Der «Mirror» hat kürzlich eine Liste der 50 hitzigsten Fussball-Derbys der Welt erstellt. Keine Überraschung, dass Boca Juniors – River Plate Rang 1 holt. Auch nicht, dass Barcelona – Real Madrid und Celtic – Rangers gleich dahinter folgen.
Doch in der Liste tauchen auch Derbys auf, die uns weniger geläufig sind. Eine Auswahl derjenigen Klassiker, die wir selten bis nie auf dem Radar haben – aber bei denen es sich bestimmt lohnt, sie mal live zu erleben:
Platz 4. Das Derby von Kairo zwischen den zwei erfolgreichsten Klubs in ganz Afrika ist auch eines verschiedener politischer Gesinnungen. So kam es rund um die Spiele so oft zu Ausschreitungen, dass die Partie zumeist an einem neutralen Ort ausgetragen und von einem ausländischen Schiedsrichter geleitet wird. Nach einer Stadiontragödie 2015 finden die Spiele der ägyptischen Premier League generell ohne Zuschauer statt.
Überläufer unter den Spielern sind eher selten. Doch drei von ihnen spielten einst auch in der Schweiz: Goalie Essam El Hadary (Sion) und die Zwillinge Ibrahim und Hossam Hassan (Xamax). Mit 65 Derby-Siegen ist Al Ahly wesentlich erfolgreicher als Zamalek (36 Erfolge), 57 Mal gab's ein Unentschieden.
Platz 5. Der «Superclásico del fútbol uruguayo» teilt die Hauptstadt Montevideo und das ganze Land in zwei Lager. Fans beider Klubs behaupten, ihr Verein sei der älteste in ganz Uruguay. Sicher ist, dass Peñarol von Angestellten einer britischen Eisenbahngesellschaft gegründet wurde, während Nacional von Anfang an auf einheimisches Schaffen setzte.
Das Derby ist das älteste ausserhalb Grossbritanniens. Von den letzten zehn Duellen gewann Peñarol nur eines, in der ewigen Bilanz liegt es mit 185:179 Siegen (bei 167 Unentschieden) aber noch knapp vor Nacional. Wie hitzig es manchmal wird, beweist ein Vorfall im Jahr 2014. Neun Spieler verbrachten die Nacht im Gefängnis – nach einer Schlägerei in einem Freundschaftsspiel.
Platz 9. Das grösste Derby Brasiliens ist nicht in den Metropolen Rio de Janeiro oder Sao Paulo beheimatet, sondern in Porto Alegre. Während Gremio von reichen deutschen Auswanderern gegründet wurde, zeigte sich Internacional seinem Namen entsprechend von Beginn weg offen. Elite gegen Arbeiterschicht – schon immer ein guter Nährboden für ein hitziges Derby.
Das erste «Grenal» (Gre-mio gegen Internacio-nal) ging glatt mit 10:0 an Gremio, aber nach mehr als 400 Partien liegt Internacional in der ewigen Bilanz mit 154:128 Siegen voraus.
Platz 13. Wer die Tabelle der mexikanischen Liga anschaut, findet die Chivas vielleicht gar nicht – weil der offizielle Name des Klubs Deportivo Guadalajara heisst. Wenn es gegen den Club America aus der Hauptstadt geht, dann findet das Spiel mit der wohlklingenden Bezeichnung «El Súper Clásico del Fútbol Mexicano» statt und das Land steht still.
Die beiden Teams sind die einzigen, die seit der Liga-Gründung immer dabei gewesen sind und mit je zwölf Titel gemeinsam Rekordmeister. Von den 228 Spielen seit 1943 gingen 82 an America, 74 an Chivas und 72 Mal gab es ein Remis.
Platz 18. Das Derby von Mostar in Bosnien-Herzegowina ist erst seit der Unabhängigkeit des Landes wieder eine heisse Partie. Kunststück: Vorher gab es Jahrzehnte lang nur den einen Klub. Zrinjski ist ein «kroatischer» Klub, weshalb er nach dem Zweiten Weltkrieg verboten und aufgelöst wurde. Velez wiederum ist der Klub der muslimischen Bosniaken, der damit leben musste, dass nach dem Bosnienkrieg der grosse Rivale Zrinjski das Stadion von Velez gekapert hatte und seither darin spielt. Eine Geschichte, bei der es niemanden verwundert, wenn es seither oft zu Ausschreiten kommt, wenn das Derby ansteht.
