toten Besatzungsmitgliedern. Noch 1981 verlor die
Luftwaffe in einem einzigen Jahr neun Jets!
Es ist nicht das erste Mal, dass es einen Zwischenfall mit einer F/A-18 gibt. Ist dieses Modell besonders anfällig?
Wie bereits gesagt, gab es 15 Jahre lang Flugdienst mit der F/A‐18 Hornet ohne einen Unfall. Und
zwischen den vier Unfällen kann ich nach dem jetzigen Stand der Erkenntnisse keinen roten Faden
sehen, der Anlass zur Besorgnis gäbe. Die Geschichte zeigt auch, dass ein Unfall selten mit einem
Versagen der Flugzeugtechnik zusammenhängt.
Werden Flugzeuge, die abstürzen, eigentlich ersetzt?
Früher gab es dies vereinzelt, heute nicht mehr. Die Luftwaffe hat jetzt einfach nur noch 30 F/A‐18
Hornet.
Als Laie fragt man sich: Ist es eigentlich schwieriger, ein Flugzeug in den Alpen zu lenken als über flachem Grund?
Jede Pilotin und jeder Pilot, vom Gleitschirm- bis zum Kampfjetflieger, muss sich in der Schweiz mit dem Fliegen
in den Alpen auseinandersetzen. Schon in der Ausbildung zum Segel‐ oder Motorpiloten auf privater
Basis gibt es die sogenannten «Alpeneinweisungs‐Flüge». Es ist nicht schwieriger in den Alpen zu
fliegen, aber man muss mehr beachten, zum Beispiel die Einflüsse des Windes und die Wetterverhältnisse, die schnell wechseln können. Und ja, es gibt mehr Unfälle in den Alpen als im
Mittelland, aber das hat auch damit zu tun, dass die Alpen den grössten Teil unserer Landesfläche
einnehmen.
Wie sieht die Zukunft der Schweizer Luftwaffe aus?
Alle Angestellten der Luftwaffe und die Milizangehörigen machen einen guten Job, obwohl Teile der
Politik, vorab der linken Seite, und der Öffentlichkeit ihrer Arbeit leider – aus meiner Sicht ohne
Grund – kritisch oder gar ablehnend gegenüberstehen. Ich weiss, wie sehr immer und immer an der
Flugsicherheit gearbeitet wird. Und deshalb stimmt es mich traurig, wenn trotz aller Bemühungen wieder ein Unfall passiert. Aber die hundertprozentige Sicherheit gibt es eben
nirgends.
Wie sind Sie zu einem Experten auf dem Gebiet der militärischen Unfälle geworden? Was fasziniert Sie daran?
Mein Vater war im Militär Flugzeugmechaniker und hat mir schon als ein kleiner Junge von
Flugunfällen erzählt. In meinem Militärdienst habe ich dann selber viele Flugunfälle mitbekommen,
auch von Piloten, die ich gut gekannt habe. Es gab aber nach über 90 Jahren Luftwaffe keine
Publikation zu diesem Gebiet, nur viele mündliche Legenden. So habe ich mich hingesetzt und in
vierjähriger intensiver Freizeitarbeit geforscht und das Buch «Gebrochene Flügel» verfasst. Von meiner
Grundausbildung her bin ich Primarlehrer, und so interessieren mich, wie bereits erwähnt, vor allem
die Schicksale der Menschen. Ich wollte sie dem Vergessen entreissen und ihnen ein publizistisches
Denkmal setzen. Dass das Buch zu einem derartigen Erfolg werden sollte, hätte ich mir nicht träumen
lassen.
* Das Interview wurde schriftlich geführt