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Tyler Cowen im Interview über Matching und die selbstzufriedene Klasse

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Demo gegen Donald Trump in Washington. In früheren Jahrzehnten wären die Proteste wesentlich heftiger gewesen, meint Tyler Cowen.Bild: JIM LO SCALZO/EPA/KEYSTONE
Interview

«Ich denke nicht an einen neuen Weltkrieg, aber Chaos und Proteste werden zurückkehren»

Die Menschen werden immer selbstzufriedener und verlassen ihr vertrautes Umfeld kaum noch. Der Ökonom Tyler Cowen verfolgt diese Entwicklung kritisch. Es handle sich um eine rückwärtsgewandte Mentalität. Ein Gespräch über die Ruhe vor dem Sturm, die Wahl Trumps als Revolte und Johann Sebastian Bach.
31.05.2017, 09:1701.06.2017, 12:11
peter blunschi, philipp löpfe
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In Ihrem neuen Buch geht es um die «selbstzufriedene» Klasse. Was genau wollen Sie uns damit sagen?
Tyler Cowen:
Im Titel steckt eine gewisse Ironie, denn in Amerika gehören fast alle zu dieser selbstzufriedenen Klasse. Nicht nur gut situierte Menschen in abgesonderten Wohnvierteln, sondern auch Leute mit geringen Einkommen. Die Jungen leben viel länger im Elternhaus. Sie rauchen Marihuana und wollen kein eigenes Auto oder Haus mehr.

Aus ökologischer Sicht ist dies eine positive Entwicklung.
Es ist aber auch ein Zeichen für geringeren Ehrgeiz. Kommt hinzu, dass die Studenten hohe Schulden anhäufen und immer weniger junge Menschen ein eigenes Unternehmen gründen. Generell haben die Amerikaner die Fähigkeit verloren, sich eine Zukunft vorzustellen, die fundamental anders ist als die Gegenwart. Das war in den 1950er und 60er Jahren ganz anders.

Tyler Cowen
Tyler Cowen
Der 55-jährige Ökonom ist Professor an der George Mason University in Washington. Mit seinen Büchern und seinem Blog sorgt er regelmässig für Gesprächsstoff. Kürzlich ist sein neustes Buch «The Complacent Class» erschienen. Tyler Cowen besuchte die Schweiz auf Einladung des Gottlieb Duttweiler Instituts.

Dabei spricht man von einer fundamental anderen Wirtschaftsordnung, von der so genannten «Gig Economy», in der jeder sein eigener Unternehmer und Loyalität zum Arbeitgeber nicht mehr angesagt ist.
Das ist weitgehend ein Hype. Jeder kennt zwar Uber und benützt diesen Fahrdienst – zumindest in den USA. Unternehmen wie Uber, Facebook & Co. sind wichtig, aber sie bilden nicht das Rückgrat der Wirtschaft. Uber ist ein billiger Taxidienst, aber keine bahnbrechende Innovation, die alles verändert. Auch die Arbeitsmärkte sind nicht mehr so durchlässig wie früher.

«Unsere Welt ist eine Welt der Gentrifizierung. Ein neues Restaurant im Quartier, eine abnehmende Kriminalität – darunter verstehen wir heute Fortschritt».
Tyler Cowen

Der Traum von eigenen Start-up ist also meist genau das, ein Traum?
Ja, prozentual gesehen nimmt der Anteil der Start-ups an der Gesamtwirtschaft leicht ab. Das ist keine Katastrophe, aber auch ganz anders, als die Leute glauben. Die meisten Arbeitnehmer haben heute stinknormale Dienstleistungs-Jobs und stecken häufig darin fest.

Sind die Menschen also träge geworden?
Ich will keine moralischen Urteile fällen. Ich stelle nur fest, dass die Menschen – zumindest die Amerikaner – weniger mobil geworden sind. Es gibt heute mehr Jobs, für die man eine Lizenz oder einen bestimmten Abschluss benötigt. Die Quartiere in den Städten sind weniger durchmischt, ebenso die Schulen. Wir haben damit beides: Weniger Mobilität und mehr Abschottung.