Velez Mostar war zwei Mal jugoslawischer Cupsieger. Seit der Aufspaltung des Landes ist der HSK Zrinjski erfolgreicher, er wurde fünf Mal bosnischer Meister. Aktuell ist Velez nur zweitklassig.
Platz 22. Es ist immer wieder erstaunlich, wie erfolglos Indien angesichts seiner Milliardenbevölkerung in fast jeder weltweiten Sportart ist. An einer Fussball-WM spielten die Inder noch nie und selbst für die Asien-Meisterschaften konnten sie sich erst drei Mal qualifizieren. Dabei zieht zumindest der Klubfussball die Massen an: Zum Derby in Kalkutta, «Boro» genannt, kamen schon 131'781 Fans; heute ist das selbe Stadion noch für 85'000 Zuschauer zugelassen.
East Bengal ist historisch gesehen der Klub von Einwanderern aus dem heutigen Bangladesch. Mohun Bagan auf der anderen Seite ist Indiens ältester Verein und derjenige der Oberschicht. Nach 361 Vergleichen führt East Bengal mit 127:116 Siegen bei 118 Unentschieden.
Platz 24. «Viva el Betis manque pierda!» lautet das Motto der Grün-Weissen: «Lang lebe Betis, auch wenn es verliert!» Passend, denn in den vergangenen Jahrzehnten hat der Lokalrivale FC Sevilla dem Real Betis Balompié den Rang abgelaufen. Büezer (Betis) gegen Oberschicht (Sevilla) lautet die Affiche, wenn es zum «Derbi sevillano» kommt. In dessen Bilanz hat Sevilla (60 Siege) fast doppelt so oft gewonnen wie Betis (34).
Seit 1970 küren Betis und Sevilla nicht nur auf dem Rasen einen Derby-Sieger. Auf dem Stadtfluss Guadalquivir (dessen römische Bezeichnung Baetis Götti für den einen Klubnamen war) wird alljährlich eine sechs Kilometer lange Ruderregatta ausgetragen, am Ufer verfolgt von Zehntausenden Zuschauern.
Platz 29. Geht es nach dem ewigen FCSG-Helden Ivan Zamorano, dann ist dieses Derby «bei Weitem bedeutender als Milan – Inter und Real Madrid – Barcelona». Der Stürmer muss es wissen, spielte er doch in allen drei Partien, in der Heimat für Colo Colo.
Gemäss dem englischen Wikipedia-Eintrag gebührt dem chilenische Clasico die zweifelhafte Ehre, das unfairste Derby der Welt zu sein. Colo Colo, benannt nach einem Häuptling, ist der erfolgreichere der beiden Klubs.
Platz 30. Wie in vielen Städten ist auch das Derby der marokkanischen Hafenmetropole Casablanca eines zweier Gesellschaftsschichten. Während Wydad (arabisch für Liebe) als Klub des Establishment gilt, ist Raja derjenige des einfachen Mannes.
Legendär ist ein Derby im Mai 2006. Raja führte 1:0, damit wäre es Meister gewesen. Doch in der 94. Minute glich Wydads Hicham Louissi mit einem Weitschuss ins Lattenkreuz aus und das reichte seinem Klub, um den Titel zu holen (Video oben).
Platz 31. Eine der grössten Rivalitäten in Asiens Fussball ist das Teheran-Derby. Das blaue Esteghlal («Unabhängigkeit») spielt gegen das rote Persepolis («Stadt der Perser»), letzterer ist der Arbeiterklub.
Das jüngste Derby fand gestern Donnerstag statt: Persepolis gewann es 1:0. Das Resultat war auch eine Niederlage für den deutschen Trainerfuchs Winnie Schäfer, der unlängst bei Esteghlal übernommen hat.
Platz 43. Das Derby der beiden grössten Teams Nordirlands heisst «Big Two» und wurde auch schon mit dem wunderschönen Namen «El Belfastico» bezeichnet. Es ist, etwas überraschend angesichts der Geschichte Nordirlands, kein Duell zweier Glaubensrichtungen, beide Klubs gelten als protestantisch. Die beiden Fan-Lager werden durch den Lagan geteilt: auf der einen Seite des Flusses wird man als Anhänger Linfields geboren, auf der anderen ist man für Glentoran.
Der 52-fache Meister Linfield hat in den Derbys die Nase vorn: Glentoran, 23-facher Champion, liegt in der Direktbilanz klar zurück. Von den bisher 455 Pflichtspielen gewann Linfield 221, Glentoran brachte es auf 128 Siege und 106 Partien endeten unentschieden.