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Der Luxemburger Vincent Thill will Weltfussballer werden

Vincent Thill
Vincent Thill bejubelt sein erstes Länderspiel-Tor im zweiten Einsatz.screenshot: Youtube

Wie ein 16-jähriger Luxemburger den Weltfussball erobern will

Der 16-jährige Vincent Thill kommt aus Luxemburg und will Weltfussballer werden. In seiner Heimat ist er schon jetzt ein Star.
14.07.2016, 13:3505.09.2016, 11:23
Max dinkelaker / 11freunde
Ein Artikel von
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In Herzogenaurach steht eine seltsame Maschine. Eine Maschine, mit der Adidas Schuhe und Bälle testet, die am Computer bedient wird und sich so programmieren lässt, dass es nur ein paar Koordinaten braucht, um den Ball mit Karacho in den Winkel fliegen zu lassen. Wenn beispielsweise ein Mesut Özil über das Gelände geführt wird, zeigt man ihm diesen wundersamen mechanischen Arm, der so viel präziser und härter schiessen kann als das menschliche Bein.

Und manchmal, mehr aus Jux, lässt man den Kicker zum Vergleich schiessen. Und so durfte sich auch Vincent Thill, 16 Jahre alt, Anfang Juni den Ball zurechtlegen. «Vincent nimmt also den Ball», erzählt sein Vater und Manager Serge Thill, «und schiesst ihn dreimal am Stück in den Winkel. Danach zeigt uns der Ingenieur die Flugkurven des Balles auf einem Bildschirm. Man konnte die einzelnen Schüsse nicht unterscheiden, so identisch waren die Kurven. Die Typen waren vollkommen baff, das hatten sie dort noch nie gesehen. Wie eine Maschine.»

Vincent Thill.
Die Nummer 10 gehört in der Nationalmannschaft schon mal ihm. Und das V. sorgt zusätzlich dafür, dass Vincent nicht mit seinem Bruder Sebastien verwechselt wird.screenshot: Youtube

Einen Tag später steht Vincent Thill in der Küche seiner Eltern in Rodingen, Luxemburg, und sieht so gar nicht nach einer Maschine aus. Er hat kein T-Shirt an, und seine Mutter Nathalie schmiert einen der dünnen Oberarme dick mit Vaseline ein. Das neue Tattoo braucht Feuchtigkeit, die verletzte Haut muss heilen. Zu dem dicken Kreuz, das er sich mit 15 stechen liess, hat sich eine Art Uhr gesellt, darunter in feinen Linien das eigene Geburtsdatum: 4.2.2000.

Vincent Thill
Vincent Thill mit Familie: Bald soll der Pokal durch einen wichtigeren ersetzt werden.Bild: Frederick Buyckx

Der erste Länderspiel-Torschütze, der im neuen Jahrtausend geboren wurde

Vincent Thill ist der erste Spieler, der im neuen Jahrtausend geboren ist und ein Länderspieltor geschossen hat. Er wird von Spitzenvereinen gejagt, trägt auf dem Platz die Nummer 10 und will eines Tages Weltfussballer sein. Vincent Thill ist schon jetzt ein Star in seiner Heimat und vielleicht das grösste Versprechen, das der luxemburgische Fussball je hervorgebracht hat. Aber: Er ist noch ein Kind. Sein Vater bräuchte es nicht dauernd zu erwähnen, bereits seine Statur verrät ihn. Es gibt nicht viele Profis, die nur 54 Kilo wiegen.

«Wir pinkeln uns nicht die Hose voll, weil Matthias Sammer anruft.»
Vincent Thills Vater

So schmächtig seine Hülle noch sein mag, auf dem Spielfeld ist Vincent präsenter als die Kleiderschränke um ihn herum. Wie selbstverständlich fordert er im Länderspiel gegen Nigeria die Bälle. Es wirkt, als wisse er vor allen anderen, was in der nächsten Sekunde geschieht, mit dem Ball am Fuss ist ein Klassenunterschied zu den Mitspielern zu erkennen. Kurz vor Schluss taucht er frei vor dem Tor auf. Er stoppt den Ball, schaut kurz hoch, dann legt er ihn präzise ins lange Eck.