«Matching ist ein sehr positiver Begriff, doch er hat eine Kehrseite: Die Segregation. Unsere Gesellschaft zerfällt in immer kleinere Teile.»
Tyler Cowen

Dafür haben wir laut Ihrem Buch immer mehr Matching. Wir gleichen alles untereinander ab: Unsere Vorliebe für bestimmte Musik, Essen, Hobbys oder Sexpartner. Warum ist gerade dieses Phänomen für die selbstzufriedene Klasse so typisch?
Matching ist zentral für die Entwicklung unserer Gesellschaft in den letzten Jahren. Nehmen Sie die Musik: Ob auf dem iPad, YouTube oder Spotify, stets kann ich genau das hören, was ich will. Und das sehr billig, oft sogar gratis. Für mich als Konsument ist das wunderbar, es ist weniger gut für die Musiker. Sie müssen permanent gegen die Beatles, Beethoven oder Bach antreten. Das ist hart. Led Zeppelin verkauften in den 70er Jahren nach der Veröffentlichung eines neuen Albums in kurzer Zeit 400'000 Stück. Damit wurden sie sehr reich. Das passiert heute kaum mehr, ausser wenigen Superstars wie Taylor Swift.

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Angestellte bei Walmart: Es wird immer schwieriger, sich in den USA nach oben zu arbeiten.Bild: Invision for Walmart/Invision

Haben wir die Neugierde verloren?
Es ist einfacher, neugierig in Bezug auf die Vergangenheit zu sein. Wir laden die Klassiker der Weltliteratur mehr oder weniger gratis auf den E-Reader, sind aber kaum noch daran interessiert, neue Grenzen zu erforschen. Stattdessen wollen wir das Bestehende ein bisschen hübscher machen. Unsere Welt ist eine Welt der Gentrifizierung. Ein neues Restaurant im Quartier, eine abnehmende Kriminalität – darunter verstehen wir heute Fortschritt. Das ist absolut in Ordnung, aber es ist auch eine rückwärtsgewandte Mentalität.

Das ist doch verständlich. Dank dem Matching können wir uns sehr viel Ärger ersparen.
Matching ist ein sehr positiver Begriff, doch er hat eine Kehrseite: Die Segregation. Unsere Gesellschaft zerfällt in immer kleinere Teile. Es wird immer wichtiger, welches Einkommen man hat, wo man wohnt, welche Schule man besucht hat, welchen Freundeskreis man besitzt. Das gute alte Amerika, in dem man sich nach oben gearbeitet hat, wird zur fernen Erinnerung.

Ihre Kritiker sagen, Sie seien zu pessimistisch. Es sei in den USA nach wie vor möglich, sich von ganz unten nach oben zu arbeiten.
Ich sehe mich eher als Optimisten – im Vergleich mit der Realität. Es stimmt, es gibt in den USA nach wie vor sehr viel Vitalität, vor allem unter den Einwanderern. Sie gehören nicht zu der selbstzufriedenen Klasse. Das gilt übrigens generell, auch für die Schweiz. Einwanderer sind Menschen, die bereit sind, sehr viel Schmerz zu ertragen, um ein Ziel zu erreichen. Das ist der Grund, weshalb so viele neue Unternehmen und Innovationen von Zuwanderern geschaffen werden. Aber wie wir alle wissen, hat sich das politische Klima stark gegen die Migration gewandt.

«Intellektuelle gehen immer noch davon aus, dass auch die Ungebildeten lernen werden, anständig zu leben. Man muss sie bloss noch ein bisschen erziehen. Das ist eine schlimme Verkennung der Tatsachen.»
Tyler Cowen

Die Klagen über die vielen asiatischen Studenten an den Eliteuniversitäten der USA gibt es doch schon seit Jahrzehnten.
Seit der Wahl von Donald Trump ist die Stimmung gekippt. Es kommen kaum noch Latinos, dafür kehren viele zurück, etwa nach Mexiko. Wir werden weniger Zuwanderung und damit weniger Innovation haben. John F. Kennedys Wahlslogan lautete: «New Frontier». Was sagt Trump? «Make America great again». Die amerikanische Politik ist eigenartig rückwärtsgewandt geworden. Wenn Trump über Investitionen in die Infrastruktur spricht, meint er weder Hochgeschwindigkeitszüge noch Biotech, sondern Strassen und Brücken.

