«Wird die Situation unberechenbar, sollte die Armee an der Grenze eingesetzt werden», sagt FDP-Präsidentin Petra Gössi im Interview mit der Zeitung «Schweiz am Sonntag». Das dürfe aber nur zur subsidiären Unterstützung des Grenzwachtkorps geschehen. «Die Situation könnte schnell eskalieren, wenn man Soldaten mit Sturmgewehren an die Grenze stellt», sagt Gössi.
Die Armee sei aber «auch eine Option», wenn sich der Druck plötzlich in eine andere Region verlagere. Im Gegensatz zur SVP will die FDP die Grenze aber nicht schliessen. «Die Schweiz hat eine humanitäre Tradition», sagt Gössi. «Sie muss jene Menschen aufnehmen, die wirklich Anrecht auf Asyl haben.» Auch setzt die FDP-Präsidentin auf Dublin.
«Für die Schweiz funktioniert Dublin», sagt sie in der «Schweiz am Sonntag». 2015 konnte die Schweiz 2579 Personen zurückschicken und musste im Gegenzug nur 270 Personen aufnehmen. «Das Verhältnis liegt etwa bei 1:10.»
Petra Gössi ist also bereit, die Armee an der Schweizer Grenze zu positionieren. Doch ist das überhaupt nötig? Wäre es am Ende nicht gar zielführender, Extrazüge statt die Armee einzusetzen? Für viele Migranten scheint die Schweiz nämlich gar nicht das Endziel zu sein.
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) geht davon aus, dass im laufenden Jahr in der Schweiz insgesamt rund 30'000 Asylgesuche eingehen. Das wären 10'000 weniger als im vergangenen Jahr.
Immer mehr deutet darauf hin, dass die Migranten direkt weiterreisen wollen. Nach Deutschland, nach Skandinavien. Die Schweiz avanciert zum Transitland. Auf das hat Deutschland nun reagiert und seine Grenze zur Schweiz weiter abgesichert.
«Die deutschen Behörden haben in den letzten Wochen rund 90 Grenzwächter und 40 Bundespolizisten zusätzlich an diesen Grenzabschnitt delegiert», sagte Bundesrat Ueli Maurer gestern an der Delegiertenversammlung der SVP in Wettingen. Für den Finanzminister ist klar: «Deutschland rückt von seiner Willkommenskultur eindeutig ab.»
Maurer selber war es übrigens, der den grossen Paradigmen-Wechsel an der Schweizer Südgrenze einläutete. Der SVP-Mann besuchte am 5. Juli in Rom den italienischen Innenminister Angelino Alfano und einigte sich mit diesem auf eine engere Zusammenarbeit beim Grenzschutz.
«Seit dem Besuch von Bundesrat Ueli Maurer in Rom Anfang Juli nehmen die Italiener die abgewiesenen Migranten tatsächlich zurück», sagt Roland Liebi, Zentralpräsident der Gewerkschaft des Zoll- und Grenzwachtpersonals, gegenüber dem «SonntagsBlick». Das sei der Grund, weshalb mehr Migranten nach Italien zurückgeschickt werden. Es gebe keine Weisung an die Grenzwächter, mit den Migranten strenger umzugehen oder mehr Menschen zurückzuschicken. (cma)