Seit diesem Augenblick ist Vincent Thill der jüngste europäische Länderspieltorschütze aller Zeiten.

Ende Mai 2016 schoss Vincent Thill im Test gegen Nigeria sein erstes Länderspieltor (Ab 0:50 Minuten im Video).Video: YouTube/L'essentiel

Der Vater spielte noch gegen Matthäus

Das Haus der Familie Thill ist hoch, ein bisschen eng und vor allem bunt: rote Couch, gelbe Fliesen, blauer Kühlschrank, schwarze Küche. Er würde gerne umbauen, sagt Vater Serge, doch habe er im Moment wenig Zeit. Er arbeitet noch bei der Bank, ausserdem regelt er ja die Geschäfte für Vincent. Viel zu tun für einen einzelnen Mann, doch wenn es um Fussball geht, vertrauen die Thills in erster Linie der eigenen Expertise.

«Nein. Ich weiss, dass ich es packe.»
Vincent Thill

Mutter Nathalie war Nationalspielerin, Serge spielte mit Luxemburg unter anderem gegen Deutschland und Lothar Matthäus. Der älteste Sohn Sebastien, 22, ist ebenfalls luxemburgischer Nationalspieler, der zweitälteste Olivier, 19, spielt für die U21. Und der sechsjährige Marek dribbelt schon jetzt besser als viele Erwachsene.

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Wie alle seine Söhne trainierte Serge auch Vincent als Kind. «Ich habe früh gemerkt, dass er etwas Besonderes ist. Ich kann es kaum beschreiben, aber entweder man hat es oder man hat es nicht. Und Vincent ... nun ja, der hat es.»

«Die Typen waren vollkommen baff, das hatten sie dort noch nie gesehen.»
Vincent Thills Vater

Als die Scouts vom FC Metz den 17-jährigen Sebastien in Luxemburg beobachten, fällt ihnen auch Vincent auf. Seinem älteren Bruder ist der Schritt nach Metz zu weit, Vincent nimmt die Einladung des Vereins ohne zu zögern an. Einen Monat Zeit will man ihm in Metz geben, um sich zu zeigen. Nach der ersten Einheit haben die Trainer genug gesehen und Vincent zieht ins Fussballinternat. Mit 15 trainiert er in der U19, mit 16 wird er Profi.

Absichtlich nicht zu den Bayern

Liverpool und PSG hätten schon angefragt, sagt Vincent, auch Köln oder Hoffenheim. Wirklich konkret sei es mit den Bayern geworden. Serge und Vincent schauten sich das Gelände an, sprachen mit U23-Coach Vogel und verhandelten mit Michael Reschke über einen möglichen Transfer. Doch war die Sorge, Vincent könnte hinter all den Stars auf der Bank versauern, am Ende zu gross. Sicher, das schnelle Geld sei reizvoll, sagt Serge. Doch, er betont es immer wieder, in erster Linie müsse sich sein Sohn wohl fühlen. «Ausserdem», sagt Serge: «Wir pinkeln uns nicht gleich die Hose voll, nur weil Matthias Sammer anruft.»

Der Familienrat, wie Serge es nennt, entschied, dass Vincent auch noch in einem Jahr Weltstar werden könne. Also unterschrieb er zunächst einen langfristigen Vertrag in Metz. Ende Juni wird er das erste Mal mit den Profis trainieren, die Mannschaft ist im Sommer in die Ligue 1 aufgestiegen. Ob er keine Angst habe, gegen all die gestandenen Männer im Training zu versagen? Vincent Thill guckt nicht wie bisher verlegen zur Seite, sondern antwortet unverzüglich: «Nein. Ich weiss, dass ich es packe.»

Publikation mit freundlicher Genehmigung von 11Freunde.

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4 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Karl Müller
14.07.2016 14:14registriert März 2015
"... und seine Mutter Nathalie schmiert einen der dünnen Oberarme dick mit Vaseline ein. Das neue Tattoo braucht Feuchtigkeit."

Okay Leute, das wars. Wer immer noch ein Tattoo möchte, um rebellisch zu sein: Die Chance ist endgültig vertan.
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33EVROPA
14.07.2016 14:05registriert Juni 2016
Gut 08/15 Armtattoos hat er schon.
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