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Viele Clinton-Wähler kennen keinen einzigen Trump-Wähler persönlich.Bild: TANNEN MAURY/EPA/KEYSTONE

Sprechen wir nochmals über das Zwillingspaar Matching/Segregation. Das Resultat ist eine oberflächlich gesehen sehr tolerante Gesellschaft, in der alles erlaubt ist. Doch gleichzeitig geht der Gemeinsinn vor die Hunde. Jede Gruppe von Gleichgesinnten lebt für sich selbst.
Das stimmt so nicht. In den USA nehmen beispielsweise die gemischtrassigen Ehen zu. Die neue Art der Abschottung geschieht über Ausbildung und Entlöhnung. Die attraktiven Unternehmen stellen heute Menschen an, die aus allen Teilen der Welt stammen und jeden nur denkbaren Lebensstil pflegen. Sie finden in diesen Unternehmen alles – ausser ungelernte Arbeitskräfte. Deshalb gibt es in diesen Unternehmen zwar ein hohes Mass an Toleranz, aber keine Diversität.

Die Toleranz der neuen kreativen Klasse geht einher mit einer Gleichgültigkeit gegenüber den Ungebildeten?
Ich kenne einige Clinton-Wähler, die keinen einzigen Trump-Wähler persönlich kennen. Umgekehrt trifft das nicht zu, denn alle kommen mit gut ausgebildeten Berufleuten in Kontakt, und die haben Clinton gewählt. Daher auch der Schock nach den Wahlen, wie übrigens auch nach dem Brexit. Die Kreativen konnten sich schlicht nicht vorstellen, dass man ihnen sagt: Wir haben die Schnauze voll, dass ihr uns vorschreiben wollt, wie wir zu leben haben. Intellektuelle gehen immer noch davon aus, dass auch die Ungebildeten lernen werden, anständig zu leben. Man muss sie bloss noch ein bisschen erziehen. Das ist eine schlimme Verkennung der Tatsachen.

Was sollen Intellektuelle machen? Auf die politische Korrektheit pfeifen, Frauen und Schwarze beleidigen, Muslime verteufeln und nationalistische Parolen grölen?
Es hilft, wenn man seinen Freundeskreis erweitert und die Welt bereist. Ich würde auch den Wohnungsmarkt in Städten wie New York und San Francisco deregulieren, damit es sich mehr Leute leisten könnten, dort zu wohnen. Ich würde viel mehr Geld in die Bildung stecken. Und ich würde das Raumfahrtprogramm neu auflegen, um alte utopische Träume neu zu beleben.

Damit würden aber Sie eine Menge Steuergelder verbrennen.
Mag sein. Aber wir brauchen wieder Utopien, selbst wenn sie scheitern, wie beispielsweise Richard Nixons Krieg gegen den Krebs. Ich persönlich würde sehr viel in die Bildung und die Infrastruktur investieren. Wenn ich heute mit dem Zug von Washington nach New York fahre, fühlt sich das nicht besser an als vor 40 Jahren. Das ist erstaunlich.

«Eine selbstzufriedene Gesellschaft zerfällt. Das geschieht bereits. Die Segregation nimmt zu, die Politik wird immer verrückter, und ab einem gewissen Punkt werden die Schulden unbezahlbar.»
Tyler Cowen

Kalifornien will ein nachhaltiges Energiesystem verwirklichen. Ist das nicht eine sinnvollere Vision, als auf den Mars zu fliegen?
Versuchen Sie einmal, Windturbinen in der Nähe von Häusern aufzustellen. Auch Atomkraft ist «grün», aber heute nicht mehr durchsetzbar. Über ein erneuerbares Energiesystem wird viel gesprochen, und man fühlt sich gut dabei. Doch ich möchte die überbordende Bürokratie abbauen und mich wieder freier fühlen.

Müssen wir uns mit bald zehn Milliarden Menschen auf der Erde nicht zwangsläufig einschränken?
Diese Denkweise mag in einem kleinen und sehr reichen Land wie der Schweiz funktionieren. Wir Amerikaner ticken anders: Wir brauchen grosse Träume und unverantwortliche Projekte, mit denen wir auch scheitern können. Natürlich könnten wir mehr so werden wie die Schweiz oder Dänemark.

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Für Tyler Cowen brauchen die USA wieder utopische Projekte wie das Raumfahrtprogramm.Bild: John Raoux/AP/KEYSTONE

Warum nicht? Die Dänen gelten als das glücklichste Volk der Welt.
Grosse Länder wie die USA, China oder Indien haben diese Option nicht. Sie sind nicht wie die Schweiz, Schweden oder Singapur. Die USA haben zudem eine spezielle Rolle als globaler Innovator. Wir können sie nicht abschwächen. Und in gewisser Weise sind wir immer noch der Weltpolizist.

Präsident Trump will ein Wirtschaftswachstum von jährlich drei Prozent über zehn Jahre erreichen. Ist das überhaupt noch möglich?
Es wäre möglich, aber ich glaube nicht, dass wir dazu in der Lage sind. Wir müssten sehr viel mehr Immigranten ins Land lassen, und genau das wollen wir ja nicht. Trump redet bloss. Er hat keine Ahnung, wie er das Gesundheitswesen umkrempeln will oder wie die Steuerreform aussehen soll. Er weiss auch nicht, wie er seine Vorschläge durch den Kongress bringen kann.

In Ihrem Buch «Average is over» vertreten Sie die These, wonach es in der Zukunft noch für rund 20 Prozent der Arbeitnehmer einen anständigen Job geben wird.
Lassen Sie mich das präzisieren: 15 bis 20 Prozent der Menschen in den USA werden spektakulär reich sein, aber auch mit den Durchschnittsjobs wird man über die Runde kommen und gut leben können – zumindest im globalen Vergleich. Das trifft mehr oder weniger für alle wohlhabenden Nationen zu.

«Ich will die Menschen wachrütteln und ihnen sagen: Was wir nun erleben, ist die Ruhe vor dem Sturm. Wir werden wieder zu einer Version der Geschichte zurückkehren, die wir immer schon gekannt haben.»
Tyler Cowen

Wenn die Menschen genug zum Leben haben und es sich gemütlich einrichten – was ist daran falsch?
Eine selbstzufriedene Gesellschaft zerfällt. Das geschieht bereits. Die Segregation nimmt zu, die Politik wird immer verrückter, und ab einem gewissen Punkt werden die Schulden unbezahlbar. Die USA können ihre globalen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen. Trump macht das bereits, wobei er nur das Symptom ist. Man kann schimpfen und sagen, Trump sei böse und dumm, doch die strukturellen Probleme hat er nicht geschaffen.

Aber er kann grossen Schaden anrichten.
Das tut er bereits.

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9/11 und die Finanzkrise (Bild) markieren das Ende eines ungewöhnlich friedlichen Zyklus. Bild: Mary Altaffer/AP/KEYSTONE

Sie glauben, dass die selbstzufriedene Gesellschaft böse enden wird. Weshalb?
Amerika war nie eine friedliche Gesellschaft. In der Vergangenheit hat es viele Turbulenzen und viel Gewalt gegeben: Ausrottung der Indianer, Sklaverei, Bürgerkrieg, Grosse Depression, Weltkriege. In den 1980er und 90er Jahren wurde es plötzlich ruhig und friedlich, der Kommunismus war besiegt. Die Menschen fingen an zu glauben, dass es so bleiben wird. Das ist ein Traum. Ich will die Menschen wachrütteln und ihnen sagen: Was wir nun erleben, ist die Ruhe vor dem Sturm. Wir werden wieder zu einer Version der Geschichte zurückkehren, die wir immer schon gekannt haben. Die 80er und 90er Jahren waren eine seltsame und ungewöhnliche Zeit.

Bewegt sich die amerikanische Geschichte in Zyklen?
Ja. 9/11 und die Finanzkrise haben gezeigt, dass wir uns dem Ende eines Zyklus nähern. Daher ist es ein Irrtum zu glauben, alles werde gut, wenn wir nur die richtigen Politiker wählen und uns politisch korrekt verhalten. Der Fortschritt ist niemals permanent.

Können technischer Fortschritt und die künstliche Intelligenz nicht verhindern, dass es zu einem Backlash kommt?
Grundsätzlich schon. Aber wie viele Menschen können heute davon Gebrauch machen? Wie viele Menschen können mit intelligenten Maschinen zusammenarbeiten? Die meisten werden sich damit zufrieden geben, in einem reichen Land zu leben und über die Runden zu kommen.

Wie stellen Sie sich den Sturm vor, der ausbrechen wird?
Ich denke nicht an einen neuen Weltkrieg, aber Chaos und Proteste werden zurückkehren. Amerika wird vermehrt wieder sein wie in der 60er Jahren oder früher. Die Wahl von Donald Trump ist ja schon eine Art Revolte.

Sie sagen aber in Ihrem Buch auch, dass heute selbst der Protest gematcht und gemanagt wird wie eine Hochzeitsfeier.
Das stimmt. Wäre Trump in den 60er Jahren gewählt worden, hätte es jedes Wochenende Demonstrationen für seine Amtsenthebung gegeben. Heute läuft das sehr viel gemässigter. Auch die Occupy-Bewegung ist einfach verschwunden, als der Winter kam. Sie ist ein perfektes Beispiel für Selbstzufriedenheit.

Wo bleibt also das Chaos?
Das Chaos wird ausbrechen, wenn wir die Rechnungen nicht mehr bezahlen können. In einem Land mit einer hohen Sparquote wie der Schweiz geschieht das nicht, aber die USA sind anders.

Wann geschieht das?
Nicht so bald, aber wir sehen erste Anzeichen.

Ist es denkbar, dass es zu einer Techno-Diktatur im Sinne von Big Brother kommen wird?
Das wird das Thema meines nächsten Buches sein. Ich kann mir vorstellen, dass selbstfahrende Autos der erste Schritt in diese Richtung sein könnten. Wenn der gesamte Handel im Internet stattfindet, könnte das zu einer totalen Überwachung führen. Das Internet eignet sich besser zur Überwachung als für den Widerstand. Das sieht man heute in China. Die Träume von einer Demokratisierung haben sich nicht erfüllt. Allerdings glaube ich nicht, dass es je gelingen wird, die gesamte Welt zu kontrollieren. Das gelang auch früher nicht, etwa in der Sowjetunion.

Was wird das wahrscheinlichste Zukunftsszenario sein?
Die Ungleichheit und die Segregation werden zunehmen. Die Politik wird permanent dysfunktional werden: Das erwarte ich für die nächsten zehn Jahre. Die Verlierer werden zunächst nicht die Menschen in den entwickelten Staaten sein, sondern in Ländern wie Syrien oder Irak. Im Nahen Osten bricht die Ordnung zusammen, weil die USA nicht mehr willens und in der Lage sind, sie aufrecht zu erhalten.

Was haben wir zu erwarten? Die Schweiz ist ebenfalls ein selbstzufriedenes Land geworden.
Ja, ihr macht es nur viel besser als die meisten Anderen. Deshalb sehe ich nicht, dass Euch in absehbarer Zeit schlimme Dinge zustossen werden.

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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W wie Wambo
31.05.2017 12:53registriert Mai 2017
Warum 3% Wachstum wenn das Geld sowieso nur in die Taschen des obersten Prozents fliesst? Warum ist es zu "bürokratisch" ein erneuerbares Energiesystem aufzubauen wollen? Die Amis bräuchten eine neue "Utopie" sagt er. Wie wäre es mit der utopischen Vorstellung einer USA, die es schafft den Willen des Volkes in Gesetze umzuwandeln, statt denjenigen der Firmen? Oder mit einer USA, die als führende Industrienation Verantwortung übernimmt um den Klimawandel zu bekämpfen?
Aber ein Himmelfahrtskommando auf den Mars zu schicken wird das Leben auf der Erde ja auch verbessern, oder? http://S s
407
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Cheesemaster Flex
31.05.2017 13:45registriert April 2017
Ich zitiere aus "Megamaschine": "Dass in Europa in mehr als 150 Jahre währenden Kämpfen gewisse demokratische Rechte durchgesetzt werden konnten, war der bemerkenswerten Ausdauer von Arbeiter- Frauen- und Bürgerrechtsbewegungen zu verdanken. Diesen Bewegungen und nicht einer vermeintlich demokratisierenden Kraft der Marktwirtschaft verdanken wir das Minimalgerüst von Rechten, das heute staatlicher Willkür Grenzen setzt und uns gewisse Freiräume schafft." Tendenz: Segregation oder Atomisierung haben all das aufgeweicht. Systemrelevante Veränderungen kriegen wir wohl nicht mehr hin... :-(
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chr_bopp
31.05.2017 11:00registriert Juni 2014
Gutes Interview. Aber wie immer bei Tyler Cowen: Was meint er jetzt wirklich? Ist "Selbstgenügsamkeit" ein Synonym zu "Wohlstandsverwahrlosung"? Ersteres eher für die Lieben und Netten (und eher Reichen) und Letzteres eher für Unterprivilegierte und Zornige? Oft trifft man Leute mit einer ähnlichen Diagnose. Therapie: Staat abschaffen, weg mit der Bürokratie, jeder soll selbst schauen müssen - nicht wenige haben einen Hang zu Katastrophenromantik: Hätten wir doch endlich einen grossen Crash! Wenn alles zusammengebrochen ist, wird es wieder besser. Ich finde: Selbstgenügsamkeit macht friedlich.
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